Amnesty Report Schweiz 28. Mai 2013

Schweiz 2013

 

Amtliche Bezeichnung:
 Schweizerische Eidgenossenschaft Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf

Die Bedingungen für den Zugang zum Asylverfahren wurden 2012 verschärft. Es wurden Maßnahmen zur Einschränkung der Anwendung von Gewalt bei Abschiebungen eingeführt.

Polizei und Sicherheitskräfte

Im Kanton Genf gab es Berichte über Misshandlungen durch die Polizei während oder nach Festnahmen, auch von Minderjährigen. Im Oktober 2012 empfahl der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter eine Verbesserung der Ausbildung sowie die Verstärkung bestehender Maßnahmen zur Bekämpfung von Misshandlungen durch die Polizei.

Haftbedingungen

Der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter drängte darauf, dass alle traumatischen Verletzungen, die bei medizinischen Untersuchungen in Haftanstalten des Kantons Genf entdeckt werden, an eine unabhängige zur Durchführung von Ermittlungen befugte Institution gemeldet werden. Des Weiteren wurde allen Kantonen empfohlen, geeignete Betreuungseinrichtungen für Inhaftierte mit psychischen Erkrankungen zu schaffen.

Diskriminierung

Die Diskriminierung ethnischer und religiöser Minderheiten sowie von Migranten in Gesetz und Praxis blieb bestehen. Antidiskriminierungsgesetze und Entschädigungsmechanismen entsprachen nicht internationalen Standards.

Im März 2012 äußerte der Menschenrechtskommissar des Europarats Bedenken angesichts bestimmter "Volksinitiativen", die sich gegen Migrantengemeinschaften richten, diese stigmatisieren und damit gegen internationale Menschenrechtsstandards verstoßen. Das durch eine Volksinitiative eingeführte Minarett-Verbot blieb auch 2012 in Kraft.

Im März lehnte der Ständerat eine 2011 vom Nationalrat überwiesene Motion (Antrag) ab, die ein Verbot der Gesichtsverhüllung einführen wollte.


Flüchtlinge, Asylsuchende
und Migranten

Im September 2012 wurde das Recht auf die Einreichung von Asylanträgen bei Schweizer Botschaften abgeschafft. Das Parlament entschied auch, Militärdienstverweigerern, die in der Schweiz um Asyl nachsuchen, kein Asyl, sondern nur eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung zu gewähren.

Im Dezember wurden über zehn einschränkende Maßnahmen in das Asylgesetz eingebracht. Dazu gehören u.a. der Ausschluss erwachsener Söhne und Töchter aus dem Familienasyl sowie die Verschärfung der Bedingungen für die Erteilung unbefristeter Aufenthaltsgenehmigungen für Flüchtlinge: Solche sollen künftig erst nach zehn Jahren erteilt werden und auch dann nur, wenn die Betroffenen als erfolgreich integriert gelten.

Im März 2012 übernahm die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter die unabhängige Überwachung von Zwangsrückführungen. Positive Schritte wurden unternommen, um Fesselungsmaßnahmen beim Transport von Abzuschiebenden zum Flughafen, vor und während des Einsteigens und während des Fluges einzuschränken. Im Oktober äußerte sich die Kommission besorgt über die restriktiven Haftbedingungen in den Abschiebegefängnissen. Im Januar wurden die Ermittlungen zum Tod des Nigerianers Joseph Ndukaku Chiakwa eingestellt. Er war bei einer Massenabschiebung im März 2010 am Flughafen Zürich ums Leben gekommen. Das Beschwerdeverfahren gegen die Einstellung der Ermittlungen war Ende 2012 noch anhängig.

Unternehmensverantwortung

Im Dezember 2012 beauftragte das Parlament die Regierung, eine nationale Strategie zur Umsetzung der UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte zu entwickeln.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im Juni 2012 wurde ein Gesetz gegen Zwangsheirat eingeführt. Unter Zwang geschlossene Ehen müssen damit in Zukunft aufgehoben werden. Im September verabschiedete die Regierung ein auf fünf Jahre angelegtes Programm zur Bekämpfung von Zwangsheirat und innerfamiliärer Gewalt, das vor allem auf die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schulen, Fachleuten und Beratungsstellen abzielt. Im Juli 2012 gab die Justizministerin die Einrichtung einer nationalen Stelle für den Zeugenschutz im Menschenhandel bekannt. Im Oktober verabschiedete die Regierung einen Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels.

Weitere gesetzliche, verfassungsrechtliche und institutionelle Entwicklungen

Im Dezember 2012 leitete der Bundesrat Konsultationen für die Ratifizierung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen ein und stimmte einer Unterzeichnung des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu.

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