Honduras: Umweltschützer getötet

Das Bild zeigt das Porträtfoto eines Mannes im T-Shirt in einem Garten.

Wurde am 15. Juni 2023 im Norden Honduras ermordet: Der Umweltschützer Oquelí Domínguez.

Oquelí Domínguez wurde am 15. Juni in der Gemeinde Guapinol im Departamento Colón in Nordhonduras getötet. Er war der Bruder der Umweltschützer Aly und Reynaldo Domínguez. Fünf Monate zuvor wurden Aly Dominguez und Jairo Bonilla Ayala tot aufgefunden. Alle hatten sich in der Gruppe Resistencia de Guapinol gegen den Betrieb einer Eisenerzmine engagiert. Im Februar 2023 erfuhren sechs weitere Umweltschützer des Guapinol-Flusses, dass sie strafrechtlich verfolgt werden könnten, weil sie die Rechtmäßigkeit des Bergbauprojekts im Carlos-Escaleras-Nationalpark in Frage stellten. Die Behörden müssen eine rasche, gründliche und unparteiische Untersuchung der Angriffe auf die Umweltschützer*innen des Guapinol-Flusses gewährleisten, ihren Schutz sicherstellen und es unterlassen, sie mit Hilfe der Justiz unter Druck zu setzen.

Appell an

Generalstaatsanwalt

Sr. Oscar Fernando Chinchilla

Fiscal General de la República

Edificio Lomas Plaza II, Col. Lomas del Guijarro

Tegucigalpa

HONDURAS

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Honduras

S.E. Herrn Mauricio Arturo Bueso Chinchilla

Cuxhavener Straße 14

10555 Berlin

Fax: 030-3975 9712

E-Mail: embajadahonduras.de@gmail.com

Amnesty fordert:

  • Die für die Untersuchung der Tötungen von Oquelí und Aly Domínguez sowie Jairo Bonilla zuständigen Behörden müssen das Recht der Familien dieser Menschenrechtsverteidiger auf Gerechtigkeit, Wahrheit und Wiedergutmachung respektieren. Gemäß internationalen Menschenrechtsstandards müssen die Behörden die Menschenrechtsarbeit von Getöteten als Tatmotiv in die Ermittlungen einschließen. Daher fordere ich Sie dringend auf, unverzüglich eine unabhängige, unparteiische und umfassende Untersuchung durchzuführen, um alle Verantwortlichen für die Tötung der drei Umweltschützer zu ermitteln.
  • Die Behörden müssen umgehend aufhören, die Umweltschützer*innen des Guapinol-Flusses mit Hilfe der Justiz zu schikanieren, und sofort Maßnahmen ergreifen, um einen angemessenen Schutz zu gewährleisten.

Sachlage

Amnesty International ist sehr besorgt um die Sicherheit der Umweltschützer*innen des Guapinol-Flusses im Bezirk Tocoa im Departamento Colón. Fünf Monate nach der Tötung der Menschenrechtsverteidiger Aly Magdaleno Domínguez Ramos und Jairo Bonilla Ayala am 7. Januar 2023 wurde Oquelí Domínguez am 15. Juni 2023 in der Gemeinde Guapinol getötet. Die Behörden haben noch nicht alle Verantwortlichen für diese Morde ermittelt. Oquelí Domínguez ist der Bruder von Aly und Reynaldo Domínguez. Reynaldo Domínguez ist einer der fünf Guapinol-Umweltschützer, gegen die ein Strafverfahren eingeleitet worden war, das der Oberste Gerichtshof jedoch als "unbegründet" einstufte. Doch im Dezember 2022 legte die Staatsanwaltschaft von Tocoa Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ein, was den Anwält*innen der fünf Betroffenen am 7. Februar 2023 mitgeteilt wurde. Das bedeutet, dass gegen die fünf Umweltaktivisten Juan López, Leonel George, Reynaldo Domínguez, Marco Tulio Ramos und Adaly Cedillo ein Strafverfahren läuft. In dem von der Staatsanwaltschaft von Tocoa eingelegten Rechtsmittel wird erstmalig ein sechster Umweltschützer namens Eugenio Esquivel aufgeführt, obwohl er nicht Teil des fraglichen Falles ist, der als Resistencia Guapinol (Widerstand Guapinol) bekannt ist. Sie alle gehören zu den 32 Personen, die von dem Bergbauunternehmen Inversiones Los Pinares und dem Staat Honduras kriminalisiert werden, weil sie sich für die Unversehrtheit des Nationalparks Carlos Escaleras einsetzen.

Am 7. Januar 2023 waren Aly Magdaleno Domínguez Ramos und Jairo Bonilla Ayala von bewaffneten Angreifer*innen abgefangen worden, als sie auf einem Moped von der Arbeit nach Hause fuhren, und laut ihren Angehörigen auf der Stelle erschossen.

Die Einwohner*innen von Guapinol und anderen Gemeinden in Tocoa sind Angriffen ausgesetzt, weil sie die Rechtmäßigkeit eines Bergbauprojekts im Nationalpark Carlos Escaleras in Frage stellen. Dazu gehört auch die rechtswidrige Inhaftierung von acht Umweltschützern des Guapinol-Flusses, die als die "Guapinol Acht" bekannt sind.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mehrere Gemeinden, Bauerngruppen, Kirchengemeinden und lokale Organisationen in der Gemeinde Tocoa, angeführt vom Kommunalen Komitee für den Schutz der öffentlichen Güter (Comité Municipal por la Defensa de los Bienes Comunes y Públicos – CMDBCP), wehren sich gegen die Betriebsgenehmigung, die dem Bergbauunternehmen Inversiones Los Pinares im Nationalpark Carlos Escalera, früher Montaña de Botaderos, 2015 erteilt wurde. Sie reichten mehrere Strafanzeigen bei den örtlichen Gerichten ein, über die jedoch noch nicht entschieden wurde. Seit 2018 wurden Mitglieder der Organisation CMDBCP in mindestens zwei Verfahren strafrechtlich verfolgt, weil sie die Flüsse Guapinol und San Pedro vor den Folgen des Bergbauprojekts schützen wollen. Im Rahmen dieser Verfahren mussten Aly Magdaleno Domínguez Ramos und sein Bruder Reynaldo Dominguez 2019 zusammen mit anderen Umweltschützer*innen des Guapinol-Flusses einige Zeit im Gefängnis verbringen.

Dasselbe Verfahren führte auch zur willkürlichen Inhaftierung von acht weiteren Umweltschützer*innen des Guapinol-Flusses, was weltweit Aufsehen erregte, da sie nur aufgrund ihres friedlichen Einsatzes für das Recht auf sauberes Wasser mehr als zwei Jahre im Gefängnis verbringen mussten. Nach gründlicher Recherche wies Amnesty International zahlreiche Mängel in den Ermittlungsakten nach und erklärte die Umweltschützer*innen zu gewaltlosen politischen Gefangenen. Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs, das die Verletzung des Rechts auf ein ordnungsgemäßes Verfahren geltend machte, wurden die acht Umweltschützer des Flusses Guapinol im Februar 2021 freigelassen. In einer separaten Entscheidung hob das Gericht im Juni 2022 ein ähnlich unbegründetes Strafverfahren gegen Juan López, Leonel George, Reynaldo Domínguez, Marco Tulio Ramos und Adaly Cedillo auf. Seitdem hat die CMBDCP Angriffe gegen ihre Mitglieder, einschließlich Stigmatisierung und Überwachung, angeprangert. Das Komitee fordert weiterhin die Beendigung des Bergbauprojekts.

Im Laufe der vergangenen fünf Jahre hat Amnesty International bereits auf zahlreiche, zum Teil tödliche Angriffe auf Aktivist*innen in Honduras aufmerksam gemacht. Das Land ist für Menschenrechtverteidiger*innen eines der tödlichsten der Welt. Trotz der Schwere der Angriffe auf Aktivist*innen hat Honduras das Abkommen von Escazú noch nicht unterzeichnet. Es ist das erste Abkommen in Lateinamerika und der Karibik, das die Verbindung zwischen Umweltschutz und Menschenrechten herstellt und die Unterzeichnerstaaten zum Schutz von Umweltaktivist*innen verpflichten soll. Das Abkommen trat am 22. April 2021 in Kraft.