Amnesty Report Zypern 22. Mai 2013

Zypern 2013

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Zypern Staats- und Regierungschef: Dimitris Christofias

Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus wurden über längere Zeiträume hinweg inhaftiert, ohne dass alternative Maßnahmen in Betracht gezogen wurden. Es wurden Vorwürfe laut, die Polizei habe friedliche Aktivisten misshandelt.

Hintergrund

Die Verhandlungen zwischen führenden Vertretern der griechischen und der türkischen Zyprer im Hinblick auf eine Wiedervereinigung der Insel kamen 2012 nicht voran.

Flüchtlinge, Asylsuchende
 und Migranten

Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus, abgewiesene Asylsuchende und bestimmte Gruppen von Asylsuchenden wurden über längere Zeiträume hinweg in Haft gehalten. Die Inhaftierung schien routinemäßig zu erfolgen, ohne dass man alternative Maßnahmen in Betracht zog.

Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus und Asylsuchende wurden nach wie vor unter unzumutbaren Bedingungen in ungeeigneten Einrichtungen inhaftiert. Dazu zählten Zellen in Polizeiwachen, die nur für kurze Aufenthalte vorgesehen waren, und zwei Gebäudeteile des Zentralgefängnisses von Nikosia. Die Eröffnung einer eigens für Migranten gebauten Hafteinrichtung in Menogia, die 276 Personen aufnehmen soll, wurde auf 2013 verschoben.

Mehrere Personen blieben aufgrund von Zuwanderungsbestimmungen weiterhin in Haft, obwohl ihre Abschiebung nicht ausgeführt werden konnte. Es gab mehrere Fälle, in denen syrische Staatsangehörige monatelang in Gewahrsam gehalten wurden, obwohl die Behörden Abschiebungen nach Syrien wegen des dortigen bewaffneten Konflikts ausgesetzt hatten. Ihre Inhaftierung war daher willkürlich, unnötig und rechtswidrig.

  • Im November 2012 ordnete der Oberste Gerichtshof Zyperns die Freilassung von Majid Eazadi an. Der abgewiesene Asylsuchende aus dem Iran war 14 Monate lang unter Berufung auf Zuwanderungsbestimmungen inhaftiert, da seine Abschiebung unrealistisch war. Majid Eazadi war bereits mehrfach inhaftiert worden, um abgeschoben zu werden; zwischen 2008 und 2011 verbrachte er fast drei Jahre in Haft. Die Ombudsperson hatte wiederholt an das Innenministerium geschrieben und Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung angemeldet.

In einigen Fällen, in denen der Oberste Gerichtshof eine Freilassung von Personen angeordnet hatte, weil ihre Inhaftierung über einen langen Zeitraum hinweg gesetzwidrig war, wurde das Urteil in der Praxis ignoriert. Die Betroffenen wurden unmittelbar nach ihrer Freilassung aus den gleichen Gründen wie zuvor wieder festgenommen.

Die Behörden lehnten es dem Vernehmen nach ab, Folgeanträge syrischer Asylsuchender zu prüfen, die angesichts der dramatischen Entwicklungen in Syrien um eine erneute Prüfung ihres Asylgesuchs gebeten hatten.

Polizei und Sicherheitskräfte

Am 7. April 2012 räumte die zyprische Polizei mit Unterstützung eines Antiterrorkommandos ein Gebäude in der Pufferzone, das von Friedensaktivisten aus dem griechischen und dem türkischen Teil der Insel besetzt worden war. 28 Personen wurden festgenommen, darunter Minderjährige. Es wurden zahlreiche Vorwürfe laut, die Polizei habe bei dem Einsatz mehrere Menschen misshandelt. Ein Anwalt, der vor Ort war, bezeichnete den Polizeieinsatz als gesetzwidrig, da keine Haftbefehle vorgelegen hätten. Die Behörden leugneten die Anwendung von exzessiver Gewalt.

Menschenrechtsverteidiger

Im Juli 2012 wurde der Geschäftsführer der NGO KISA, die sich für Migranten und Flüchtlinge einsetzt, vom Vorwurf des "Rowdytums und der Teilnahme an einer illegalen Versammlung" freigesprochen. Die Anklage be-
zog sich auf Vorfälle während des antirassistischen Rainbow-Festivals in Lárnaka im Jahr 2010. Damals waren Berichten zufolge Besucher des Festivals von Personen angegriffen worden, die an einer gegen Migranten gerichteten Demonstration teilnahmen. Es kam daraufhin zu gewaltsamen Zusammenstößen. Zwei türkisch-zyprische Musiker, die dem Vernehmen nach von migrantenfeindlichen Demonstrierenden angegriffen wurden, verklagten Ende des Jahres die Behörden, weil sie die Angreifer nicht festgenommen und strafrechtlich verfolgt hatten.

Verschwindenlassen

Der Ausschuss für die Vermissten in Zypern (Committee on Missing Persons in Cyprus – CMP) exhumierte im Laufe des Jahres die sterblichen Überreste von 43 Personen. Damit stieg die Zahl der Exhumierungen seit 2006 auf insgesamt 857. Ende 2012 waren die Leichen von 336 vermissten Personen (269 griechische Zyprer und 67 türkische Zyprer) identifiziert und ihren Familien übergeben worden. Bis
zum Jahresende waren jedoch weder auf Zypern noch in der Türkei Schuldige ermittelt oder strafrechtlich verfolgt worden.

Amnesty International: Missionen und Bericht

Delegierte von Amnesty International besuchten Zypern im Juni und im Oktober.

Punishment without a crime: Detention of irregular migrants and asylum-seekers in Cyprus

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Zypern Amnesty Report

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