Simbabwe: Studierende wegen friedlicher Proteste in Haft

Das Bild zeigt das Porträtbild eine Mannes

Mehrere Studierende der "University of Zimbabwe" wurden festgenommen, weil sie für den Oppositionspolitiker Job Sikhala demonstriert hatten.

+++ Update, 26.07.2023: Alle fünf noch inhaftierten Studenten wurden gegen Kaution freigelassen. Die Anklagen gegen sie bleiben allerdings noch bestehen. +++ Am 17. Mai wurden Benjamin Watadza, Emmanuel Chitima, Comfort Mpofu, Lionel Madamombe, Gamuchirai Chaburumunda und Darlington Chigwena, sechs Studierende der University of Zimbabwe, wegen eines friedlichen Protests in Simbabwes Hauptstadt Harare festgenommen. Sie hatten bei dem Protest ein Ende der Strafverfolgung von Oppositionellen wie Job Sikhala gefordert. Fünf der Studierenden befinden sich seit ihrer Festnahme in Haft und haben Prüfungen verpasst, nachdem ihnen eine Freilassung auf Kaution verweigert und eine Teilnahme an "Sonderprüfungen" von der University of Zimbabwe abgelehnt wurde. Amnesty International fordert die simbabwischen Behörden auf, die Studierenden unverzüglich freizulassen.

Appell an

Präsident der Republik Simbabwe

His Excellency Emmerson Mnangagwa

Office of the President, Munhumutapa Building

Samora Machel Avenue

Private Bag 7700

Causeway, Harare,

SIMBABWE

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Simbabwe

I.E. Frau Alice Mashingaidze

Dannenwalder Weg 91

13439 Berlin


E-Mail: infor@zimembassyberlin.com

Amnesty fordert:

  • Hiermit fordere ich Sie auf, alle Anklagen gegen die sechs Studierenden Benjamin Watadza, Emmanuel Chitima, Comfort Mpofu, Lionel Madamombe, Gamuchirai Chaburumunda und Darlington Chigwena fallenzulassen und alle unverzüglich freizulassen.
  • Außerdem fordere ich Sie auf, die Unterdrückung abweichender Meinungen einzustellen und die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu respektieren, wie es in der Verfassung von Simbabwe vorgesehen ist.

Sachlage

Benjamin Watadza (24), Emmanuel Chitima (24), Comfort Mpofu (22), Lionel Madamombe (24) und Darlington Chigwena, fünf Studenten der University of Simbabwe, befinden sich nach wie vor in Haft. Gamuchirai Chaburumunda, eine weitere Studentin, wurde am 4. Juli vom Hohen Gericht in Simbabwe gegen Kaution freigelassen. Die sechs Studierenden wurden jeweils am 17. und 23. Mai sowie am 8. Juni festgenommen. Sie hatten am 15. Mai in der Hauptstadt Harare an einem friedlichen Protest teilgenommen und ein Ende der Strafverfolgung von Oppositionellen sowie die Freilassung des Parlamentsabgeordneten Job Sikhala von der Partei Citizens' Coalition for Change (CCC) gefordert. Die Studierenden wurden wegen "böswilliger Sachbeschädigung" angeklagt, weil die Forderungen, die sie während ihres friedlichen Protests gestellt hatten, zum nächsten Tag illegal an die Fassaden von Regierungsgebäuden gesprüht worden waren. Es liegen keine Beweise vor, die die Studierenden mit der Sprühaktion in Verbindung bringen.

Sie befinden sich seit ihrer Festnahme im Gefängnis von Harare Central. Ihr Antrag auf Kaution wurde abgelehnt, mit der unangemessenen Begründung, sie seien "fähig, dem Staat weitere Schwierigkeiten zu bereiten". Ihre Inhaftierung hat dazu geführt, dass die Studierenden ihre Prüfungen nicht ablegen konnten. Die University of Simbabwe weigerte sich, mit den Strafvollzugsbehörden zusammenzuarbeiten, um ihnen "Sonderprüfungen" zu ermöglichen, mit der Begründung, diese seien nur unter außergewöhnlichen Umständen wie Krankheit oder Trauerfall erlaubt.

Die Regierung von Simbabwe ist schon länger dafür bekannt, Demonstrierende festzunehmen und friedliche Proteste gewaltsam aufzulösen. Dies stellt einen Verstoß gegen das Recht auf friedlichen Protest dar, das in den Abschnitten 58 und 59 der Verfassung von Simbabwe aus dem Jahr 2013 und in Artikel 21 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) aus dem Jahr 1966 verankert ist, den Simbabwe als Vertragsstaat unterzeichnet hat.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Simbabwe setzt die Unterdrückung abweichender Meinungen unvermindert fort. Dies führt zu einer Eskalation von Angriffen und Schikanen im Vorfeld der für den 23. August 2023 anberaumten Wahlen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde umfassend und fast vollständig unterdrückt, was zu Festnahmen und/oder unnötiger und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte führte. Angehörige der Opposition erhalten keine Freigabe durch die Polizei, und falls doch, werden sie häufig gewaltsam von Angehörigen der Regierungspartei Zimbabwe African National Union – Patriotic Front (ZANU PF) attackiert.

Die sechs Studierenden sind nicht die Einzigen, die in Simbabwe wegen eines Protests strafverfolgt werden. Cecillia Chimbiri, Joanah Mamombe und Netsai Marova, alle drei Mitglieder der oppositionellen Partei Citizens’ Coalition for Change (CCC) wurden im Mai 2020 an einem Polizeikontrollpunkt in der Hauptstadt Harare festgenommen, weil sie einen regierungskritischen Protest angeführt hatten, der die staatlichen Maßnahmen gegen die Coronapandemie und die dadurch verschärfte Hungersnot im Land thematisierte. Am selben Tag fielen sie dem Verschwindenlassen zum Opfer. Cecillia Chimbiri und Joanah Mamombe wurden vom Vorwurf der  "Veröffentlichung oder Weitergabe falscher Aussagen, die dem Staat schaden" freigesprochen, nachdem sie zwei Jahre lang immer wieder vor Gericht standen und der Staat sie beschuldigt hatte, ihre Entführung vorgetäuscht zu haben.

2022 wurden die simbabwische Autorin und Aktivistin Tsitsi Dangarembga und die Aktivistin Julie Barnes wegen der Beteiligung an Protesten am 31. Juli 2020 der "Anstiftung zur Gewalt" für schuldig befunden und jeweils zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Sie konnten das Rechtsmittelverfahren für sich entscheiden.

Am 5. April 2023 wurde die nationale Sprecherin der CCC, Fadzayi Mahere, wegen der "Veröffentlichung oder Weitergabe falscher Aussagen, die dem Staat schaden" zu einer Geldstrafe von 500 US-Dollar (etwa 450 Euro) verurteilt, weil sie auf Twitter ein Video gepostet hatte, in dem behauptet wurde, ein Polizist habe ein Baby getötet. Grundlage für ihre Verurteilung war ein nicht existierendes Gesetz.

Am 28. April 2023 wurde Jacob Ngarivhume zu 48 Monaten Gefängnis verurteilt, davon 12 Monaten auf Bewährung. Er war allein deshalb der Anstiftung zur Gewalt für schuldig befunden wurden, weil er sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hatte. Seine Festnahme und spätere Anklage erfolgten, nachdem er am 31. Juli 2020 Proteste gegen Korruption angeführt und organisiert hatte.

Einige dieser Urteile wurden vom Hohen Gericht von Simbabwe aufgehoben. Die Behörden erreichen jedoch auch weiterhin das, was sie wollen, nämlich drohend zu zeigen, was mit Regierungskritiker*innen, Aktivist*innen und Oppositionellen passiert.

Die Studierenden haben gegen die lange Inhaftierung von Job Sikhala protestiert. Er wurde im Juni 2022 mit Godfrey Sithole und 14 weiteren Aktivist*innen auf der Beerdigung eines politischen Aktivisten festgenommen, der von einem Mitglied der Regierungspartei ZANU PF getötet worden sein soll. Am 3. Mai 2023, fast ein Jahr nach seiner Festnahme, wurde Job Sikhala wegen Behinderung der Justiz zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt, die vollständig zur Bewährung ausgesetzt wurde, mit der Möglichkeit, stattdessen 600 US-Dollar (etwa 540 Euro) zu zahlen. Job Sikhala befindet sich nach wie vor in Haft, da er wegen zwei weiterer Anklagen wegen Anstiftung zur Gewalt und ungebührlichen Verhaltens vor Gericht steht.