Thailand: Menschenrechtsanwalt wegen Protesten inhaftiert

Das Bild zeigt das Porträtbild eine Mannes, man sieht außerdem Mikrofone direkt vor ihm, die von Journalisten gehalten werden

Der thailändische Menschenrechtsverteidiger Anon Nampa (undatiertes Foto)

Der Menschenrechtsverteidiger und Aktivist Anon Nampa wurde wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Menschenrechte zu zwei Gefängnisstrafen verurteilt und muss mit mehreren weiteren Anklagen rechnen, die zu jahrzehntelanger Haft führen könnten. Er befindet sich derzeit im Bangkoker Untersuchungsgefängnis und die Behörden verweigern ihm eine Freilassung auf Kaution.

Appell an

Premierminister
Srettha Thavisin
Office of the Prime Minister
Government House
Pitsanulok Road
Bangkok 10300
THAILAND

Sende eine Kopie an

Botschaft des Königreichs Thailand
S. E. Herrn Nadhavathna Krishnamra
Lepsiusstraße 64/66
12163 Berlin
Fax: 030-79 48 15 11 oder 030 794 811 18
E-Mail: general@thaiembassy.de

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie Anon Nampa und alle anderen Personen (einschließlich Minderjährige), die nur wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind, umgehend und bedingungslos frei. Stellen Sie zudem alle gegen sie laufenden Strafverfahren ein und machen Sie die ergangenen Verurteilungen rückgängig.
  • Lassen Sie Anon Nampa und andere Aktivist*innen bis dahin gegen Kaution frei und sorgen Sie dafür, dass die Kautionsauflagen die friedliche Ausübung ihrer Rechte nicht willkürlich einschränken.
  • Gesetze, die zur Einschränkung der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit genutzt werden, müssen abgeändert oder aufgehoben werden, um sicherzustellen, dass Thailand seinen internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachkommt.

 

Sachlage

Die thailändische Regierung hat gegen Anon Nampa mehr als ein Dutzend Strafverfahren eingeleitet und hält ihn willkürlich im Untersuchungsgefängnis Bangkok fest, weil er seine Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung bei öffentlichen Demonstrationen wahrgenommen hat. Am 26. September 2023 wurde er zu vier Jahren Haft und einer Geldstrafe von 20.000 Baht (ca. 520 Euro) verurteilt; am 2. Oktober erhielt er eine zweite Gefängnisstrafe von zwei Monaten und eine weitere Geldstrafe. Grund ist, dass er im Oktober und November 2020 an friedlichen öffentlichen Versammlungen teilgenommen hatte und dort als Redner aufgetreten war.

Seit 2020 verfolgt die thailändische Regierung Anon Nampa und mindestens 1.927 weitere Personen, darunter 286 Minderjährige, mit ungerechtfertigten Strafverfahren, um ihre Rechte zu beschneiden. Gegen Anon Nampa läuft ein Strafverfahren nach Paragraf 112 des Strafgesetzbuchs, welcher den Tatbestand der Majestätsbeleidigung regelt und eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren vorsieht. Gegen 279 weitere Personen – darunter auch Minderjährige – laufen ähnliche Verfahren. Als Menschenrechtsanwalt hat Anon Nampa viele Personen (auch Minderjährige) verteidigt, die im Zusammenhang mit friedlichen Protestaktivitäten ungerechtfertigt angeklagt wurden. Diese Versuche der thailändischen Regierung, die friedliche Wahrnehmung von Rechten zu unterdrücken, laufen den von ihr gemachten Zusagen zur Förderung der Menschenrechte in Thailand und im Ausland zuwider.

Die Behörden haben Anon Nampa und andere Personen über lange Zeit hinweg in Untersuchungshaft gehalten und ihnen wiederholt die Freilassung auf Kaution verweigert, unter anderem aus Gründen, die von der UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen nicht als gültig anerkannt werden. Anon Nampa befand sich zwischen 2020 und 2022 fast ein Jahr lang in Haft. Wenn die Behörden eine Freilassung auf Kaution genehmigen, erlassen sie häufig übermäßig restriktive Kautionsauflagen. Nachdem Anon Nampa sich im Juli 2023 bei kleineren Protesten öffentlich zu der neuen Regierungsbildung geäußert hatte, beantragte die Polizei, seine Freilassung gegen Kaution rückgängig zu machen, da seine Teilnahme an den Protesten gegen frühere Kautionsauflagen verstoßen habe.

Anon Nampa betätigt sich auch als Dichter, Songwriter und Musiker und hat zwei kleine Kinder, von denen eines zehn Monate alt ist. Im Jahr 2021 erhielt er den Gwangju-Preis für Menschenrechte. Anon Nampa ist Mitbegründer der NGO Thai Lawyers for Human Rights, eine Organisation, die Aktivist*innen verteidigt, die wegen friedlicher Meinungsäußerungen angeklagt sind, und Menschenrechtsverletzungen im Zuge des Staatsstreichs von 2014 beobachtet. Die Clooney-Stiftung würdigte die Arbeit der NGO im September 2023 mit dem Justice for Democracy Defenders Award. Anon Nampa hat außerdem zwei Klagen gegen die thailändische Regierung und die Firma NSO Group eingereicht, die mit seiner Überwachung durch die Pegasus-Spionagesoftware zusammenhängen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Anon Nampa setzt sich seit vielen Jahren für Sozialfürsorge, Demokratie, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und politische Reformen ein. Seit 2006 beteiligt er sich an friedlichen Protesten, so etwa in Zeiten des politischen Übergangs und der Einschränkung der Menschenrechte. Trotz drohender Haftstrafen und starker Einschränkung der Rechte auf Versammlung- und Meinungsfreiheit, u. a. seit dem Militärputsch im Jahr 2014, macht Anon Nampa auf kreative Weise von seinen Menschenrechten Gebrauch, u.a. durch friedlichen Protest, Meinungsaustausch und der Forderung nach politischen und sozialen Reformen. Als Anwalt und Aktivist hat er auch mit anderen Mitgliedern der Zivilgesellschaft zusammengearbeitet, um sich friedlich der staatlichen Repression zu widersetzen. Anon Nampa bietet Menschen, die strafrechtlich belangt werden, kostenlose Rechtshilfe an.

Die thailändischen Behörden reagieren auf diese Art von Aktivismus mit Strafverfahren, Geldstrafen, langer Untersuchungshaft und restriktiven Kautionsauflagen. Als Reaktion auf die von Jugendlichen angeführten öffentlichen Massenproteste für Menschenrechte und demokratische Reformen verschärften sie ihr Vorgehen gegen friedliche Kritik. Die Behörden ergriffen eine Reihe von Maßnahmen, um Anon Nampa und andere Stimmen wie z. B. die Ratsadon-Bewegung sowie protestierende Studierende, Jugendliche und Kinder zu unterdrücken bzw. zu bestrafen. Sie wurden inhaftiert und angeklagt, insbesondere nachdem bei den Protesten Forderungen nach Reformen der Monarchie laut geworden waren. Anon Nampa war die erste Person, die während der Jugendproteste öffentlich über die Monarchie sprach, und die im Zusammenhang mit den Protesten unter Paragraf 112 des Strafgesetzbuchs wegen Majestätsbeleidigung angeklagt wurde. Während der Zeit der thailändischen Militärregierung von 2014 bis 2019 leiteten die Behörden im Zusammenhang mit seinem friedlichen Aktivismus elf Strafverfahren gegen ihn ein.

Fortsetzung auf Englisch:
Anon Nampa and other activists face criminal proceedings for participating or posting about demonstrations, under laws which allow for excessive restrictions on the peaceful exercise of human rights or grant excessive latitude to interpret the peaceful exercise of rights as crimes. UN human rights experts have expressed concern at these laws. In particular, UN experts and governments in the UPR review have recommended their amendment or repeal. These include official restrictions under the Emergency Decree on public gatherings imposed to control the spread of Covid-19, which allows for two years' imprisonment and/or a fine; sections of the Thai Criminal Code on security, including Article 116 of the Criminal Code governing sedition which allows for seven years imprisonment and prohibits people "to raise unrest and disaffection amongst the people in a manner likely to cause disturbance in the country; or to cause the people to transgress the laws of the Country"; for Article 112 of the Thai Criminal Code, governing lèse-majesté which allows three to 15 years' imprisonment; the Public Assembly Act; and the Computer Crimes Act.

Thailand’s international human rights commitments oblige the Thai government to effectively respect, protect and fulfil the human rights to freedom of expression and peaceful assembly. The UN Human Rights Committee, other UN human rights experts and UN member states at Thailand’s Universal Periodic Review have expressed concern about the restrictions the Thai government has imposed on the exercise of the rights to freedom of assembly and expression. UN experts have recommended the Thai government refrain from imposing detention on individuals who are exercising their rights and who do not present a serious risk to national security or public safety. These experts and other governments have called on Thailand to bring laws into conformity with your international human rights obligations. States at Thailand’s Universal Periodic Review have also urged that Thailand refrain from the prosecution of peaceful protesters.