Vier Aktivisten vermisst

Die Aktivisten Salman Haider, Waqas Goraya, Asim Saeed und Ahmed Raza Naseer werden seit Anfang Januar vermisst. Es wird vermutet, dass sie dem Verschwindenlassen durch pakistanische Sicherheitskräfte zum Opfer gefallen sind. Die Aktivisten sind für ihre Aktivitäten in den sozialen Medien bekannt und dafür dass sie ihre Ansichten zu Menschenrechtsfragen und der pakistanischen Politik offen äußern. Das Innenministerium hat eine Untersuchung in einem der Fälle angeordnet, doch Schicksal und Aufenthaltsort der Aktivisten wurden bislang nicht bekannt gegeben.

Appell an

STAATSPRÄSIDENT
Honourable Mr Mamnoon Hussain
President’s Secretariat
Islamabad, PAKISTAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 92) 51 920 8479

PREMIERMINISTER
Muhammad Nawaz Sharif
Prime Minister’s House, Secretariat, Constitution Avenue
Islamabad, PAKISTAN (Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Premierminister)
Fax: (00 92) 51 922 0404 (PM Secretariat)
Twitter: @pmln_org

BUNDESINNENMINISTER
Chaudhry Nisar Ali Khan
Room 404, 4th Floor, R Block
Pakistan Secretariat
Islamabad, Pakistan
(Anrede: Dear Interior Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 92) 51 920 2624
E-Mail: interior.complaintcell@gmail.com

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK PAKISTAN
S. E. Herrn Jauhar Saleem
Schaperstr. 29, 10719 Berlin
Fax: 030-2124 4210
E-Mail: mail@pakemb.de oder berlin@mofa.gov.pk

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Urdu, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Februar 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin in großer Sorge, dass Salman Haider, Waqas Goraya, Asim Saeed und Ahmed Raza Naseer dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen sein könnten. Bitte geben Sie umgehend ihren Aufenthaltsort bekannt, falls sie sich im Gewahrsam der Behörden befinden.

  • Sollten sie sich in Ihrem Gewahrsam befinden, sorgen Sie bitte dafür, dass sie bis zu ihrer Freilassung vor Folter und anderer Misshandlung geschützt sind und umgehend Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl, ihren Familien und der notwendigen medizinischen Versorgung erhalten.

  • Führen Sie bitte jede Untersuchung in fairer und transparenter Art und Weise durch. Wenn genügend Beweismaterial vorliegt, sollten die Verantwortlichen für Verbrechen – auch diejenigen mit Befehlsverantwortung – in Verfahren, die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und ohne Rückgriff auf die Todesstrafe zur Verantwortung gezogen werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing concern that Salman Haider, Waqas Goraya, Asim Saeed, and Ahmed Raza Naseer may have been subjected to enforced disappearance and urging the authorities to immediately disclose their whereabouts if they are in their custody.

  • Calling on them to ensure that, if they are in custody, they are protected from torture and other ill-treatment and given prompt access to their families, lawyers and any medical attention they may require pending their immediate and unconditional release.

  • Calling on the authorities to ensure that any investigation is carried out in a fair and transparent manner. Where sufficient evidence is gathered, those suspected of responsibility for crimes – including those with command responsibility – should be brought to justice in trials which meet international standards of fairness, without recourse to the death penalty.

Sachlage

Die pakistanischen Aktivisten Salman Haider, Waqas Goraya, Asim Saeed und Ahmed Raza Naseer werden seit Anfang Januar vermisst. Die vier waren in den sozialen Medien aktiv und äußerten sich unverblümt zu Menschenrechtsfragen und der pakistanischen Politik.

Am 6. Januar verschwand Salman Haider, der bekannte Menschenrechtsverteidiger, Autor und Dozent an der Universität Fatima Jinnah aus Bani Gala in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Er ist wegen seiner Urdu-Gedichte zu Themen wie dem Verschwindenlassen in der pakistanischen Provinz Belutschistan bekannt. Laut seiner Familie verließ Salman Haider am 6. Januar seine Wohnung in Korang in Islamabad und hatte vor, um 20.30 Uhr zurückzukommen. Gegen 22.30 Uhr schrieb er seiner Frau eine SMS und bat sie, sein Auto in Korang Town Chowk nahe der Schnellstraße von Islamabad abzuholen. Die Familie fand das Auto, doch Salman Haider wird seither vermisst. Einige Medienberichte deuten darauf hin, dass die vom Innenministerium angeordnete Untersuchung Aufzeichnungen von Kameras fand, auf denen fünf Personen in zwei Fahrzeugen Salman Haider mitnehmen. Es gibt für die Entführung keine Augenzeug_innen.

Laut örtlicher Quellen "verschwanden" Waqas Goraya, der normalerweise in den Niederlanden lebt, und Asim Saeed, der gerade aus Singapur zurückgekommen war, am 4. Januar aus Lahore der Hauptstadt der pakistanischen Provinz Punjab. Sie sind Mitbetreiber der Facebook-Seite "Mochi", die sich kritisch über das pakistanische Militär äußert. Ahmed Raza Naseer "verschwand" am 7. Januar aus dem Familienladen in Nanakana Sahib in der Provinz Punjab.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Fälle von willkürlicher Inhaftierung, Drangsalierung und Einschüchterung von Menschenrechtsverteidiger_innen, Journalist_innen und politischen Aktivist_innen werden aus verschiedenen Teilen Pakistans, darunter auch Belutschistan und jüngst Karatschi gemeldet. Dort haben die Rangers, Pakistans paramilitärischer Polizeitruppe, durch das Antiterrorgesetz besondere Befugnisse erhalten, um Gewalt auszuüben, Durchsuchungen durchzuführen und Verdächtige im Rahmen der "Terrorprävention" festzunehmen. Doch die jetzt "verschwundenen" Aktivisten – einer aus der Hauptstadt und die übrigen aus anderen Städten in der Provinz Punjab – ist eine neue und höchst beunruhigende Entwicklung. Sie bedeutet, dass nun gegen Andersdenkende, die sich online kritisch zu pakistanischer Politik, und Stimmen, die sich zu Menschenrechten äußern, radikal vorgegangen wird.

Wahid Baloch, Menschenrechtsverteidiger und Belutschen-Aktivist, fiel am 26. Juli 2016 mutmaßlich dem Verschwindenlassen durch Sicherheitskräfte aus den Außenbezirken von Karatschi zum Opfer. Er kehrte erst vier Monate später nach Hause zu seiner Familie zurück. Diese gab an, dass er am Morgen des 5. Dezembers in Malir, 30km östlich von Karatschi ausgesetzt worden war und es ihm gelang, mit dem Taxi zu seiner Familie in Lyari zu fahren. Wahid Baloch entschloss sich, bei einer Nachrichtensendung nicht über seine Entführung zu sprechen, bedankte sich jedoch bei den Menschenrechtsgruppen, die sich für ihn eingesetzt hatten. Schon zuvor, am 16. Januar 2016, war der Menschenrechtsverteidiger Saeed Baloch in Karatschi von Angehörigen der Rangers festgenommen worden. Durch pakistanischen und internationalen Druck wurde er am 26. Januar einem Gericht vorgeführt. Die Rangers behaupteten, dass er erst am 25. Januar festgenommen worden sei. Er wurde gemäß dem Antiterrorgesetz für drei Monate in Präventivhaft genommen und erst am 3. August 2016 schließlich freigelassen.
Nach dem Völkerrecht sind das Recht auf Leben und die Freiheit von Folter und anderer Misshandlung unveräußerliche Rechte und unter allen Umständen anwendbar. Pakistan ist verpflichtet, diese Rechte unter verschiedenen Menschenrechtsverträgen, wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und der UN-Antifolterkonvention, zu wahren und zu schützen. Darüber hinaus ist das Verbot des Verschwindenlassens eine Vorschrift nach dem Völkergewohnheitsrecht und bindend für alle Nationen. Verschwindenlassen ist ein internationales Verbrechen. Laut Artikel 2 der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern hat jeder Staat die Pflicht, die notwendigen Bedingungen zu schaffen, um die Menschenrechte in seinem Zuständigkeitsbereich zu schützen. Doch Menschenrechtsverteidiger_innen in Pakistan werden festgenommen, inhaftiert, gefoltert und ins Gefängnis gesperrt, nur weil sie an friedlichen Aktivitäten teilnehmen. Menschenrechtsverteidiger_innen in Pakistan sehen sich auch Einschüchterungen und Drangsalierungen gegenüber. Amnesty International fordert die pakistanische Regierung auf, für ein Umfeld zu sorgen, in dem es möglich ist, die Menschenrechte zu verteidigen und politische Meinungen ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen und Einschüchterungen friedlich zu äußern.