Amnesty Report 03. März 2010

Zu viele Frauen sterben

Aus vielen Gründen erhalten werdende Mütter nicht die medizinische Versorgung, die sie dringend benötigen. Manche Frauen sterben, weil sie nicht rechtzeitig eine Gesundheitseinrichtung erreichen oder es in ihrer Nähe gar keine gibt. Viele Frauen verlieren ihr Leben, weil ihre Angehörigen kein Geld für medizinische Behandlung aufbringen können. Andere sterben, weil es nicht genügend Blutkonserven gibt, Medikamente oder Ausrüstung fehlen oder weil es an medizinischem Fachpersonal mangelt. In Burkina Faso hat Amnesty International von vielen Schicksalen erfahren. Die Geschichten von drei Frauen können Sie hier lesen.

Sarata stirbt bei der Geburt ihres fünften Kindes

Sarata lebte auf dem Land in der Nähe der Hauptstadt Ouagadougou. Mit 17 Jahren wurde sie verheiratet. Ihre ersten vier ersten Kinder starben alle in den ersten sechs Monaten. Im Jahr 2006 wurde sie mit 26 Jahren erneut schwanger – es war ihre fünfte Schwangerschaft innerhalb von neun Jahren.

Eine ihrer Freundinnen berichtete Amnesty International: "Sie arbeitete bis zum letzten Tag ihrer Schwangerschaft, half ihrem Mann in der Regenzeit ab sieben Uhr morgens auf dem Feld und bereitete vorher noch das Frühstück zu. Nur in der Mittagszeit gönnte sie sich eine Pause, aß eine Kleinigkeit und ruhte einen kurzen Moment aus, bevor sie zurück aufs Feld ging, wo sie bis sechs Uhr abends weiter arbeitete. Außerhalb der Regenzeit verkaufte sie Pfannkuchen auf dem Markt. Ich bat sie, während ihrer Schwangerschaft mehr Pausen einzulegen, doch sie sagte mir, das könne sie sich nicht erlauben, schließlich würde man schon genug über sie spotten, weil sie noch immer keine Kinder habe."

Sarata arbeitete bis zum Tag der Entbindung und hatte keine Zeit, zu Vorsorgeuntersuchungen in ein Gesundheitszentrum zu gehen. Eines Nachts bekam sie starke Schmerzen und gebar ihr Kind zu Hause. Man brachte sie nach der Geburt mit einem Motorrad in das nächst gelegene Gesundheitszentrum und von da aus in die Universitätsklinik von Ouagadougou. Doch Sarata starb bei der Ankunft im Krankenhaus, noch bevor sie behandelt werden konnte. Die Ärzte diagnostizierten bei ihr eine schwere Malaria, Bluthochdruck (Eklampsie) und Kindbettfieber, eine Infektion, die vor allem Frauen trifft, die ein Kind unter schlechten hygienischen Bedingungen gebären müssen.

Ramatoulaye bekommt ihr Kind am Flussufer

Ramatoulaye bekam ihr erstes Kind im Alter von zwölf Jahren. Damals gebar sie zu Hause im Beisein einer Geburtshelferin. Während der darauffolgenden Schwangerschaften suchte sie ein Gesundheitszentrum in Ramsa auf, das 12 km von ihrem Dorf entfernt liegt, um vorgeburtliche Untersuchungen durchführen zu lassen und dort ihre Kinder zur Welt zu bringen.

Ihr viertes Kind konnte sie jedoch nicht in dem Gesundheitszentrum zur Welt bringen: "Als die ersten Wehen einsetzten, fuhren mein Schwager und ich auf einem Motorrad los. Mein Mann fuhr uns auf einem anderen Motorrad hinterher. Als wir am Ufer des Flusses ankamen, hielten wir Ausschau nach dem Bootsführer, aber er war nicht da, denn er hat auch noch eine andere Arbeit. So musste ich mein Kind am Ufer des Flusses ohne jede Hilfe gebären. Die Geburt war sehr schwer."

Aïcha stirbt während ihr Mann sich um ihren Bluttest kümmern muss

Im April 2008 sollte das erste Kind von Aïcha und Abdou zur Welt kommen. Als die Wehen einsetzten, wurde Aïcha von einem Freund mit dem Moped zu einem Gesundheitszentrum in der Nähe ihres Zuhauses gebracht. Ihr Ehemann folgte den beiden auf dem Fahrrad.

Im Gesundheitszentrum gebar sie einen Sohn. Nach der Geburt wurden Aïchas Angehörige vom medizinischen Personal losgeschickt, um Bleichmittel zur Entfernung der Blutflecken zu kaufen. Zehn Minuten später teilte die Hebamme Aïchas Angehörigen mit, dass sie in ein anderes Krankenhaus verlegt werden müsse, da sie sehr viel Blut verloren habe. Obwohl Fahrten zwischen staatlichen Gesundheitseinrichtungen eigentlich kostenlos sind, erzählte Abdou: "Der Fahrer des Krankenwagens bestand darauf, dass wir ihm 1.500 CFA Francs (ca. 2 Euro) bezahlten, sonst würde er nicht losfahren." Abdou berichtete weiter: "Als wir am Krankenhaus ankamen, blutete Aïcha immer noch stark. Ihre Kleidung und die Bahre waren voller Blut."

Abdou kaufte Handschuhe und Bleiche und löste verschiedene Rezepte ein. Dann beauftragte man Aïchas Ehemann, das Blut seiner Frau zum Testen ins Labor zu bringen: "Ich ging zum Labor des Krankenhauses. Dort sagte man mir, dass man den Bluttest nicht durchführen können und schickte mich zu einem nahe gelegenen Gesundheitszentrum, um das Blut dort untersuchen zu lassen. Es war schon fast drei Uhr morgens, und ich hatte kein Transportmittel. Ich musste also zu Fuß gehen. Der Weg dorthin dauerte eine Stunde. Als ich an dem Gesundheitszentrum ankam, schlief der Wachmann. Also weckte ich ihn und bezahlte für den Bluttest.

Um fünf Uhr morgens kam ich schließlich wieder ins Krankenhaus und übergab die Ergebnisse des Tests. Als ich meine Mutter und meine Freunde nicht finden konnte, sagte man mir, dass sie bereits gegangen seien. Zuerst dachte ich, dass es Aïcha besser ginge und sie schon entlassen worden wäre. Doch dann kam ein Arzt und teilte mir mit, dass meine Frau sehr schwach gewesen sei, da sie zu viel Blut verloren hätte. Er sagte, dass sie um 5:18 Uhr gestorben sei."

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