Amnesty Report Korea (Nord) 19. Mai 2009

Korea (Nord) 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Demokratische Volksrepublik Korea Staatsoberhaupt: Kim Jong-il Regierungschef: Kim Yong-il Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 23,9 Mio. Lebenserwartung: 66,8 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 62/62 pro 1000 Lebendgeburten

Millionen von Menschen litten an der schlimmsten Nahrungsmittelknappheit seit Ende der 1990er Jahre. Tausende von Nordkoreanern überquerten auch in diesem Jahr wieder zumeist aus Hunger und wirtschaftlichen Gründen die Grenze nach China. Diejenigen von ihnen, die dort festgenommen und gegen ihren Willen in ihr Heimatland zurückgebracht wurden, erwartete in Straflagern Zwangsarbeit, Folter und andere Formen der Misshandlung. Andere weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen waren ebenfalls nach wie vor an der Tagesordnung. Dazu gehörten politisch motivierte und willkürliche Inhaftierungen und Hinrichtungen, die massive Beschneidung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Freizügigkeit. Unabhängige Menschenrechtsbeobachter erhielten weiterhin keinen Zutritt zum Land.

Hintergrund

Im Rahmen des Prozesses der Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel legte Nordkorea dem chinesischen Außenministerium im Juni eine Liste seiner atomaren Anlagen vor. Die US-Regierung strich im Oktober Nordkorea von ihrer Liste der Staaten, die den Terrorismus unterstützen, nachdem es uneingeschränkten Zutritt zu seinen Atomanlagen zugesichert hatte.

Im November 2008 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, in der sie ihre sehr ernste Besorgnis über Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea zum Ausdruck brachte.

Recht auf Nahrung

Laut Angaben des UN-Welternährungsprogramms (WFP) litten Millionen von Menschen in Nordkorea in einem Ausmaß an Hunger wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Am schwersten davon betroffen waren Frauen, Kinder und ältere Menschen. Die Nahrungsmittelproduktion sank drastisch, und gleichzeitig verringerten sich auch die Nahrungsmitteleinfuhren. Ferngespräche wurden dem Vernehmen nach unterbunden, um die Verbreitung von Nachrichten über Nahrungsmittelknappheit zu verhindern. Im Juni veröffentlichten das WFP und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricultural Organisation – FAO) die Ergebnisse einer in 53 Kreisen von acht Provinzen durchgeführten Studie, derzufolge nahezu drei Viertel der nordkoreanischen Haushalte ihre Nahrungsmittelrationen reduziert hatten. Die meisten Familien aßen demnach keine proteinreichen Lebensmittel mehr und ernährten sich nur noch von Getreideprodukten und Gemüse. Viele Menschen sahen sich gezwungen, nach wildwachsenden Pflanzen zu suchen, die einen niedrigen Nährwert haben und Verdauungsprobleme verursachen. Nach Angaben des WFP und der FAO war Durchfall durch vermehrten Verzehr von Wildpflanzen eine der Hauptursachen der Unterernährung bei Kindern unter fünf Jahren.

Obwohl sich die Ernährungskrise dramatisch zuspitzte, gewährleistete die Regierung nicht einmal ein Minimum an Nahrungsmitteln für die Bevölkerung. Infolge der zunehmend gespannten Beziehungen zwischen den beiden koreanischen Staaten forderte Nordkorea keine Hilfe von Südkorea an, das in den Jahren zuvor einer der größten Hilfslieferanten von Reis und Düngemitteln gewesen war.

Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende

Tausende von Nordkoreanern überquerten die Grenze nach China, vornehmlich wegen der Nahrungsmittelknappheit und der wirtschaftlichen Chancen im Nachbarland, aber auch aus Gründen der politischen Unterdrückung im Heimatland. Einige blieben nur für kurze Zeit, um sich dort mit Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern einzudecken und dann wieder nach Hause zurückzukehren. Andere wiederum, zumeist Frauen, waren darauf aus, für lange Zeit in China zu bleiben, weshalb sie oftmals chinesische Bauern heirateten. Einige Menschenhändler nutzen die prekäre Lage der Frauen aus, um sie zwecks Zwangsheirat zu verkaufen. Die überwiegende Mehrzahl der Nordkoreaner in China lebte in der ständigen Angst, festgenommen und abgeschoben zu werden. Nahezu alle der zwangsweise zurückgebrachten Nordkoreaner mussten dort mit bis zu drei Jahren Haft in einem Straflager rechnen, wo sie Zwangsarbeit verrichten mussten und auch der Gefahr ausgesetzt waren, misshandelt oder gefoltert zu werden.

Hunderte Nordkoreaner reisten von China weiter nach Thailand, wo sie die Möglichkeit bekamen, sich um eine Umsiedlung in ein Drittland zu bemühen. Der Großteil von ihnen ging von dort nach Südkorea, wo sie die südkoreanische Staatsangehörigkeit erhielten, wenngleich ein nicht unerheblicher Teil von ihnen Mühe hatte, sich an das dortige Leben anzupassen, und einige zudem an posttraumatischen Belastungsstörungen litten. Eine wachsende Zahl siedelte sich in anderen Ländern an, vornehmlich in Europa.

  • Am 2. Dezember 2008 nahmen die Behörden in Myanmar 19 Nordkoreaner wegen illegaler Einreise in Gewahrsam, darunter einen sieben Jahre alten Jungen; sie hatten versucht, die Grenze nach Thailand zu überqueren. Es war zu befürchten, dass sie von den Behörden Myanmars nach Nordkorea abgeschoben werden könnten.

Haftbedingungen

Gefangene in Straflagern und Hafteinrichtungen mussten körperlich anstrengende Tätigkeiten verrichten, darunter Holzfällen in Gebirgsregionen und Arbeiten in einem Steinbruch. Oftmals dauerte die Zwangsarbeit zehn oder mehr Stunden am Tag, und es gab keine Ruhetage. Gefangene, die man bezichtigte, zu lügen, zu langsam zu arbeiten oder den Text beim Singen patriotischer Lieder vergessen zu haben, wurden von Gefängniswärtern geschlagen. Zu anderen Formen der Strafe gehörten der Zwang, sportliche Übungen zu verrichten oder über lange Zeiträume hinweg bewegungslos sitzend zu verharren bzw. entwürdigende öffentliche Kritik.

Gefangene erkrankten oder starben in der Haft bzw. kurz nach der Haftentlassung aufgrund der harten Zwangsarbeit in Verbindung mit mangelnder Ernährung und medizinischer Versorgung sowie Schlägen und unhygienischen Haftbedingungen.

Todesstrafe

Die Behörden richteten unvermindert Menschen durch den Strang oder durch Erschießungskommandos hin. Es gab Berichte, wonach Todesurteile vollstreckt wurden, um andere vor politischen Straftaten oder Wirtschaftsdelikten abzuschrecken. Im Februar wurden 15 Personen wegen illegalen Grenzüberschritts nach China öffentlich exekutiert, was offenbar als Warnung dienen sollte. Im Dezember stimmte Nordkorea gegen eine Resolution der UN-Generalversammlung, in der ein weltweites Hinrichtungsmoratorium gefordert wurde.

»Verschwindenlassen«

Die seit dem Koreakrieg (1950 – 53) weit verbreitete Praxis des "Verschwindenlassens" hielt ungebrochen an. So "verschwanden" nach dem Prinzip der "Sippenhaft" nordkoreanische Familienangehörige mutmaßlicher Dissidenten. Die Behörden weigerten sich weiterhin, die Praxis des "Verschwindenlassens" einzugestehen, jedoch willigten Vertreter Nordkoreas im August ein, eine Untersuchung des Verbleibs mehrerer japanischer Staatsbürger wieder aufzunehmen, die Ende der 1970er Jahre entführt worden waren und seitdem verschollen sind.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Die Regierung übte eine rigide Kontrolle über die Medien aus und schränkte die Religionsausübung massiv ein. Berichten zufolge nahmen örtliche Behördenvertreter Personen in Haft, die südkoreanische Videos angeschaut hatten oder im Besitz nicht genehmigter Mobiltelefone waren.

Verwehrter Zutritt zum Land

Die Regierung verwehrte unabhängigen Menschenrechtsbeobachtern weiterhin den Zutritt zum Land. Im Dezember zeigte sich die UN-Generalversammlung ernsthaft besorgt angesichts der Weigerung Nordkoreas, das Mandat des UN-Sonderberichterstatters über die Menschenrechtslage im Land anzuerkennen.

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