Amnesty Report Dominikanische Republik 22. Mai 2013

Dominikanische Republik 2013

 

Amtliche Bezeichnung: Dominikanische Republik Staats- und Regierungschef: Danilo Medina Sánchez (löste im August Leonel Fernández Reyna im Amt ab)

Die Anzahl rechtswidriger Tötungen durch die Polizei war unverändert hoch. Personen haitianischer Herkunft wurden weiterhin die Ausweispapiere verweigert. Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen gaben nach wie vor Anlass zu größter Besorgnis. Es wurde befürchtet, dass die vorgeschlagenen Reformen des Strafgesetzbuchs negative Auswirkungen auf Frauenrechte und das Recht auf freie Meinungsäußerung haben könnten.

Hintergrund

Der von der Partei der Dominikanischen Befreiung (Partido de la Liberación Dominicana – PLD) aufgestellte Kandidat Danilo Medina Sánchez wurde im Mai 2012 zum Präsidenten gewählt und trat im August sein Amt an.

Wegen eines Gesetzes zu einer Steuerreform, das im November ratifiziert worden war, kam es zu einer landesweiten Demonstrationswelle. Einige der Protestveranstaltungen wurden von der Polizei gewaltsam niedergeschlagen. Im elften Jahr in Folge ernannte der Kongress noch immer keine Ombudsperson für Menschenrechte.

Am 23. Februar 2012 trat das UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe in der Dominikanischen Republik in Kraft.

Im März überprüfte der UN-Menschenrechtsausschuss den fünften regelmäßigen Bericht der Dominikanischen Republik und gab u.a. Empfehlungen ab zur Reduzierung von Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei, zu Maßnahmen zum Schutz haitianischer Migranten und dominikanischer Staatsbürger haitianischer Herkunft vor Diskriminierung sowie zum Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt.

Polizei und Sicherheitskräfte

Die Zahl der von der Polizei verübten Tötungen verringerte sich 2012 zwar gegenüber dem Vorjahr um 18%, war jedoch nach wie vor hoch. Indizien zufolge waren viele dieser Tötungen rechtswidrig.

  • Yefri Felizor wurde am 31. Oktober 2012 während einer Polizeiaktion im Viertel La Mina in der Stadt Santiago von der Polizei getötet. Augenzeugen berichteten, dass Polizisten ihn zunächst durchsucht und ihm dann befohlen hätten wegzulaufen. Als er ihrem Befehl folgte, wurde er von den Ordnungskräften erschossen. Auch Ende 2012 war noch niemand für die rechtswidrige Tötung zur Verantwortung gezogen worden.

Die Polizei tötete mehrere Menschen im Zusammenhang mit Demonstrationen. Bei vielen dieser Vorfälle wurde offensichtlich unnötige oder unverhältnismäßige Gewalt angewandt.

  • Im Juni wurden in Salcedo drei Männer und eine schwangere Frau bei einer Demonstration getötet. Sie hatte sich gegen die mangelnden Ermittlungsfortschritte im Fall der Tötung eines Sportlers am 12. Mai 2012 gerichtet, für die Polizisten verantwortlich sein sollen. Im Oktober gab der Generalstaatsanwalt bekannt, dass die Ermittlungen im Fall der vier Tötungen vom Juni im Gange seien.

Im November 2012 ernannte der Präsident eine Kommission, die die Aufgabe hat, gesetzgeberische und politische Maßnahmen für eine umfassende Polizeireform vorzuschlagen.

Straflosigkeit

In vielen Fällen von Verstößen, die der Polizei angelastet wurden, kam es trotz schlüssiger Beweise nicht zu einer Bestrafung der Täter.

  • Die Behörden unternahmen nichts, um das Verschwindenlassen von Gabriel Sandi Alistar und Juan Almonte Herrera aufzuklären. Die Männer waren zuletzt im Juli bzw. September 2009 in Polizeigewahrsam gesehen worden. Ihr Verbleib war zum Jahresende 2012 weiterhin unbekannt.

Im Februar 2012 machte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte den dominikanischen Staat für das Verschwindenlassen des Journalisten Narciso González Medina im Jahr 1994 verantwortlich. Im Oktober befand der Gerichtshof, dass der dominikanische Staat auch die Verantwortung für die Tötung von sieben Migranten aus Haiti durch die Streitkräfte im Jahr 2000 trage.

Diskriminierung –
haitianische Migranten und
 dominikanische Staatsangehörige 
haitianischer Herkunft

Mehrere Gerichte wiesen den nationalen Wahlausschuss (Junta Central Electoral) an, für Hunderte von Dominikanern haitianischer Herkunft, denen ihr Recht auf den Besitz von Personaldokumenten verweigert worden war, Ausweispapiere auszustellen. Bis zum Jahresende hatte der Wahlausschuss die Entscheidung der Gerichte jedoch noch nicht umgesetzt.

Im Juli 2012 berichteten lokale Menschenrechtsorganisationen, dass Personen, die Klage gegen den Dominikanischen Wahlausschuss erhoben hatten, bedroht und eingeschüchtert wurden, als Mitarbeiter des Ausschusses ihre Wohnviertel besuchten, um sie über den Aufenthaltsstatus ihrer Eltern zu befragen.

Rechte von Migranten

Die Massenausweisung haitianischer Migranten wurde fortgesetzt. In vielen Fällen schienen die Ausweisungen willkürlich zu sein.

Am 25. Mai 2012 erließ der Direktor für Migration eine Direktive, in der er den Bildungsminister anwies, keine ausländischen Kinder ohne gültige Ausweisdokumente in den Schulen zu akzeptieren. Nachdem Kritik an der Direktive laut geworden war, wurde sie im Juni zurückgezogen.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft sank die Zahl der im Jahr 2012 von ihrem jetzigen oder früheren Partner getöteten Frauen und Mädchen gegenüber dem Vorjahr um 19%.

Frauenrechtsorganisationen äußerten die Befürchtung, dass die geplanten Änderungen des Strafgesetzbuchs zu einem Rückschritt im Kampf gegen die Gewalt, der Frauen und Mädchen ausgesetzt sind, führen könnten. Beispielsweise ließen die Änderungen das Verbrechen der geschlechtsspezifischen Gewalt außer Acht und reduzierten die Strafen für bestimmte Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Das absolute Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen blieb in Kraft. Die geplanten Änderungen des Strafgesetzbuchs würden zwar eine Ausnahme erlauben, wenn Gefahr für das Leben der Frau besteht, doch bezeichneten Frauenrechtsorganisationen den Wortlaut der diesbezüglichen Bestimmung als zu vage.

  • Im August 2012 starb das an Leukämie erkrankte 16-jährige Mädchen Rosaura wegen Komplikationen bei einer Fehlgeburt. Sie war daran gehindert worden, einen von mehreren medizinischen Fachkräften empfohlenen therapeutischen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen, weil das Gesetz dem entgegenstand. Auch die Chemotherapie wurde verzögert, weil die Ärzte befürchteten, dass der Fötus dadurch geschädigt werden könnte.

Recht auf freie Meinungsäußerung – Journalisten

Die nationale Gewerkschaft der Angestellten im Zeitungswesen (Sindicato Nacional de Trabajadores de Prensa) berichtete, dass zahlreiche Journalisten und andere Medienschaffende schikaniert oder tätlich angegriffen wurden. In den meisten Fällen wurden die Täter nicht zur Verantwortung gezogen.

Es wurde mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass zu den vorgeschlagenen Reformen des Strafgesetzbuchs auch eine Strafandrohung von bis zu drei Jahren Gefängnis wegen Kritik an gewählten Volksvertretern oder von der Regierung ernannten Beamten gehört.

Recht auf Wohnen – Zwangsräumungen

Nach Angaben lokaler NGOs wurden 2012 mehrere rechtswidrige Zwangsräumungen durchgeführt. Dabei wandte die Polizei in mehreren Fällen auf widerrechtliche Weise Gewalt an.

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