Amnesty Report 27. Mai 2013

Namibia 2013

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Namibia Staats- und Regierungschef:
 Hifikepunye Pohamba

Der langwierige Hochverratsprozess gegen die Caprivi-Häftlinge wurde fortgesetzt. Die meisten dieser Männer haben mehr als zwölf Jahre in Haft verbracht. Mitglieder der regierenden South West Africa People’s Organization (SWAPO) genossen weiterhin Straflosigkeit für die Menschenrechtsverstöße, die sie an ihren politischen Gegnern verübt hatten. Ethnische Minderheiten wurden ausgegrenzt und aus Entscheidungsprozessen ausgeschlossen.

Prozess gegen Caprivi-Häftlinge

  • Die letzten der 379 Zeugen im Caprivi-Hochverratsprozess machten ihre Aussagen, und die Staatsanwaltschaft schloss am 7. Februar 2012 das Anklageverfahren beim erstinstanzlichen Gericht (High Court) ab. Gegen die 111 Männer, deren Fälle noch vor Gericht verhandelt werden, wurden insgesamt 278 Anklagepunkte vorgetragen, darunter Hochverrat, Mord in neun Fällen und versuchter Mord in 240 Fällen. Die Anklagen stehen im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Verschwörung im Zeitraum von Januar 1992 bis Dezember 2002 mit dem Ziel, die Caprivi-Region vom Rest Namibias abzuspalten. Nach Abschluss des Anklageverfahrens durch die Staatsanwaltschaft wurde einer der Verdächtigen, Rodwell Kasika Mukendwa, der am 26. August 1999 verhaftet worden war, am 10. August 2012 freigelassen.

Amnesty International betrachtet viele der Caprivi-Häftlinge als mutmaßlich gewaltlose politische Gefangene, weil sie ausschließlich wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Ansichten, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer Mitgliedschaft in bestimmten Organisationen festgenommen worden waren. Das Verfahren gegen die Gruppe wurde auf der Grundlage der sogenannten Doktrin der gemeinsamen Absicht (Doctrine of common purpose) geführt, die die Staatsanwaltschaft im Wesentlichen der Pflicht enthebt, zweifelsfrei beweisen zu müssen, dass das Verhalten eines jeden der Beteiligten kausal zum Straftatbestand beigetragen hat. Die Doktrin verlagert die Beweislast von der Staatsanwaltschaft auf die Angeklagten und unterminiert damit das Recht auf die Unschuldsvermutung.

Rechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

Die Polizei und Mitglieder der SWAPO verletzten das Recht auf Durchführung friedlicher Versammlungen sowie das Recht auf Vereinigungsfreiheit.

  • Im Oktober 2012 nahm die Polizei in Oshakati sieben Lehrer fest, weil diese gegen schlechte Arbeitsbedingungen demonstriert hatten. Sie gehörten zu den ca. 300 Lehrkräften, die mit der Forderung nach gerechten Gehältern und besseren Arbeitsbedingungen im Rahmen eines landesweiten Arbeitskampfes ihres Berufsstandes in Streik getreten waren.

Haftbedingungen

Die meisten Gefängnisse und Haftzentren waren weiterhin überfüllt. In einigen Haftanstalten waren mehr als doppelt so viele Personen untergebracht wie ursprünglich geplant. Im Zentralgefängnis von Windhoek, das für 912 Insassen ausgelegt war, saßen ca. 2000 Häftlinge und Untersuchungsgefangene ein. Ähnliche Bedingungen herrschten in den Städten Ondangwa, Swakopmund, Oshakati und Otjiwarango.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Geschlechtsspezifische Gewalt gab 2012 nach wie vor Anlass zu großer Besorgnis. Zahlreiche Frauen wurden von ihrem Lebenspartner bei häuslichen Streitigkeiten umgebracht.

  • Am 1. Februar starb Fransina Ndinelago Amuteka im Dorf Ondukutu bei Ondangwa, nachdem ihr Freund sie mit Messerstichen traktiert und ihr die Kehle durchgeschnitten hatte.

  • Am 15. Februar starb Melody Monde Mbololwa in der Stadt Katima Mulilo (Region Caprivi), Mavuluma Extension Nr. 2, nachdem
ihr Freund ihr neun Messerstiche zugefügt hatte.

  • Am 19. Juli wurde die Studentin Letitia Ndeshuulilwe Nghilongwa in der Siedlung Omulamba in der Stadt Omusati von ihrem Freund erschossen.

  • Am 20. September wurde Tangi Nanguka Martin aus dem Dorf Epuku in der Region Ohangwena von ihrem Ehemann getötet.

Diskriminierung

Im September 2012 hob der UN-Sonderberichterstatter über die Situation der Menschenrechte und Grundfreiheiten der Angehörigen indigener Bevölkerungsgruppen bei seinem Besuch in Namibia die fortgesetzte Ausgrenzung der Minderheiten des Landes hervor. Kinder der Bevölkerungsgruppen der San
und Himba und anderer ethnischer Minderheiten werden durch zahlreiche Beschränkungen am Zugang zu Bildung gehindert. Dies ist insbesondere in Opuwo bei den Kindern
der Himba der Fall, die gezwungen sind, ihr Haar kurz zu schneiden, um eine öffentliche Schule besuchen zu können, und dort auch nicht in ihrer traditionellen Kleidung erscheinen dürfen.

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