Guinea: Aktivisten zu Unrecht in Haft

Das Bild zeigt eine Collage mit drei Porträtfotos von Männern

Die Aktivisten Ibrahima Diallo, Oumar Sylla, Saïkou Yaya Barry aus Guinea

Die Aktivisten Oumar Sylla, Ibrahima Diallo und Saïkou Yaya Barry wurden am 30. Juli 2022 von den Behörden in Guinea allein wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung festgenommen. Oumar Sylla und Ibrahima Diallo befinden sich noch immer im Gefängnis in Conakry, wo sie auf ihren Prozess wegen des Aufrufs zu einem Protest am 28. Juli warten. Saïkou Yaya Barry wurde am 12. Oktober vorläufig und unter Auflagen freigelassen und nach Tunis gebracht, nachdem sich sein Gesundheitszustand in der Haft verschlechtert hatte. Die Behörden in Guinea müssen sämtliche Anklagen gegen die drei fallenlassen und Oumar Sylla und Ibrahima Diallo unverzüglich und bedingungslos freilassen.

Appell an

Me Alphonse Charles Wright

Minister of Justice


Rue KA 003 – Almamya

Commune de Kaloum

BP 564 Conakry

GUINEA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Guinea

S.E. Herrn Siradiou Diallo

Jägerstraße 67–69

10117 Berlin


Fax: (030) 2 00 74 33 33

E-Mail: info@amba-guinee.de

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie alle Anklagen sofort fallen und setzen Sie Oumar Sylla und Ibrahima Diallo auf freien Fuß.
  • Sorgen Sie in der Zwischenzeit dafür, dass die beiden Männer regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung haben, wann immer diese nötig ist.

Sachlage

Trotz eines landesweiten pauschalen Verbots aller Proteste, die "den sozialen Frieden stören könnten", organisierte eine Allianz verschiedener Oppositionsgruppen namens Front national pour la défense de la Constitution (FNDC) am 28. Juli 2022 eine Demonstration, um gegen die Einseitigkeit zu protestieren, in der die Behörden nach dem Staatsstreich im September 2021 den politischen Übergang handhabten. Dabei kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Verteidigungs- und Sicherheitskräften und Demonstrierenden. Den Behörden zufolge kamen fünf Personen ums Leben und viele weitere wurden verletzt. Am 29. Juli wurden gegen die führenden FNDC-Vertreter Oumar Sylla und Ibrahima Diallo sowie gegen Saïkou Yaya Barry, den Generalsekretär der Partei Union des forces républicaines – die bei der Mobilisierung für die Demonstrationen am 28. Juli Hilfe geleistet hatte – gerichtliche Schritte eingeleitet. Ihnen wurde "illegaler Protest, Zerstörung öffentlicher und privater Gebäude, Aufwiegelung einer Menschenmenge, tätlicher Angriff und Körperverletzung, Plünderung und Brandstiftung, Behinderung der Bewegungsfreiheit und Mittäterschaft" vorgeworfen. Am 30. Juli wurden die drei Männer festgenommen. Am 12. Oktober wurde Saïkou Yaya Barry angesichts der Verschlechterung seines Gesundheitszustands in Haft unter Auflagen freigelassen und nach Tunis gebracht, um sich dort behandeln zu lassen. Auch Oumar Sylla und Ibrahima Diallo waren erkrankt und wurden schon im August bzw. September zur medizinischen Behandlung in das Ignace-Deen-Krankenhaus in Conakry gebracht.

Am 7. November traten Ibrahima Diallo und Oumar Sylla in einen Hungerstreik, um gegen ihre Inhaftierung zu protestieren und ein faires Verfahren zu fordern – dessen Termin nach wie vor aussteht. Am selben Tag erließ die Staatsanwaltschaft des Gerichts von Dixinn in Conakry einen "Beschluss zur teilweisen Abweisung der Anklage und zur Überweisung an das Strafgericht". Die Anklage gegen die drei Aktivisten wurde daraufhin in "Teilnahme an einer illegalen Demonstration, Mittäterschaft bei der Zerstörung öffentlichen und privaten Eigentums, Mittäterschaft bei tätlichem Angriff und Körperverletzung" geändert. Am 15. November beendeten Ibrahima Diallo und Oumar Sylla ihren Hungerstreik.

Amnesty International weist darauf hin, dass guineische Staatsangehörige nach den internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen des Landes das Recht haben, ihre Meinung durch friedliche Proteste zu äußern. Wie das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte am 30. Mai 2022 erklärte, stellt das von den Behörden erlassene Demonstrationsverbot einen Verstoß gegen Guineas menschenrechtliche Verpflichtungen dar.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die FNDC (Front national pour la défense de la Constitution) ist ein Zusammenschluss verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen und politischer Parteien, der im Oktober 2019 in Guinea eine Reihe von Demonstrationen organisiert hat, um gegen eine Verfassungsänderung bzw. die Verabschiedung einer neuen Verfassung zu protestieren. Seitdem spielt die FNDC bei den meisten Demonstrationen, bei denen verschiedene Menschenrechtsverletzungen der früheren und der aktuellen Regierung angeprangert werden, eine zentrale Rolle. Am 8. August 2022 beschlossen die guineischen Übergangsbehörden, die FNDC aufzulösen. Sie bezeichneten diese als "De-facto-Bewegung" und warfen ihr vor, sie sei "von jeher für Gewalt gegen Menschen, die Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum sowie für Akte der Aufstachelung zum Hass bekannt gewesen". Im Mai 2022 hatten die guineischen Behörden Protestveranstaltungen bis zum Beginn des Wahlkampfes verboten.

Oumar Sylla, auch bekannt als Foniké Menguè, steht wegen seines friedlichen Aktivismus im Visier der Behörden. Bereits im September 2020 wurde er festgenommen, als er gegen die Kandidatur von Alpha Condé bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2020 mobilisierte. Nach den Präsidentschaftswahlen kam es zu teils gewalttätigen Protesten gegen die Ergebnisse. Sicherheitskräfte reagierten auf die Proteste bei Einsätzen in einigen Vierteln mit unverhältnismäßiger Gewaltanwendung, was zu Todesfällen führte. Amnesty International geht davon aus, dass zwischen dem 18. und 24. Oktober 2020 mindestens 16 Menschen erschossen wurden. Im Juni 2021 wurde Oumar Sylla wegen "Kommunikation und Verbreitung von falschen Informationen", "Gewalt" und "Morddrohung" zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Im September 2021 wurde er auf Anordnung des neu ernannten Generalstaatsanwalts freigelassen.

Am 5. Juli 2022 wurde er bei einer Pressekonferenz erneut festgenommen. Zwei weitere Aktivisten (Billo Bah von der prodemokratischen Plattform TLP/Guinea und Djanii Alpha von der FNDC) wurden zusammen mit Oumar Sylla gewaltsam ins Präsidium der Justizpolizei gebracht. Sie wurden der Missachtung des Gerichts und öffentlicher Beleidigung beschuldigt. Am 8. Juli ordnete ein Gericht in Dixinn in Conakry ihre Freilassung an. Nur wenige Wochen darauf wurde Oumar Sylla erneut wegen der aktuell gegen ihn erhobenen Anschuldigungen festgenommen.

Am 7. Oktober 2022 wurde Saïkou Yaya Barry in ein chinesisch-guineisches Krankenhaus verlegt. Sein Gesundheitszustand erforderte allerdings eine angemessene Behandlung in einem besser ausgestatteten neurochirurgischen Zentrum. Nach Angaben seines Rechtsbeistands leidet er unter Kopfschmerzen, Sehstörungen, Erbrechen und verschiedenen anderen Symptomen. Aus diesem Grund wurde er am 12. Oktober vorläufig auf freien Fuß gesetzt und durfte nach Tunis reisen, um sich dort behandeln zu lassen. Eine Bedingung der Freilassung von Saïkou Yaya Barry ist seinem Rechtsbeistand zufolge, dass er sich nach seiner Genesung jeden Montag beim Büro der Ermittlungsbehörde meldet. Am 7. November 2022 urteilte das zuständige Gericht, dass Oumar Sylla und Ibrahima Diallo bis zu ihrer Gerichtsverhandlung in Gewahrsam bleiben müssen. Am 8. November forderte ihr Rechtsbeistand in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft in Dixinn die Eröffnung ihres Verfahrens.