Amnesty Report 22. Mai 2013

Äquatorialguinea 2013

 

Amtliche Bezeichnung: Äquatorialguinea Staatsoberhaupt:
 Teodoro Obiang Nguema Mbasogo Regierungschef: Vicente Ehate Tomi (löste im Mai Ignacio Milán Tang im Amt ab)

Im Februar trat die geänderte Verfassung in Kraft, die den Präsidenten mit mehr Befugnissen ausstattet. Es wurde eine Übergangsregierung ernannt, die die Regierungsgeschäfte bis zu den Wahlen im Jahr 2013 führen soll. Berichten zufolge waren Soldaten für widerrechtliche Tötungen verantwortlich. Menschenrechtsverteidiger, politisch engagierte Menschen und Kritiker der Regierung wurden schikaniert, willkürlich festgenommen und inhaftiert. Einige der Festgenommenen wurden gefoltert. Der Präsident begnadigte einen gewaltlosen politischen Gefangenen und mindestens
20 weitere politische Gefangene. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit waren nach wie vor eingeschränkt.

Hintergrund

Im Februar 2012 trat die geänderte Verfassung in Kraft, die im November 2011 in einem Referendum angenommen worden war. Wie in der Verfassung vorgesehen, wurde im Mai eine Übergangsregierung ernannt, die bis zu den Wahlen im Frühjahr 2013 im Amt bleiben soll. Der Übergangsregierung gehören u.a. zwölf Angehörige der Familie von Staatspräsident Teodoro Obiang Nguema an. Der Präsident ernannte seinen ältesten Sohn Teodoro "Teodorín" Nguema Obiang Mangue zum zweiten Vizepräsidenten. Dieses Amt ist in der Verfassung allerdings nicht vorgesehen.

Im März 2012 beantragten Ermittlungsrichter in Frankreich im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder und Geldwäsche einen internationalen Haftbefehl gegen den Präsidentensohn. Im August beschlagnahmte die französische Polizei dessen Anwesen in Paris, weil es mit unterschlagenen Geldern aus Äquatorialguinea erworben worden sein soll. Im September forderte die Regierung von Äquatorialguinea den Internationalen Gerichtshof in Den Haag dazu auf, Frankreich Ermittlungen gegen den Staatspräsidenten und seinen Sohn zu untersagen. Ferner seien der Haftbefehl gegen den Präsidentensohn aufzuheben und die beschlagnahmten Besitztümer zurückzugeben. Im Oktober erließ das Ermittlungsgericht in der Hauptstadt Malabo einen Haftbefehl gegen den Direktor der französischen Sektion der NGO Transparency International. Das Gericht warf ihm Beleidigung und Verleumdung sowie die Erpressung des Staates Äquatorialguinea und unrechtmäßige Bereicherung vor.

Menschenrechtsverteidiger

Menschenrechtsverteidiger waren 2012 wegen ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrer gewaltlosen politischen Aktivitäten Repressalien ausgesetzt und wurden festgenommen.

  • Der Menschenrechtsverteidiger und Arzt Wenceslao Mansogo Alo wurde am 9. Februar auf dem Festland im Polizeipräsidium von Bata ohne Haftbefehl festgenommen. Der führende Politiker der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (Convergencia para la Democracia Social – CPDS) war freiwillig im Polizeipräsidium erschienen, um im Zusammenhang mit dem Tod einer Frau während einer Operation am 1. Februar in seiner Privatklinik eine Aussage zu machen. Die Familie der Verstorbenen hatte ihn beschuldigt, den Körper der Frau verstümmelt zu haben. Demgegenüber bestätigten zwei Autopsieberichte, dass der Körper der Frau unversehrt geblieben und sie an einem Herzanfall gestorben war. Der Gesundheitsminister behauptete, der Herzanfall sei durch einen Narkosefehler ausgelöst worden. Trotz fehlender Beweise und ohne Anklageerhebung ordnete der Ermittlungsrichter die Inhaftierung von Wenceslao Mansogo an. Verschiedene Gerichte lehnten die von seinen Anwälten gegen die Festnahme und Inhaftierung eingelegten Rechtsmittel ab. Wenceslao Mansogo wurde wegen beruflicher Fahrlässigkeit zu drei Jahren Haft und zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt. Im Juni kam er durch einen Gnadenakt des Präsidenten wieder frei. In einem vor dem Obersten Gerichtshof eingelegten Rechtsmittelverfahren gegen den Schuldspruch und das Urteil fand im November eine Anhörung statt. Das Urteil stand zum Jahresende jedoch noch aus.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Mutmaßliche Oppositionelle wurden 2012 willkürlich festgenommen und inhaftiert, z.B. weil sie im August nicht an den Jubiläumsfeierlichkeiten zum Tag der Machtübernahme von Präsident Obiang teilgenommen hatten. Die meisten Festgenommenen wurden nach wenigen Tagen oder Wochen ohne Anklageerhebung aus dem Gewahrsam entlassen. Einige von ihnen waren gefoltert oder auf andere Art misshandelt worden.

  • Florentino Manguire Eneme, ein früherer Geschäftspartner des ältesten Präsidentensohns "Teodorín" Nguema Obiang Mangue wurde am 11. August nach einer telefonischen Vorladung auf dem Polizeipräsidium in Bata festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, Unterlagen über die Geschäfte von "Teodorín" Nguema an Dritte weitergegeben zu haben. Er wurde nach zwei Tagen in das Polizeipräsidium der Hauptstadt Malabo überstellt und dort bis zu seiner Freilassung am 23. August ohne Anklage in Gewahrsam gehalten.

  • Am 17. Oktober nahm die Polizei in Bata Agustín Esono Nsogo um elf Uhr nachts ohne Haftbefehl in seiner Wohnung fest. Er wurde im Gefängnis Black Beach mindestens eine Woche ohne Möglichkeit des Kontakts mit der Außenwelt festgehalten und dreimal gefoltert. Man wollte ihn allem Anschein nach zwingen zuzugeben, dass er an "einer Verschwörung zur Destabilisierung des Landes" beteiligt war. Die Inhaftierung von Agustín Esono Nsogo wurde erst einen Monat nach seiner Festnahme richterlich angeordnet. Dies stand im Widerspruch zu geltendem Recht, nach dem ein Haftbefehl spätestens nach 72 Stunden erlassen werden muss. Bis Jahresende war gegen ihn noch keine Anklage erhoben worden. Nach der Festnahme von Agustín Esono Nsogo wurden ungefähr zehn weitere Personen, unter ihnen Verwandte und Freunde von ihm, festgenommen.

Mindestens drei von ihnen wurden in das Gefängnis Black Beach in Malabo überstellt und dort zusammen mit Fabián Nsue, dem Anwalt von Agustín Esono Nsogo, am 30. Oktober ohne Anklage freigelassen. Fabián Nsue war am 22. Oktober im Gefängnis Black Beach ohne Haftbefehl festgenommen worden, als er einen Mandanten besuchte, den man seinerseits eine Woche zuvor in Haft genommen hatte.

Verschwindenlassen

Antonio Lebán, ein Angehöriger der Spezialeinheiten der Armee, wurde in Bata kurz nach dem 17. Oktober 2012 festgenommen. Seitdem hat man ihn weder gesehen noch etwas von ihm gehört. Seine Festnahme stand anscheinend im Zusammenhang mit der Festnahme von Agustín Esono Nsogo.

Außergerichtliche Hinrichtungen

Berichten zufolge begingen Soldaten und die Polizei außergerichtliche Hinrichtungen.

  • Wie es hieß, wurde Blas Engó von einem Soldaten außerhalb des Gefängnisses in Bata aus nächster Nähe erschossen, als er in der Nacht auf den 14. Mai mit 46 weiteren Gefangenen aus dem Gefängnis auszubrechen versuchte.

  • Im Mai erschoss ein Angehöriger der Streitkräfte den malischen Staatsangehörigen Oumar Koné, weil dieser sich geweigert hatte, an einer routinemäßigen Straßensperre Bestechungsgeld zu zahlen.

Recht auf freie Meinungsäußerung – Journalisten

Die Presse wurde auch 2012 von staatlichen Stellen kontrolliert; Kritik war nicht erlaubt. Mitte Oktober wurde im staatlichen Radio eine Sendung während eines Interviews mit einer Frau unterbrochen, die 18 Familien vertrat, die in Bata Opfer rechtswidriger Zwangsräumungen geworden waren. Die Frau hatte den Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs kritisiert und ihm vorgehalten, dass er in dieser Sache aus persönlichen Gründen befangen sei. Die Sendung wurde auf unbestimmte Zeit eingestellt.

Gewaltlose politische Gefangene

Der Präsident begnadigte im Juni 2012 einen gewaltlosen politischen Gefangenen und mindestens 20 weitere Gefangene, die möglicherweise aus politischen Gründen inhaftiert worden waren.

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