Amnesty Report Israel und besetzte palästinensische Gebiete 20. Mai 2009

Israel und besetzte palästinensische Gebiete 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Staat Israel Staatsoberhaupt: Schimon Peres Regierungschef: Ehud Olmert Todesstrafe: für gewöhnliche Straftaten abgeschafft Einwohner: 7 Mio. (Israel); 4,1 Mio. (besetzte Gebiete) Lebenserwartung: 80,3 Jahre (Israel); 72,9 Jahre (besetzte Gebiete) Kindersterblichkeit (m/w): 6/5 pro 1000 Lebendgeburten (Israel); 22/17 pro 1000 Lebendgeburten (besetzte Gebiete) Alphabetisierungsrate: 97,1% (Israel); 92,4% (besetzte Gebiete)

Am 27. Dezember 2008 begannen israelische Streitkräfte im Gazastreifen unter dem Codenamen "Operation Cast Lead" eine Militäroffensive beispiellosen Ausmaßes. Dabei wurden zahlreiche Zivilisten getötet, Häuser und anderes privates Eigentum zerstört. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt war die Anzahl der Zivilisten und anderer Personen, die sowohl von den israelischen Streitkräften als auch von palästinensischen bewaffneten Gruppierungen in Israel und in den besetzten Gebieten getötet wurden, dramatisch angestiegen, bevor im Juni eine Waffenruhe in Kraft trat (vgl. auch Länderbericht zu den Palästinensischen Autonomiegebieten). In der ersten Jahreshälfte wurden 425 Palästinenser getötet, darunter etwa 70 Kinder. Zusätzlich zu der großangelegten Zerstörung von Häusern und Eigentum im Gazastreifen griffen israelische Streitkräfte auch palästinensische Häuser im Westjordanland und in den Beduinendörfern im Süden Israels an. Während des gesamten Jahres schränkte die israelische Armee die Bewegungsfreiheit der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten drastisch ein. Die Blockade des Gazastreifens zog eine noch nie dagewesene humanitäre Notlage nach sich und führte dazu, dass die 1,5 Mio. palästinensischen Einwohner des Gebiets praktisch interniert waren. Weiter verschlimmert wurde die Lage durch die Militäroffensive der israelischen Streitkräfte am 27. Dezember. Hunderten von schwer kranken Patienten wurde die Ausreise aus dem Gazastreifen verweigert, obwohl sie dringend medizinische Behandlung benötigten, die in den lokalen Kliniken nicht zur Verfügung stand. Zahlreiche Kranke starben. Hunderte von Studenten konnten ihr Studium an Universitäten im Ausland nicht aufnehmen, weil sie Gaza nicht verlassen durften. Im Gazastreifen selbst gab es nur wenige Ausbildungsmöglichkeiten. Der Großteil der Einwohner des Gazastreifens war auf internationale Hilfslieferungen angewiesen, doch die israelische Blockade machte es den UN-Organisationen schwer, die Bevölkerung mit Hilfsleistungen zu versorgen. Im Westjordanland war die Bewegungsfreiheit der Palästinenser massiv eingeschränkt, zum einen durch rund 600 israelische Kontrollpunkte und Straßensperren, zum anderen durch die Mauer bzw. den Zaun auf einer Länge von 700 km, die bzw. der von der israelischen Armee überwiegend auf dem Gebiet des Westjordanlandes weitergebaut wird. Der Ausbau der illegalen israelischen Siedlungen auf beschlagnahmtem palästinensischem Boden stieg auf den höchsten Stand seit 2001. Israelische Soldaten und Siedler, die sich schwerer Vergehen gegen Palästinenser schuldig gemacht hatten, darunter auch ungesetzliche Tötungen, Überfälle und Angriffe auf Eigentum, gingen in den meisten Fällen straflos aus. Die israelischen Streitkräfte nahmen Hunderte von Palästinensern fest. Es gab zahlreiche Berichte über Folterungen und Misshandlungen, doch wurden diese Vorwürfe nur sehr selten untersucht. Etwa 8000 Palästinenser befanden sich weiterhin in israelischen Gefängnissen, viele von ihnen nach unfairen Militärprozessen.

Hintergrund

Ministerpräsident Ehud Olmert reichte im September seinen Rücktritt ein, nachdem die Polizei eine Untersuchung wegen Korruptions- und Bestechungsvorwürfen gegen ihn eingeleitet hatte. Er sollte aber bis zu den für Februar 2009 angesetzten Wahlen im Amt bleiben. Die Friedensgespräche zwischen der israelischen Regierung und der Palästinensischen Autonomiebehörde wurden fortgesetzt. Bis Ende 2008 gab es jedoch weder eine Einigung bezüglich des von US-Präsident George W. Bush 2007 eingeleiteten Versuchs, ein Friedensabkommen auszuhandeln, noch andere konkrete Fortschritte. Im Gegenteil, am Jahresende wurde der Gazastreifen von israelischen Truppen in einem Ausmaß bombardiert wie nie zuvor – aus der Luft, von Land und vom Meer. Die israelischen Behörden lösten weder ihr Versprechen ein, die eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Palästinenser in den besetzten Gebieten zu lockern, noch räumten sie die in den vergangenen Jahren illegal errichteten israelischen Siedlungen. Eine im Juni zwischen Israel und bewaffneten palästinensischen Gruppierungen im Gazastreifen vereinbarte Waffenruhe wurde nach viereinhalb Monaten gebrochen, nachdem israelische Streitkräfte am 4. November sechs militante Palästinenser durch Luftangriffe und andere Anschläge getötet hatten.

Blockaden und andere Einschränkungen

Die andauernde Blockade des Gazastreifens durch die israelischen Streitkräfte verschlimmerte die bereits hoffnungslose humanitäre Lage für die 1,5 Mio. Einwohner des Gebiets noch weiter. Sie führte zu Armut und Lebensmittelknappheit sowie zu Problemen bei der Gesundheitsfürsorge und bei der Abfall- und Abwasserentsorgung. Die israelische Militäroffensive brachte das Land Ende Dezember an den Rand einer humanitären Katastrophe. Bereits vor der Offensive war die lokale Wirtschaft gelähmt durch zu wenige Importe und ein Exportverbot. Engpässe bei fast allen Waren des täglichen Bedarfs führten zu starken Preissteigerungen, so dass rund 80% der Bevölkerung von internationaler Hilfe abhängig waren. Die UN und andere humanitäre Hilfsorganisationen sahen sich mit weiteren Einschränkungen konfrontiert, was ihre Möglichkeiten begrenzte, Hilfsgüter und Hilfsleistungen für die Bevölkerung von Gaza bereitzustellen, und mit höheren Einsatzkosten einherging. UN-Projekte zum Bau von Unterkünften für Familien, deren Häuser von der israelischen Armee in den vergangenen Jahren zerstört worden waren, mussten eingestellt werden, da es kein Baumaterial mehr gab. Schwer kranke Patienten, die dringend medizinische Hilfe benötigten, die in den Kliniken des Gazastreifens nicht verfügbar war, saßen durch die Blockade im Gazastreifen fest. Das galt auch für Hunderte von Studenten und Arbeitern, die zu ihren Universitäten und Arbeitsplätzen im Ausland wollten. Nur wenige erhielten die Erlaubnis der israelischen Behörden, das Gebiet zu verlassen. Mehrere Patienten, denen die Ausreise aus Gaza verweigert wurde, erlagen später ihren Leiden.

  • Mohammed Abu ’Amro, ein 58 Jahre alter Krebspatient, starb im Oktober. Er hatte im März 2008 einen Antrag auf Ausreise aus dem Gazastreifen gestellt. Diese wurde ihm aus nicht näher erläuterten "Sicherheitsgründen"verweigert. Eine Woche nach seinem Tod wurde die Erlaubnis schließlich erteilt.

  • Karima Abu Dalal, eine 34-jährige Mutter von fünf Kindern, die an Lymphdrüsenkrebs litt, starb im November 2008, weil sie keine angemessene medizinische Versorgung erhielt. Die israelischen Behörden hatten ihr seit November 2007 mehrmals die Erlaubnis verweigert, nach Nablus im Westjordanland zu reisen, um sich dort im Krankenhaus behandeln zu lassen.

Im Westjordanland schränkten rund 600 israelische Militärkontrollpunkte und Straßensperren die Bewegungsfreiheit der Palästinenser stark ein. Sie wurden daran gehindert, Arbeitsplätze, Schulen und Ausbildungsstätten aufzusuchen sowie medizinische und andere Dienste in Anspruch zu nehmen. Die israelische Armee setzte den Bau der etwa 700 km langen Mauer bzw. des Zauns fort, die bzw. der überwiegend auf dem Gebiet des Westjordanlandes verläuft. Durch die Barriere wurden Zehntausende palästinensischer Bauern von ihrem Land abgeschnitten. Um zu ihren Feldern zu gelangen, benötigten sie eine Genehmigung, die ihnen häufig nicht erteilt wurde.

Palästinensern wurde außerdem der Zugang zu Gebieten des Westjordanlandes verwehrt, die sich in der Nähe von israelischen Siedlungen befinden, deren Errichtung und Erhalt gegen internationales Recht verstößt. Auch wurde Palästinensern die Nutzung von über 300 km Straße im Westjordanland verweigert oder erschwert, während die israelischen Siedler diese Verkehrswege ungehindert nutzen konnten.

  • Im Februar 2008 durfte die 66-jährige Fawziyah al-Dark eine israelische Militärkontrolle nicht passieren. Sie wollte sich nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus von Tulkarem einer ärztlichen Behandlung unterziehen. Kurz danach verstarb sie.

  • Im September 2008 verweigerten israelische Soldaten am Checkpoint von Huwara der schwangeren Naheel Abu Rideh die Weiterfahrt zu einem Krankenhaus in Nablus, obwohl die Wehen bereits eingesetzt hatten. Sie brachte ihr Kind am Checkpoint, im Auto ihres Mannes, zur Welt. Der kleine Junge starb.

Tötungen palästinensischer Zivilisten

Durch israelische Luftangriffe und andere Militärschläge wurden etwa 450 Palästinenser getötet und Tausende verletzt, die meisten von ihnen im Gazastreifen im ersten Halbjahr 2008. Bis zu 50% der Getöteten waren Zivilisten, darunter etwa 70 Kinder. Die anderen waren Mitglieder bewaffneter Gruppierungen, die bei Überfällen oder gezielten Luftangriffen starben.

Hunderte weiterer Zivilisten wurden in den letzten Tagen des Jahres während der israelischen Militäroffensive getötet oder verletzt. Manche fielen gezielten Angriffen auf Zivilisten oder zivile Gebäude zum Opfer, andere willkürlichen und unverhältnismäßigen Angriffen. Viele der im ersten Halbjahr sowie während der Militäroffensive im Dezember getöteten Zivilisten verloren ihr Leben bei Luftangriffen und anderen Militärschlägen der israelischen Armee, die als Vergeltungsmaßnahmen für Angriffe bewaffneter palästinensischer Gruppierungen erfolgten. Diese feuerten vom Gazastreifen aus Raketen und Mörsergranaten auf benachbarte israelische Städte und Dörfer sowie auf Stützpunkte der israelischen Armee entlang des Gazastreifens ab. Sechs israelische Zivilisten und mehrere Soldaten wurden bei diesen Angriffen getötet. 14 weitere israelische Zivilisten, darunter vier 17-Jährige, kamen bei Schießereien und anderen Übergriffen durch Palästinenser in Jerusalem und in anderen Orten des Landes ums Leben.

  • Während eines viertägigen Militäreinsatzes im Gazastreifen Ende Februar töteten israelische Streitkräfte mehr als 100 Palästinenser. Mehr als die Hälfte der Opfer waren Zivilisten, die nicht an den Kämpfen beteiligt waren, darunter ca. 25 Kinder, wie die 16-jährige Jackline Abu Shbak und ihr 15 Jahre alter Bruder Iyad. Die Jugendlichen wurden am 29. Februar 2008 durch Kopfschüsse vor den Augen ihrer Mutter und ihrer jüngeren Geschwister in ihrem Haus im Norden von Gaza-Stadt getötet. Die Schüsse wurden aus einem gegenüberliegenden Haus abgefeuert, das kurz zuvor von israelischen Soldaten eingenommen worden war.

  • Am 16. April töteten israelische Streitkräfte 15 palästinensische Zivilisten, darunter zehn Kinder zwischen 13 und 17 Jahren, sowie einen Journalisten. Zahlreiche weitere Zivilisten wurden verletzt. Bei den insgesamt drei Angriffen in der Gegend von Jouhr al-Dik im Südosten des Gazastreifens kamen zunächst sechs Kinder durch israelisches Panzerfeuer ums Leben – ’Abdullah Maher Abu Khalil, Tareq Farid Abu Taqiyah, Islam Hussam al-’Issawi, Talha Hani Abu ’Ali, Bayan Sameer al-Khaldi und Mohammed al-’Assar. Danach feuerten israelische Soldaten aus einem Panzer heraus eine mit Pfeilen gefüllte Granate (flechette shell) auf Fadel Shana’ ab, Kameramann der Nachrichtenagentur Reuters, der den Panzer filmte. Er war sofort tot. Eine andere Panzergranate tötete zwei weitere Kinder – Ahmad ’Aref Frajallah und Ghassan Khaled Abu ’Ateiwi. Fünf weitere Kinder wurden verletzt, zwei davon, Ahmad ’Abd al-Majid al-Najjar und Bilal Sa’id ’Ali al-Dhini, starben drei Tage später.

Militärgerichtssystem

Festnahmen Hunderte Palästinenser, darunter auch viele Kinder, wurden von den israelischen Streitkräften in den besetzten Gebieten festgenommen und über längere Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert. Die Mehrzahl der Festgenommenen wurde später ohne Anklage wieder freigelassen, Hunderte klagte man jedoch wegen Sicherheitsvergehen an und stellte sie vor Militärgerichte, deren Prozesse nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprachen. Etwa 8000 Palästinenser, die im Jahr 2008 oder in den Jahren zuvor verhaftet worden waren, saßen Ende des Berichtsjahrs noch immer in Haft. Darunter waren 300 Kinder und 550 Personen, die sich ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in militärischer Verwaltungshaft befanden, viele bereits bis zu sechs Jahre.

  • Salwa Salah und Sara Siureh, zwei 16-jährige Mädchen, wurden im Juni bei sich zu Hause festgenommen und befanden sich Ende 2008 immer noch in Verwaltungshaft.

  • Der zwölfjährige Mohammed Khawajah war am 11. September 2008 um 3 Uhr nachts von israelischen Soldaten im Haus seiner Familie im Dorf Ni’lin festgenommen worden. Er wurde geschlagen und zusammen mit Erwachsenen in einem Gefangenenlager der Armee inhaftiert. Am 15. September wurde er gegen Kaution freigelassen. Man beschuldigte ihn, Steine auf Soldaten geworfen zu haben, und stellte ihn vor ein Militärgericht.

  • Mehrere Parlamentarier der Hamas und Minister der ehemaligen Hamas-Regierung in den Palästinensischen Autonomiegebieten blieben auch zwei Jahre nach ihrer Verhaftung ohne Gerichtsverfahren in Haft. Die israelischen Behörden hielten sie offenbar fest, um Druck auf die Hamas auszuüben, einen israelischen Soldaten freizulassen, der 2006 vom bewaffneten Flügel der Hamas entführt worden war und noch immer im Gazastreifen festgehalten wurde.

Fast alle palästinensischen Gefangenen wurden in Gefängnissen in Israel festgehalten. Dies stellt einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar, das die Überstellung von Inhaftierten auf das Gebiet der Besatzungsmacht untersagt. Familienbesuche wurden dadurch erschwert bzw. unmöglich gemacht.

Verbot von Familienbesuchen Etwa 900 palästinensische Gefangene aus dem Gazastreifen durften bereits im zweiten Jahr in Folge nicht von ihrer Familie besucht werden. Auch vielen Verwandten von palästinensischen Gefangenen aus dem Westjordanland wurde aus nicht näher erläuterten "Sicherheitsgründen" eine Besuchserlaubnis verweigert. Zahlreiche Eltern, Ehepartner und Kinder von Gefangenen hatten ihre inhaftierten Angehörigen bereits seit über fünf Jahren nicht mehr sehen können. Israelische Gefangene unterlagen keinen derartigen Beschränkungen.

Freilassungen von Gefangenen Im Juli ließen die israelischen Behörden fünf libanesische Gefangene frei. Einer von ihnen war seit 1979 inhaftiert, die vier anderen waren während des Kriegs im Jahr 2006 gefangen genommen worden. Die Behörden gaben außerdem die Leichname von 199 weiteren Libanesen und Palästinensern zurück, die in den vergangenen Jahren von israelischen Streitkräften getötet worden waren. Im Gegenzug wurden die sterblichen Überreste von zwei israelischen Soldaten übergeben, die im Juni 2006 von der Hisbollah getötet worden waren. Im August und Dezember ließen die israelischen Behörden rund 430 palästinensische Gefangene frei. Dies wurde als Geste des guten Willens gegenüber dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, gewertet.

Folterungen und Misshandlungen

Die Zahl der Berichte über Folterungen und Misshandlungen durch den israelischen Allgemeinen Sicherheitsdienst (General Security Service – GSS) nahm zu. Dies betraf vor allem Verhöre von Palästinensern, die verdächtigt wurden, bewaffnete Übergriffe geplant oder ausgeführt zu haben. Den Berichten zufolge mussten Gefangene über längere Zeiträume gefesselt in schmerzhaften Positionen verharren, durften nicht schlafen oder man drohte, ihren Verwandten etwas anzutun. Schläge und andere Misshandlungen waren während und nach der Verhaftung üblich sowie während des Transports von einem Haftort zum nächsten.

Zunehmende Gewalt durch Siedler

Die gewalttätigen Übergriffe von israelischen Siedlern auf Palästinenser und ihr Eigentum nahmen im gesamten Westjordanland insbesondere im letzten Quartal 2008 erheblich zu. Die Angriffe fanden vor allem während der Olivenernte statt und als die israelischen Streitkräfte versuchten, ein Haus zu räumen, das von Siedlern in Hebron besetzt worden war. Die Siedler, die solche Überfälle ausführten, waren häufig bewaffnet. Im Dezember schoss ein Siedler in Hebron auf zwei Palästinenser und verletzte sie.

Straflosigkeit

Israelische Militärrichter ordneten nur in seltenen Fällen Untersuchungen an, wenn palästinensische Gefangene während ihrer Prozesse vor den Militärgerichten angaben, sie seien gefoltert oder misshandelt worden. Soweit bekannt, wurde kein GSS-Beamter wegen Folterung von Palästinensern strafrechtlich verfolgt. Im Oktober reichten zwei israelische Menschenrechtsorganisationen bei Gericht eine Petition ein, in der das Justizministerium aufgefordert wurde, darzulegen, wie mit Folter- und Misshandlungsvorwürfen verfahren wird, die palästinensische Gefangene gegen den GSS erheben.

Israelische Soldaten und Angehörige der Sicherheitskräfte sowie israelische Siedler genossen in der Regel Straffreiheit, wenn sie schwere Menschenrechtsverstöße gegen Palästinenser verübten, wie ungesetzliche Tötungen, tätliche Angriffe und Übergriffe auf ihr Eigentum. Nur in wenigen Fällen fanden Ermittlungen statt, und diese wurden in der Regel aus "Mangel an Beweisen" eingestellt.

Strafverfolgungsmaßnahmen waren selten und beschränkten sich auf Ereignisse, die von Menschenrechtsorganisationen oder den Medien aufgegriffen worden waren. In solchen Fällen wurden Soldaten, denen ungesetzliche Tötungen von Palästinensern zur Last gelegt wurden, lediglich wegen Totschlags und nicht wegen Mordes angeklagt. Soldaten und Siedler, die wegen Misshandlungen von Palästinensern vor Gericht standen, erhielten im Allgemeinen sehr milde Strafen.

  • Ein Soldat, der einen palästinensischen Demonstranten im Juli 2008 in den Fuß geschossen hatte, während dieser mit verbundenen Augen und Handschellen vom Vorgesetzten des Soldaten festgehalten worden war, wurde lediglich wegen "ungebührlichen Verhaltens" belangt. Im September wies der Oberste Militärstaatsanwalt eine Empfehlung des Strafgerichts zurück, eine schwerwiegendere Anklage zu erheben.

Zerstörung von Häusern und Ausweitung illegaler Siedlungen

In den ersten Tagen während der Militäroffensive, die am 27. Dezember 2008 begann, zerstörten israelische Streitkräfte zahlreiche palästinensische Häuser, Fabriken und andere zivile Gebäude im Gazastreifen und radierten ganze Stadtviertel aus. Im Westjordanland und in Ost-Jerusalem rissen sie zahlreiche palästinensische Häuser ab. Familien wurden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, und wurden obdachlos. Die israelischen Behörden gaben an, die Häuser seien zerstört worden, weil keine Baugenehmigungen vorgelegen hätten. Diese waren den palästinensischen Bewohnern jedoch zuvor systematisch verweigert worden. Gleichzeitig forcierte die israelische Regierung die Ausweitung der israelischen Siedlungen auf unrechtmäßig beschlagnahmtem palästinensischem Land und verstieß so gegen das Völkerrecht.

  • Im Februar und März 2008 zerstörten israelische Streitkräfte mehrere Häuser und Viehställe in Hadidiya, einem kleinen Dorf im Jordantal im Westjordanland. Etwa 65 Angehörige der Familien Bisharat und Bani Odeh wurden obdachlos, darunter 45 Kinder.

  • Im März 2008 rissen israelische Soldaten die Häuser von mehreren Familien in den Dörfern Qawawis, Imneizil, al-Dairat und Umm Lasafa im Bezirk Hebron ab. Die meisten der nunmehr Obdachlosen waren Kinder. Unter den Betroffenen, die ihre Häuser verloren, waren auch drei Brüder, Yasser, Jihad Mohammed und Isma’il al-’Adra, ihre Frauen und ihre insgesamt 14 Kinder.

  • Im nahe gelegenen Umm al-Khair zerstörten israelische Streitkräfte im Oktober 2008 die Häuser von 45 Angehörigen der al-Hathaleen-Familie, von denen die meisten Kinder waren.

Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten

Im August führte die israelische Armee zahlreiche Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten zwangsweise nach Ägypten zurück. Sie erhielten keine Gelegenheit, gegen den Beschluss Rechtsmittel einzulegen. Die Abschiebung erfolgte, obwohl ihnen in Ägypten oder ihren Heimatländern Eritrea, Somalia und Sudan möglicherweise schwere Menschenrechtsverletzungen drohten.

Israelische Wehrdienstverweigerer

In der zweiten Hälfte des Jahres 2008 stieg die Zahl der inhaftierten Wehrdienstverweigerer in Israel spürbar an. Sie hatten den Wehrdienst aus Protest gegen die Besetzung der palästinensischen Gebiete durch israelisches Militär verweigert. Mindestens sieben junge Männer und Frauen wurden kurzzeitig inhaftiert, zwei von ihnen waren am Jahresende immer noch im Gefängnis. Die meisten anderen wurden schließlich als "untauglich" eingestuft und vom Wehrdienst befreit.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Delegationen von Amnesty International statteten Israel und den besetzten Gebieten von Februar bis Mai Besuche ab.

Israel/Occupied Palestinian Territories: Punitive restrictions – families of Palestinian detainees denied visits (MDE 15/006/2008).

Israel/Occupied Palestinian Territories: Gaza blockade – collective punishment (MDE 15/021/2008)

Israel/Occupied Palestinian Territories: Under threat – the West Bank village of ’Aqaba (MDE 15/022/2008)

Israel/Occupied Palestinian Territories: Submission to the UN Universal Periodic Review (MDE 15/029/2008)

Israel/Occupied Palestinian Territories: Briefing to the Committee against Torture (MDE 15/040/2008)

Israel/Occupied Palestinian Territories: Health Professionals Action – Crushing the right to health: Gaza (MDE 15/044/2008)

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