Saudi-Arabien: Feministin in Haft geschlagen

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Das Bild zeigt das Selfie einer jungen Frau im Fitnessstudio

Manahel al-Otaibi wurde am 16. November 2022 in Saudi-Arabien festgenommen, weil sie sich auf Social Media gegen die Unterdrückung von Frauen stark machte (undatiertes Foto).

+++ Update: Manahel al-Otaibi wurde zu elf Jahren Haft verurteilt. Sie hat keine Straftat begangen und wurde lediglich aufgrund ihres Engagements für Frauenrechte strafrechtlich verfolgt. Sie muss sofort freigelassen werden! +++

Am 14. April meldete sich Manahel al-Otaibi zum ersten Mal bei ihrer Familie, seit sie im November 2023 in Haft "verschwand". Die 29-Jährige berichtete, dass sie in Einzelhaft unter isolierten Bedingungen im al-Malaz-Gefängnis festgehalten werde. Sie sei brutal geschlagen worden, ihr Bein sei gebrochen und sie habe keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Manahel al-Otaibi ist angeklagt, weil sie gegen das Gesetz gegen Internetkriminalität verstoßen haben soll. Sie hatte sich mit Twitterbeiträgen für Frauenrechte eingesetzt sowie Fotos von sich ohne Abaya (ein traditionelles, locker sitzendes langärmeliges Gewand) auf Snapchat veröffentlicht. Ihr Fall wurde an das Sonderstrafgericht verwiesen, das für seine grob unfairen Gerichtsverfahren und harten Strafen, darunter auch die Todesstrafe, berüchtigt ist.

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Exzellenz,

am 14. April meldete sich Manahel al-Otaibi zum ersten Mal bei ihrer Familie, seit sie im November 2023 in Haft "verschwand". Die 29-Jährige berichtete, dass sie in Einzelhaft unter isolierten Bedingungen im al-Malaz-Gefängnis festgehalten werde. Sie sei brutal geschlagen worden, ihr Bein sei gebrochen und sie habe keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Manahel al-Otaibi ist angeklagt, weil sie gegen das Gesetz gegen Internetkriminalität verstoßen haben soll. Sie hatte sich mit Twitterbeiträgen für Frauenrechte eingesetzt sowie Fotos von sich ohne Abaya (ein traditionelles, locker sitzendes langärmeliges Gewand) auf Snapchat veröffentlicht. Ihr Fall wurde an das Sonderstrafgericht verwiesen, das für seine grob unfairen Gerichtsverfahren und harten Strafen, darunter auch die Todesstrafe, berüchtigt ist.

Ich fordere Sie auf zu veranlassen, dass Manahel al-Otaibi umgehend und bedingungslos freigelassen wird, da sie sich nur aufgrund der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft befindet. 

Bis zu ihrer Freilassung muss ihr unverzüglich Zugang zu medizinischer Versorgung gewährt werden, und ihre Vorwürfe der Folter und anderer Misshandlungen müssen unparteiisch untersucht werden.

Mit freundlichen Grüßen

Your Excellency,

I am distressed to learn that after a period more than five months of enforced disappearance, Manahel al-Otaibi called her family to inform them that she is being held in solitary confinement in al-Malaz Prison with a broken leg after being brutally beaten, and without access to medical care. Saudi authorities forcibly disappeared the 29-year-old fitness instructor between 5 November 2023 and 14 April 2024. Before her enforced disappearance, she had already been detained for a year since 16 November 2022 and charged with violating the Anti-Cyber Crime Law for tweeting hashtags in support of women’s rights and posting photos on Snapchat of herself at the mall wearing "immodest" clothing. She awaits trial before the Specialized Criminal Court (SCC), a court set up to try terrorism-related crimes.

I urge you to order the immediate and unconditional release of Manahel al-Otaibi, as she is being held solely for peacefully exercising her right to freedom of expression. Pending her release, she must be granted immediate access to medical care, and her allegations of torture and other ill-treatment must be impartially investigated.

Yours sincerely,

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Bitte abschicken bis: 18.06.2024

Appell an

Waleed Mohammed Al Smani
Minister of Justice
Postal Code 11472
P.O. Box 7775
Riad
SAUDI-ARABIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien
S. E. H. R. H. Prinz Abdullah Bin Khaled
Bin Sultan Al Saud
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-889 251 79
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie auf zu veranlassen, dass Manahel al-Otaibi umgehend und bedingungslos freigelassen wird, da sie sich nur aufgrund der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft befindet. 
  • Bis zu ihrer Freilassung muss ihr unverzüglich Zugang zu medizinischer Versorgung gewährt werden, und ihre Vorwürfe der Folter und anderer Misshandlungen müssen unparteiisch untersucht werden.

Sachlage

Manahel al-Otaibi war seit dem 5. November 2023 "verschwunden". Bis zu ihrem Verschwindenlassen durch die saudischen Behörden war die 29-jährige Fitnesstrainerin bereits ein Jahr lang inhaftiert, nachdem sie am 16. November 2022 festgenommen worden war. Gegen sie läuft ein Verfahren vor dem Sonderstrafgericht (Specialized Criminal Court - SCC) wegen des Verstoßes gegen das Gesetz gegen Internetkriminalität. Ihr wird vorgeworfen, Hashtags zur Unterstützung der Rechte von Frauen auf Twitter (jetzt X) sowie Bilder von sich selbst in einem Einkaufszentrum mit "anstößiger" Kleidung auf Snapchat veröffentlicht zu haben. Das Verfahren vor dem SCC, das zur Verhandlung von Verbrechen im Zusammenhang mit Terrorismus eingerichtet wurde, steht noch aus.

Kurz bevor ihre Familie den Kontakt zu ihr verlor, berichtete Manahel al-Otaibi, dass eine Mitgefangene sie brutal geschlagen habe. Dann hörten ihre Angehörigen nichts mehr von ihr. Erst am 14. April erhielten sie einen kurzen Anruf, in dem ihnen Manahel al-Otaibi verzweifelt mitteilte, dass sie von einer anderen Person, die sie weder als Gefangene noch Wärterin identifizieren konnte, erneut brutal geschlagen worden sei. Außerdem gehe sie davon aus, dass ihre Einzelhaft eine Vergeltungsmaßnahme dafür ist, dass sich ihre Schwester Fawzia al-Otaibi für ihre Freilassung eingesetzt hat. Diese sagte gegenüber Amnesty International, dass sie glaubt, dass der einzige Grund, warum Manahel al-Otaibi schließlich ein Telefonat erlaubt wurde, der sei, dass ihrer Familie die Botschaft vermittelt werden sollte, sich nicht mehr öffentlich zu ihrer Inhaftierung zu äußern. Ihre Familie gab an, dass Manahel al-Otaibi "Monate" in Einzelhaft unter isolierten Bedingungen verbracht habe. Dabei stützte sie sich auf Informationen von ehemaligen Gefangenen, die im selben Gefängnis inhaftiert waren. Das Festhalten von Personen in Einzelhaft länger als 15 Tage verstößt gegen das absolute Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung.

Nach Gerichtsdokumenten, die von Amnesty International eingesehen werden konnten, wurde Manahel al-Otaibi angeklagt, auf ihrem Twitter-Account "Inhalte zu veröffentlichen und zu verbreiten, die das Begehen öffentlicher Sünden beinhalten und Einzelpersonen und Mädchen in der Gesellschaft dazu anstiften, sich von religiösen Grundsätzen und sozialen Werten loszusagen und gegen die öffentliche Ordnung und die öffentliche Moral zu verstoßen", was einen Verstoß gegen das Gesetz gegen Internetkriminalität darstelle. Die Anklage gegen sie stützt sich auf ihre Beiträge in den Sozialen Medien, die "gegen Vorschriften und Gesetze in Bezug auf Frauen" gerichtet wären, unter anderem durch den Aufruf, der männlichen Vormundschaft ein Ende zu setzen (#EndMaleGuardianship). Die Staatsanwaltschaft verwies außerdem auf Berichte des auch als Religionspolizei bekannten Ausschusses zur Förderung der Tugend und Verhinderung des Lasters aus den Jahren 2018 und 2019. Darin wurde Manahel al-Otaibi beschuldigt, den Ruf des Königreichs zu schädigen und ohne Abaya in das Einkaufszentrum gegangen zu sein, um sich für ein Abnehmen des Kopftuchs einzusetzen und Fotos ihrer Aktion auf Snapchat zu veröffentlichen. 

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die erste Anhörung im Fall von Manahel al-Otaibi fand vor dem Strafgericht in Riad statt. Am 23. Januar 2023 entschied das Strafgericht, dass es in diesem Fall juristisch nicht zuständig sei und verwies den Fall an das Sonderstrafgericht (SCC) in der Hauptstadt Riad. Das SCC ist dafür bekannt, vage Bestimmungen aus den Gesetzen zur Bekämpfung von Internetkriminalität und Terrorismus anzuwenden, in denen friedliche Äußerungen mit "Terrorismus" gleichgesetzt werden. Amnesty International hat dokumentiert, dass alle Phasen eines Gerichtsverfahrens vor dem SCC durch Menschenrechtsverletzungen gekennzeichnet sind.

Seit 2018 haben die saudischen Behörden willkürlich saudische Frauenrechtsaktivistinnen inhaftiert, die sich für die Abschaffung des männlichen Vormundschaftssystems und das Recht auf Autofahren eingesetzt haben. Die inhaftierten Feministinnen sollen während der Verhöre sexuell belästigt, gefoltert und in anderer Weise misshandelt worden sein. Gegen freigelassene Personen wurde ein Reiseverbot verhängt, außerdem ist ihr Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt.

Auch gegen die beiden Schwestern von Manahel al-Otaibi wurde Anklage erhoben, weil sie sich für die Rechte von Frauen einsetzen. Im selben Verfahren, das die Staatsanwaltschaft gegen Manahel al-Otaibi beim SCC in Riad eingeleitet hat, wird ihre Schwester Fawzia beschuldigt, "eine Propagandakampagne zu führen, die saudische Mädchen dazu anstiften soll, religiöse Grundsätze zu verleugnen und gegen die Sitten und Gebräuche der saudischen Kultur zu rebellieren" und einen Hashtag verwendet zu haben, "der für die Befreiung und die Abschaffung der männlichen Vormundschaft wirbt". In dem von Amnesty International eingesehenen Gerichtsdokument heißt es, dass gegen Fawzia al-Obaidi ein gesonderter Haftbefehl erlassen werde. Ihre andere Schwester, Mariam, eine bekannte Aktivistin gegen die männliche Vormundschaft im Königreich, wurde bereits früher wegen ihres Engagements für die Rechte der Frauen angeklagt und inhaftiert und unterliegt derzeit einem Reiseverbot. 

In einem ähnlichen Fall wie dem von Manahel al-Otaibi verurteilte das Sonderstrafgericht am 25. Januar 2023 Salma al-Shehab, eine Doktorandin der Universität Leeds und Mutter von zwei Kindern, im Rechtsmittelverfahren erneut zu 27 Jahren Haft, gefolgt von einem 27-jährigen Reiseverbot. Das SCC sprach Salma al-Shehab in einem grob unfairen Gerichtsverfahren wegen terrorismusbezogener Vorwürfe schuldig, weil sie auf Twitter Beiträge zur Unterstützung von Frauenrechten veröffentlicht hatte. 

Mitte 2021 waren fast alle Menschenrechtsverteidiger*innen, Frauenrechtler*innen, unabhängigen Journalist*innen, Schriftsteller*innen und Aktivist*innen im Land willkürlich inhaftiert, hatten langwierige und unfaire Gerichtsverfahren – meist vor dem SCC – durchlaufen oder waren unter Bedingungen freigelassen worden, die Reiseverbote und andere willkürliche Einschränkungen ihrer Grundrechte, wie z. B. des Rechts auf friedlichen Aktivismus, beinhalteten.

Bis Januar 2024 hat Amnesty International die Fälle von 69 Personen dokumentiert, die wegen der Ausübung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung strafrechtlich verfolgt wurden, darunter Menschenrechtsverteidiger*innen, friedliche politische Aktivist*innen, Journalist*innen, Dichter*innen und Geistliche. Unter ihnen waren 32 Personen, die wegen ihrer friedlichen Meinungsäußerung in den Sozialen Medien strafrechtlich verfolgt wurden. Amnesty International ist bewusst, dass die tatsächliche Zahl derartiger Strafverfolgungen vermutlich wesentlich höher ist.