Amnesty Report Korea (Süd) 19. Mai 2009

Korea (Süd) 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Korea Staatsoberhaupt: Lee Myung-bak (löste im Februar Roh Moo-huyn im Amt ab) Regierungschef: Han Seung-soo (löste im Februar Han Duck-soo im Amt ab) Todesstrafe: in der Praxis abgeschafft Einwohner: 48,4 Mio. Lebenserwartung: 77,9 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 5/5 pro 1000 Lebendgeburten

Die Bereitschaftspolizei wandte bei der Auflösung überwiegend friedlicher Demonstrationen, die sich gegen die Rindfleischimporte aus den USA richteten, exzessive Gewalt an. Viele Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus, die abgeschoben wurden, waren Berichten zufolge während ihrer Inhaftierung grausamer, unmenschlicher und entwürdigender Behandlung ausgesetzt. Die Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit von Protestierenden, Gewerkschaftern und Journalisten gaben Anlass zu Besorgnis. Hinrichtungen fanden nicht statt; 58 Personen verblieben jedoch in Todeszellen. Der Gesetzentwurf zur Abschaffung der Todesstrafe scheiterte im März.

Exzessive Gewaltanwendung

Kerzenlichtproteste gegen die Wiederaufnahme der Rindfleischimporte aus den USA zogen Tausende von Menschen an und fanden von Mai bis Anfang Juli 2008 fast täglich statt. Während der weitgehend friedlichen Proteste schlugen einige Polizisten Demonstrierende mit Schutzschilden und Knüppeln, setzten aus nächster Nähe Wasserwerfer ein und verweigerten inhaftierten Demonstrierenden die medizinische Versorgung. Demonstrierende erlitten Verletzungen wie Knochenbrüche, Gehirnerschütterungen, vorübergehende Erblindung und Trommelfellrisse.

Migrantenrechte

Im September 2008 kündigte die Regierung ihr Vorhaben an, bis 2012 etwa die Hälfte der Arbeitsmigranten abzuschieben. Dies würde ungefähr 220000 Menschen betreffen. Es war ein Anstieg der Fälle grausamer, unmenschlicher und entwürdigender Behandlung von Arbeitsmigranten während ihrer Festnahme bei Razzien zu verzeichnen.

  • Im November 2008 führten 280 Beamte der Einwanderungsbehörde und Polizisten in Fabriken und Wohnstätten des in der Provinz Gyeonggi-do liegenden Orts Maseok Razzien durch. Dabei wurden mindestens 110 reguläre und irreguläre Arbeitsmigranten willkürlich festgenommen. Eine Arbeitsmigrantin erhielt nicht die Erlaubnis, auf die Toilette zu gehen. Sie wurde gezwungen, in der Öffentlichkeit zu urinieren. Ein Arbeitsmigrant brach sich ein Bein, als er flüchten wollte. Nachdem er mit Handschellen gefesselt worden war, musste er fünf Stunden warten, bis er in ein Krankenhaus kam.

  • Im Mai 2008 deportierte die Regierung den Nepalesen Torna Limbu und den Bangladescher Abdus Sabur, Präsident bzw. Vize-Präsident der Migrantengewerkschaft Seoul-Gyeonggi-Incheon Migrants’ Trade Union, obwohl die Nationale Menschenrechtskommission gefordert hatte, die Abschiebung auszusetzen, bis sie die Vorwürfe der Gewerkschafter, dass sie bei ihrer Festnahme von Beamten der Einwanderungsbehörde geschlagen worden seien, untersucht hätten. Es wurde befürchtet, dass die beiden Männer aufgrund ihrer Gewerkschaftsaktivitäten ins Visier genommen worden waren.

Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Arbeiterbewegung

Nach Angaben des koreanischen Gewerkschaftsdachverbands Korean Confederation of Trade Unions fanden in mehr als 30 verschiedenen Fabriken Proteste gegen ungesetzmäßige Beschäftigung statt. Sicherheitskräfte wandten streikenden Arbeitern gegenüber exzessive Gewalt an. Die Arbeiter protestierten, weil reguläre Arbeiter für die gleiche Arbeit einen höheren Lohn erhielten als sie. Sie waren der Gefahr ausgesetzt, ihre Arbeitsstelle nach zwei Jahren zu verlieren, weil der Arbeitgeber auf diese Weise ihre Festanstellung vermeiden konnte. Dieses Verfahren entspricht dem im Jahr 2007 erlassenen Beschäftigungsgesetz Contract Based Employment Law.

Unabhängigkeit der Medien

Die Intendanten und Präsidenten der koreanischen Sender Korean Broadcasting System (KBS), Korean Broadcasting Advertising Corporation, Arirang TV, Sky Life and Yonhap Television Network (YTN) wurden gegen regierungstreue Personen ausgetauscht.

  • Die Ernennung des ehemaligen Angehörigen des Mitarbeiterstabs von Präsident Lee Myung-bak, Ku Bon-hong, zum neuen Intendanten des Nachrichtensenders YTN zog Proteste nach sich. In der Folge verklagte Ku Bon-hong zwölf Gewerkschafter und entließ sechs Journalisten wegen "Störung des Betriebsfriedens".

Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen

Die Polizei inhaftierte 2008 mindestens 408 Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen, die meisten von ihnen Zeugen Jehovas. Dieser starke Rückgang gegenüber der Anzahl von 733 im Vorjahr in Gewahrsam genommenen Personen war weitgehend darauf zurückzuführen, dass im Vorfeld der Pläne, 2009 einen Ersatzdienst für die Wehrpflicht einzuführen, keine Fälle verhandelt wurden. Im Dezember stoppte der Verteidigungsminister diese Pläne jedoch wegen mangelnder Unterstützung durch die Öffentlichkeit.

· Lee Gil-joon, ein dienstverpflichteter Bereitschaftspolizist, wurde zu einer eineinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, weil er nicht zum Dienst zurückgekehrt war und Befehle verweigert hatte. Er war nicht bereit gewesen, Demonstranten während der Kerzenlichtproteste mit Gewalt auseinanderzutreiben.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

2008 jährte sich die Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes (National Security Law – NSL) zum 60. Mal. Bis Dezember standen mindestens neun inhaftierte Personen unter vage formulierten NSL-Anklagen.

  • Am 28. August nahm die Polizei sieben Gewerkschafter der Socialist Workers League of Korea fest, darunter den Universitätsprofessor Oh Se-chul, weil sie gegen Artikel 3 (Gründung von antistaatlichen Gruppen) und Artikel 7 des NSL (Loben von oder Sympathisieren mit antistaatlichen Gruppen) verstoßen hätten. Das Zentrale Bezirksgericht von Seoul hob die Haftbefehle, die von der Polizei ohne beweiskräftige Grundlage erlassen worden waren, wieder auf. Am 14. Oktober erließ die Polizei erneut einen Haftbefehl gegen Professor Oh, der jedoch wiederum vom Gericht aus Mangel an Beweisen aufgehoben wurde.

Flüchtlinge und Asylsuchende

2008 wurden insgesamt 364 Anträge auf Anerkennung als Flüchtling eingereicht. 36 Personen wurde der Flüchtlingsstatus zuerkannt und 22 erhielten humanitären Schutz. 79 Anträge wurden abgelehnt. Der in den Einwanderungsbehörden herrschende Ressourcenmangel bot Anlass zur Besorgnis, da der Bearbeitungsrückstand mehr als 1200 Fälle umfasste.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im Januar sagte der gewählte Präsident Lee Myung-bak, dass er Japan nicht auffordern würde, sich für seine Gräueltaten während des Zweiten Weltkriegs zu entschuldigen. Das Parlament verabschiedete im Oktober jedoch eine Resolution, die Gerechtigkeit für die Überlebenden der sexuellen Versklavung durch das japanische Militär während des Zweiten Weltkriegs fordert.

Todesstrafe

Das inoffizielle Hinrichtungsmoratorium wurde aufrechterhalten. 58 Personen waren Ende 2008 in Todeszellen inhaftiert. Der Entwurf des Sondergesetzes zur Abschaffung der Todesstrafe wurde im März abgelehnt. Zwei neue Gesetzentwürfe für die Abschaffung der Todesstrafe wurden der Nationalversammlung vorgelegt.

Amnesty International: Missionen und Bericht

Delegierte von Amnesty International besuchten Südkorea in den Monaten März, Juli und Oktober/November. Policing the candlelight protests in South Korea (ASA 25/008/2008)

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