Amnesty Report Österreich 15. Mai 2009

Österreich 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Österreich Staatsoberhaupt: Heinz Fischer Regierungschef: Werner Faymann (löste im Dezember Alfred Gusenbauer im Amt ab) Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 8,4 Mio. Lebenserwartung: 79,4 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 6/5 pro 1000 Lebendgeburten

Bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen gegen Folter und andere Misshandlungen gemäß den Forderungen regionaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wurden 2008 keine Fortschritte erzielt. Die Behörden versagten beim Schutz von Asylsuchenden und Migranten.

Folter und andere Misshandlungen

  • Das Folteropfer Bakary J. hatte Ende des Jahres noch immer keine Entschädigung oder eine andere Form der Rehabilitation erhalten. Er war nach einer abgebrochenen Abschiebung am 7. April 2006 geschlagen und einer Scheinhinrichtung unterzogen worden. Im September 2007 verringerte die Berufungsinstanz der Disziplinarbehörde die ursprünglich gegen die vier Beamten wegen der Vergehen verhängten Geldstrafen, und sie blieben im Dienst. Am 18. September 2008 hob der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Disziplinarbehörde als rechtswidrig auf, da sie die "vorsätzliche" und "brutale" Vorgehensweise der beteiligten Beamten nicht angemessen berücksichtigt habe.

Polizei und Sicherheitskräfte

Während das Justizministerium im Februar den Einsatz von Elektroschockwaffen (Conducted Energy Devices – CEDs) in Gefängnissen wegen zunehmender Bedenken hinsichtlich ihrer Anwendung verbot, kündigte das Innenministerium im selben Monat an, dass die Polizei die Geräte nach der Probephase in den Routinebetrieb übernehmen werde. Der Erlass des Innenministeriums zum Einsatz von CEDs bewertete sie als harmlos und nicht tödlich und ging auf die Gefahr eines unverhältnismäßigen Einsatzes nicht ein.

  • Der asylsuchende Tschetschene Ruslan A. wurde am 8. Juli 2008 auf der Polizeistation von Böheimkirchen inhaftiert, um ihn zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter nach Polen abzuschieben, da er bereits dort Asyl beantragt hatte, ehe er nach Österreich kam. Er fürchtete, dass er bei seiner Abschiebung nach Polen durch dort tätige Angehörige des russischen Geheimdienstes bedroht wäre. Er war schwer traumatisiert und drohte mit Selbstmord, wenn er seinen Psychotherapeuten nicht sehen könnte. Kurz darauf schossen maskierte Sondereinsatzkräfte der Polizei von außerhalb der Zelle mit einer CED-Waffe auf ihn. Daraufhin wurde er ins Krankenhaus gebracht. Am 28. Juli entschied das Asylgericht gegen die Abschiebung der Familie nach Polen und kam zu dem Schluss, dass Österreich die Asylanträge prüfen müsse.

Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten

Die Behörden machten sich weiter Gesetzeslücken zunutze und wiesen Migranten und Asylsuchende aus, ohne ihre Familiensituation und ihr Privatleben angemessen zu berücksichtigen.

Im Oktober kürzte das Innenministerium die Finanzierung für die Rechtsberatung von Asylsuchenden erheblich, die ausschließlich von Nichtregierungsorganisationen geleistet wird.

Justizsystem

  • Am 21. Mai 2008 waren zehn Tierschutzaktivisten, darunter eine Frau, inhaftiert und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation beschuldigt worden, die darauf abzielt, Sachschaden zu verursachen. Sie blieben bis zum 2. September in Haft, dann wurden sie bis zum Verfahren auf freien Fuß gesetzt. Die Anwälte der Aktivisten berichteten, dass sie keine Akteneinsicht erhalten hätten, die für die wirksame Anfechtung der Untersuchungshaft notwendig gewesen wäre.

Amnesty International: Missionen

Delegierte von Amnesty International besuchten Österreich im März, April und Mai.

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