Amnesty Report Mexiko 18. Mai 2009

Mexiko 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Vereinigte Mexikanische Staaten Staats- und Regierungschef: Felipe Calderón Hinojosa Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 107,8 Mio. Lebenserwartung: 75,6 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 22/17 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 91,6%

Angehörige von Militär und Polizei waren im Berichtsjahr für schwere Menschenrechtsverletzungen wie exzessive Gewaltanwendung, willkürliche Inhaftierung, Folter und ungesetzliche Tötungen verantwortlich. Mehrere Journalisten wurden getötet. Menschenrechtsverteidiger wurden bedroht und in unfairen Verfahren mit konstruierten Anklagen konfrontiert. Wer gegen Wirtschaftsentwicklungsprojekte protestierte, musste mit Schikanen rechnen. Der Oberste Gerichtshof lehnte eine Verfassungsklage gegen das Gesetz ab, mit dem Abtreibung in Mexiko-Stadt legalisiert wurde. Eine Reform der Strafjustiz wurde in Angriff genommen. Gewalt gegen Frauen war nach wie vor weit verbreitet.

Hintergrund

Die öffentliche Sicherheit und das Ringen um eine Reform des Energiesektors beherrschten den politischen Diskurs. Tausende von Bundespolizisten und 45000 Soldaten wurden für Maßnahmen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens eingesetzt. Die Gewalttätigkeit der kriminellen Banden nahm jedoch weiter zu. Medienberichten zufolge verloren dabei im Laufe des Jahres über 6000 Menschen ihr Leben. Auch zahlreiche Angehörige der Ordnungskräfte wurden im Dienst getötet bzw. verletzt.

Im September wurden im Nationalpark La Marquesa (Bundesstaat México) die Leichen von 24 Ermordeten gefunden. Bei einem mutmaßlichen Vergeltungsakt einer Drogenbande wurden in Morelia (Bundesstaat Michoacán) während der Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag zwei Granaten in die Menge geworfen. Bei diesem Anschlag wurden acht Menschen getötet und viele weitere verletzt. Im Oktober nahm die Bundespolizei drei mutmaßliche Täter fest. Die Männer legten Geständnisse ab, erhoben aber Beschwerde wegen Folter während der Untersuchungshaft.

Die Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität umfassten die Verschärfung der Urteile und die Festschreibung einer Untersuchungshaftdauer von 80 Tagen in der Verfassung. Im September unterzeichneten Vertreter nationaler und bundesstaatlicher Institutionen eine Nationale Übereinkunft für Sicherheit, Gerechtigkeit und Rechtmäßigkeit (Acuerdo Nacional por la Seguridad, la Justicia y la Legalidad), die eine bessere Koordinierung der Polizeiarbeit und andere Sicherheitsmaßnahmen vorsah. Im Dezember verabschiedete der Kongress ein Sicherheitsgesetz, das die Tätigkeit der Polizei regelt; die Maßnahmen zum Schutz vor Menschenrechtsverletzungen wurden jedoch nicht verstärkt.

Im Juni genehmigte der US-Kongress die Merida-Initiative, durch die Mexiko von den USA 400 Mio. Dollar Finanzhilfe erhielt. Das Hilfspaket umfasste die Bereitstellung von Ausrüstung und Schulungen für die mexikanische Polizei und die Armee sowie für Mitarbeiter der Justiz und der Einwanderungsbehörde. 15% der für die Armee bestimmten Mittel werden zurückgehalten, bis ein Bericht des US-Außenministeriums darüber vorliegt, ob Mexiko bestimmte Anforderungen an den Schutz der Menschenrechte erfüllt. Zu den Forderungen gehörte auch eine glaubwürdige Untersuchung zum Tod des US-Videojournalisten Bradley Roland Will während der politischen Unruhen in Oaxaca im Jahr 2006. Im Oktober wurde ein Mitglied einer Oppositionsgruppe namens Juan Manuel Martínez Moreno verhaftet und von der Generalstaatsanwaltschaft wegen Mordes an Bradley Will unter Anklage gestellt. Die Grundlage für seine Verhaftung wurde von verschiedenen Seiten infrage gestellt, auch von unabhängigen Gerichtsmedizinern und von der Nationalen Menschenrechtskommission. Die Kritiker befürchteten, dass hier nur ein Sündenbock gesucht worden war, um die Bedingungen für die Merida-Initiative demonstrativ zu erfüllen.

  • Im August 2008 verabschiedete die Regierung ihr Nationales Menschenrechtsprogramm, das aber keine klare

n Aussagen dazu enthält, wie bzw. wann die zahlreichen Verpflichtungen erfüllt werden sollen. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen kritisierten, dass die Regierung nicht das Gespräch mit ihnen aufnahm, um eine überzeugende Menschenrechtsagenda zu erarbeiten. Die mexikanische Regierung und die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte verlängerten die Vereinbarung über ein Büro des UN-Hochkommissariats in Mexiko.

Menschenrechtsverteidiger

Menschenrechtsverteidiger, die die Wahrung der Menschenrechte forderten oder Protestbewegungen anführten, hatten auch im Jahr 2008 mit Drohungen und Übergriffen zu rechnen und mussten befürchten, wegen konstruierter Straftaten unter Anklage gestellt oder verhaftet zu werden. Die Regierung sagte zu, die von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission zum Schutz mehrerer Menschenrechtsverteidiger angeordneten Maßnahmen durchzuführen. Nach Angaben einiger Menschenrechtsverteidiger wurden jedoch weder die Ermittlungen zu ihrem Fall nennenswert vorangetrieben noch wirksame Schutzmaßnahmen ergriffen.

Im April wurden fünf Mitglieder der Indigenenorganisation OPIM (Organización de Pueblos Indigenas Me’phaa) aus dem Bezirk Ayutla im Bundesstaat Guerrero unter dem Vorwurf inhaftiert, am 1. Januar 2008 einen Mann namens Alejandro Feliciano García ermordet zu haben. OPIM setzt sich nachhaltig für die Rechte der indigenen Bevölkerung ein und wendet sich gegen die Marginalisierung des Volks der Tlapaneken, die sich selbst als Me’phaa bezeichnen. Obwohl der Richter eines Bundesgerichts im Oktober die Freilassung von vier der fünf Häftlinge anordnete und überzeugende Beweise dafür vorlagen, dass das Vorgehen gegen die OPIM-Mitglieder politisch motiviert war, befanden sich die Männer am Jahresende noch immer in Gewahrsam. Sie werden als gewaltlose politische Gefangene betrachtet.

Mehrere Wirtschaftsentwicklungs- und Investitionsprojekte führten zu Protesten der örtlichen Bevölkerung, die sich unzureichend in die Planung einbezogen fühlte und negative Auswirkungen der Projekte vor allem auf ihre sozialen und ökologischen Rechte befürchtete. Insbesondere die indigenen Gemeinschaften litten unter Repressalien.

  • Die Bewohner von Huizopa im Bezirk Madera im Bundesstaat Chihuahua, die die Einhaltung der getroffenen Vereinbarung über die Durchführung eines Bergbauprojekts auf dem Land der Gemeinschaft verlangten, erhielten Drohungen. Ihre legalen Demonstrationen wurden von der Polizei unterbunden. Polizei und Sicherheitskräfte

Armee

Die Zahl der Berichte über die Beteiligung von Militärangehörigen an rechtswidrigen Tötungen, Folterungen und Misshandlungen, willkürlichen Inhaftierungen und illegalen Hausdurchsuchungen nahm im Berichtsjahr zu. Bei Menschenrechtsverletzungen durch Militärangehörige waren nach wie vor Militärgerichte für Ermittlungen und Strafverfolgungen zuständig. Die Nationale Menschenrechtskommission veröffentlichte insgesamt neun Empfehlungen zum Umgang mit den schweren Menschenrechtsverletzungen, die 2008 von Soldaten begangen wurden.

  • Im März eröffneten Militärangehörige in Santiago de los Caballeros im Bezirk Badiraguato (Bundesstaat Sinaloa) das Feuer auf ein Fahrzeug. Bei dem Vorfall wurden vier Personen getötet und zwei weitere verletzt. Hinweise darauf, dass die Opfer bewaffnet waren bzw. eine Bedrohung darstellten, gab es nicht. Fünf Soldaten, gegen die Ermittlungen durchgeführt wurden, befanden sich Ende 2008 in Militärgewahrsam. Über eine Eingabe der Familien der Opfer, den Fall nicht der Militärgerichtsbarkeit zu übergeben, war bis Ende des Jahres noch nicht entschieden.

Polizei

Übergriffe der Polizei wie ungesetzliche Tötung, exzessive Gewaltanwendung, Folterung und willkürliche Inhaftierung waren nach wie vor weit verbreitet. Es wurden Maßnahmen zur Schaffung einer einheitlichen Bundespolizei mit erweiterten Ermittlungsbefugnissen eingeleitet, doch es gab keine nennenswerten Initiativen, um die Polizei bei Menschenrechtsverletzungen stärker zur Rechenschaft zu ziehen. Eine Polizeireform wurde im Jahr 2008 weder auf bundesstaatlicher noch auf kommunaler Ebene umgesetzt.

  • Berichten zufolge erschossen im September 2008 in Matamoros (Bundesstaat Tamaulipas) Angehörige der Bundespolizeieinheit Policia Federal Preventiva (PFP) eine 17-jährige Passantin, als sie ohne jeden Grund und ohne vorherige Warnung mehrere Salven auf ein Fahrzeug abfeuerten. Die Insassen, die beiden Journalisten Carlos Solis und Luis Alberto Salas, wurden festgenommen und der Tötung der jungen Frau beschuldigt, obwohl Augenzeugen bestätigten, dass nur die Polizisten von der Waffe Gebrauch gemacht hatten. Die beiden Journalisten sollen in Polizeigewahrsam gefoltert worden sein. Bei Jahresende hatte ihr Prozess wegen illegalen Waffenbesitzes noch nicht begonnen.

  • Im Oktober 2008 wurden sechs indigene Einwohner von Miguel Hidalgo im Bezirk La Trinitaria (Bundesstaat Chiapas) von der regionalen Polizei erschossen. In vier weiteren Todesfällen deuteten die Umstände auf illegale Hinrichtungen hin. Mehrere Polizisten wurden in Haft genommen, gegen 26 Beamte waren am Jahresende noch Ermittlungen im Gang.

  • Bei einer Meuterei im Gefängnis La Mesa der Grenzstadt Tijuana (Bundesstaat Baja California) kamen im September 30 Gefangene ums Leben. Grund für den Tod von einigen von ihnen waren nach Angaben des Leiters der Menschenrechtskommission von Baja California die übermäßige Gewaltanwendung seitens der Sicherheitskräfte und andere Menschenrechtsverletzungen.

Folter und andere Misshandlungen

Auch im Jahr 2008 waren Folterungen und andere Misshandlungen weit verbreitet. Zwar gab es Bemühungen, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, sie führten aber kaum zu wirklichen Verbesserungen. Der UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter erhielt im August beim Besuch von Haftanstalten in verschiedenen Bundesstaaten Informationen über mehrere Fälle von Folterung. Der Bericht des Unterausschusses wurde nicht veröffentlicht.

  • Im Februar wurden in Chilón (Bundesstaat Chiapas) zwei Männer der indigenen Bevölkerungsgruppe der Tzeltales, Eliseo Silvano Jiménez und sein Sohn Eliseo Silvano Espinoza, von Polizisten verhaftet. Berichten zufolge wurden die beiden angeschossen und mit Schlägen misshandelt, fast zum Ersticken gebracht, bedroht und mit Tränengas besprüht, um ein Geständnis zu erzwingen. Später wurden sie ohne Anklageerhebung wieder auf freien Fuß gesetzt. Zwei Polizeibeamte befanden sich bei Jahresende in Untersuchungshaft.

  • Im Oktober kam es im Bundesstaat Morelos zu Protesten der Lehrer, die von der Bevölkerung unterstützt wurden. In der Kleinstadt Xoxocotla löste die Bundespolizei die Proteste auf einer wichtigen Verbindungsstraße auf. Viele der Inhaftierten gaben an, sie seien in ihrer Wohnung festgenommen worden und man habe sie geschlagen und dazu gezwungen, barfuß über die Reste einer brennenden Barrikade zu gehen.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Mindestens fünf Medienschaffende wurden getötet und bei mindestens einem weiteren, der Opfer einer Entführung wurde, war der Verbleib unklar. Auch im Berichtsjahr kam es bei solchen Übergriffen gegen Journalisten, die kriminellen Banden angelastet wurden, nicht zur Bestrafung der Täter.

  • Im April 2008 wurden Felícitas Martínez und Teresa Bautista, zwei indigene Mitarbeiterinnen einer lokalen Rundfunkstation in der Region Triqui (Bundesstaat Oaxaca), von Unbekannten getötet. Diese hatten Schüsse auf das Auto abgefeuert, in dem die beiden unterwegs waren. Die Behörden bestritten, dass die Ermordung der beiden Frauen mit deren Medienarbeit in Zusammenhang stand, doch eine gründliche Untersuchung des Falls unterblieb.

[Straflosigkei]t

Die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen aus früheren Jahren wurden auch 2008 nicht vor Gericht gestellt. Der Mangel an funktionierenden Institutionen zur Untersuchung und Strafverfolgung von Menschenrechtsverletzungen auf nationaler Ebene und in den Bundesstaaten führte dazu, dass die Opfer von Menschenrechtsverletzungen nur begrenzt Zugang zu den Gerichten hatten und die Täter nur selten zur Rechenschaft gezogen wurden.

  • Auch 40 Jahre nach dem Massaker auf dem Tlatelolco-Platz in Mexiko-Stadt, bei dem am 2. Oktober 1968 Polizei und Armee unter nie geklärten Umständen das Feuer auf protestierende Studenten eröffnet hatten, mussten die Verantwortlichen weiterhin nicht damit rechnen, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Bei Jahresende war noch kein Urteil des Bundesgerichts ergangen, das mit der Überprüfung einer früheren Gerichtsentscheidung befasst war, wonach der damalige Innenminister und spätere Präsident Luis Echeverría Álvares im Zusammenhang mit dem Massaker von Tlatelolco nicht wegen Völkermords vor Gericht gestellt werden solle.

Bei Hunderten Fällen von Folter, extralegaler Hinrichtung und "Verschwindenlassen" aus den 1960er, 1970er und 1980er Jahren gab es im Jahr 2008 weder juristische Fortschritte noch Bemühungen seitens der Behörden, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

  • Im Juni 2008 wurde der Fall von Rosendo Radilla, der im Jahr 1976 von den Sicherheitskräften verschleppt wurde und seitdem verschwunden war, vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht.

So gut wie keine Ergebnisse erbrachten die Untersuchungen zu einigen spektakulären Fällen aus jüngerer Zeit wie dem der Folterung und Misshandlung zahlreicher Teilnehmer der Proteste in Guadalajara 2004, der Folterung und Vergewaltigung von mindestens 26 Frauen, die bei den Unruhen im Mai 2006 in San Salvador Atenco von der Polizei festgenommen wurden, sowie der zahlreichen Folterungen, willkürlichen Inhaftierungen und rechtswidrige Tötungen im Verlauf der politischen Unruhen in Oaxaca in den Jahren 2006 und 2007. Bei Ende des Berichtsjahrs lagen ebenfalls noch keine Ermittlungsergebnisse des Obersten Gerichtshofs zu den Übergriffen in San Salvador Atenco und Oaxaca vor.

  • Der Aufenthaltsort der beiden Mitglieder der bewaffneten Oppositionsgruppe Revolutionäre Volksarmee (Ejército Popular Revolucionario – EPR), Edmundo Reyes Amaya und Gabriel Alberto Cruz Sánchez, von denen befürchtet wird, dass sie im Mai 2007 Opfer des "Verschwindenlassens" wurden, war weiter unbekannt – auch eine amtliche Untersuchung hatte keine Fortschritte gebracht.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im August wies der Oberste Gerichtshof eine Verfassungsklage gegen ein Reformgesetz zurück, seit dessen Verabschiedung im Vorjahr in Mexiko-Stadt Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nicht mehr unter Strafe stehen.

Gewalt gegen Frauen im familiären oder sozialen Umfeld und am Arbeitsplatz war nach wie vor an der Tagesordnung. Die Regierung veröffentlichte auch 2008 für Mitarbeiter im Gesundheitswesen keine neuen Verhaltensvorschriften zum Umgang mit Frauen, die Gewaltakte überlebt haben.

28 mexikanische Bundesstaaten haben gesetzliche Bestimmungen in Kraft gesetzt, die Frauen die Möglichkeit eines Lebens ohne Gewalt bieten sollen, aber nur die Regierungen von drei Bundesstaaten erließen wie die nationale Regierung auch entsprechende Durchführungsbestimmungen. Da die zugesagte Finanzierung von Frauenhäusern in vielen Fällen auf die lange Bank geschoben wurde, geriet das Dienstleistungsnetzwerk der vorhandenen Frauenhäuser unter enormen Druck.

  • Die wachsende Gewaltkriminalität im Land wurde durch die Ermordung von 75 Frauen in Ciudad Juárez (Bundesstaat Chihuahua) weiter verschärft. Menschenrechtsverteidiger, die in Fällen der Ermordung oder Entführung von Frauen und Mädchen auf Strafverfolgung drängten, mussten mit Bedrohung und Einschüchterung rechnen.

  • Drei der Fälle von insgesamt acht ermordeten Frauen, deren Leichen 2001 in Campo Algodonero in Ciudad Juárez auftauchten, wurden vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht.

Migranten

2008 überschritten weniger Mexikaner illegal die Grenze zu den USA, die Zahl der Abschiebungen nach Mexiko hingegen nahm zu. In Mexiko mussten Einwanderer ohne Papiere damit rechnen, von Amtspersonen oder kriminellen Banden, die oft mit Zustimmung der Behörden agieren, erpresst und geschlagen, entführt, vergewaltigt oder ermordet zu werden. Die Verantwortlichen wurden praktisch nie vor Gericht gestellt. Durch eine Reform der Bundesgesetzgebung wurde der illegale Aufenthalt in Mexiko nicht mehr mit einer Haftstrafe, sondern nur noch mit einer Geldbuße geahndet. Abschiebehaft bis zur Rückführung war jedoch weiterhin für fast alle Migranten ohne Papiere die Norm. Die Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde zu den Kinderrechten wurden verstärkt. Im April brachte die UN-Sonderberichterstatterin über die Rechte von Migranten bei einem Besuch in Mexiko ihre ernste Besorgnis über die Behandlung der Einwanderer aus den Ländern Zentralamerikas zum Ausdruck.

  • Im April wurden Fotos von einer gemeinsamen Operation der Einwanderungsbehörde und der Marine zur Festsetzung illegaler Einwanderer in Las Palmas im Bezirk Niltepec (Bundesstaat Oaxaca) in den Medien veröffentlicht. Augenzeugen bestätigten den Wahrheitsgehalt der Bilder, auf denen Migranten geschlagen und erniedrigt wurden. Die Migrationsbehörde und die Marine bestritten jedoch, dass es zu Menschenrechtsverstößen gekommen sei.

  • Pater Alejandro Solalinde und seine Mitarbeiter bei der katholischen Anlaufstelle für Migranten für den Südwesten Mexikos (Pastoral de Movilidad Humana Pacífico Sur del Episcopado Mexicano) in Ciudad Ixtepec (Bundesstaat Oaxaca), die humanitäre Hilfe für Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus leisten und Übergriffe gegen sie dokumentieren, erhielten immer wieder Drohungen.

Rechtliche Entwicklungen

Im Berichtsjahr wurden wichtige Verfassungsänderungen vorgenommen, die das öffentliche Gesundheitswesen und die Strafjustiz betrafen. So wurden bei gewöhnlichen Straftaten mündliche Verfahren eingeführt und die Rechtsstaatlichkeit der Verfahren z.B. durch Einführung der Unschuldsvermutung erhöht. Die Reformen führten aber auch zur Stärkung der Ermittlungsbefugnisse der Staatsanwaltschaft bei schweren Straftaten nach Bundesrecht, ohne dass angemessene Kontrollmechanismen vorgesehen wurden. Die Übergangszeit für die Einführung von Reformen wurde auf acht Jahre festgesetzt, und die Regierung richtete einen Sonderausschuss zur Erarbeitung von Gesetzesvorschlägen für Reformen auf Bundesebene ein. In den meisten Bundesstaaten hatte der Reformprozess noch nicht begonnen.

Bemühungen, internationale Menschenrechtsübereinkommen in die mexikanische Verfassung zu übernehmen, wurden blockiert.

Amnesty International: Berichte

Women’s struggle for Justice and safety – Violence in the family in Mexico (AMR 41/021/2008) Promoting Indigenous Rights in Mexico: Me’phaa Indigenous People’s Organization (AMR 41/040/2008) Amnesty International Submission to the UN Universal Periodic Review (AMR 41/038/2008)

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