Amnesty Report Afghanistan 25. Mai 2009

Afghanistan 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Islamische Republik Afghanistan Staats- und Regierungschef: Hamid Karzai Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 28,2 Mio. Lebenserwartung: 42,9 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 232/237 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 28%

In den Regionen im Süden und Osten Afghanistans, die von Taliban, anderen aufständischen Gruppen und vermeintlich mit der Regierung verbündeten örtlichen Milizen terrorisiert wurden, lebten Millionen von Menschen in permanenter Unsicherheit. Ihr ohnehin beschränkter Zugang zu Nahrungsmitteln, Gesundheitsdiensten und Schulbildung wurde durch willkürliche Angriffe, Entführungen und gezielte Übergriffe auf die Zivilbevölkerung, die 2008 ein bislang ungekanntes Ausmaß erreichten, zusätzlich erschwert. Die Taliban und andere oppositionelle Gruppen weiteten ihre Angriffe erheblich aus und operierten in mehr als einem Drittel des Landes, auch in Gebieten in der Mitte und im Norden, die früher als sicher galten. Die zunehmenden militärischen Auseinandersetzungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppen und US-amerikanischen Truppen bzw. NATO-Einheiten kosteten über 2000 Zivilisten das Leben. Die Regierung war nicht einmal in den von ihr kontrollierten Gebieten in der Lage, für rechtsstaatliche Verhältnisse zu sorgen und die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

Hintergrund

Im Januar bestätigte der Gemeinsame Koordinierungs- und Überwachungsausschuss für den Wiederaufbau Afghanistans (Joint Coordination and Monitoring Board – JCMB), dass bei der Umsetzung des Aktionsplans für Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit kaum Fortschritte erzielt wurden. In dem 2005 vereinbarten Aktionsplan wurde die afghanische Regierung aufgefordert, alle für Menschenrechtsverstöße verantwortlichen Personen aus Führungspositionen zu entfernen, die staatlichen Institutionen zu reformieren und ein System zu schaffen, das Verstöße ahndet.

In seinem jährlichen Bericht im März räumte der JCMB ein, dass im Bereich Menschenrechte nur sehr geringe Fortschritte zu verzeichnen waren. Darüber hinaus bestätigte der Ausschuss, dass die politische Kontrolle der staatlichen Ordnungs- und Sicherheitskräfte, vor allem des Geheimdienstes (National Directorate of Security – NDS), nach wie vor unzureichend war.

Im Juni stellte die Regierung eine nationale Entwicklungsstrategie für den Zeitraum bis zum Jahr 2013 vor. Dieser Entwicklungsplan ergänzt den Afghanistan Compact, ein Reformpaket, das die afghanische Regierung im Jahr 2006 mit den Geberländern vereinbart hatte.

Justiz

In den Bereichen Justiz und Sicherheit mangelte es an Personal, an Infrastruktur sowie am politischen Willen, die Menschenrechte zu schützen und zu fördern. Das Justizministerium, das für die Umsetzung und Verbreitung der Menschenrechte zuständig ist, arbeitete nicht im erforderlichen Maße mit der unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission – AIHRC) zusammen. Dadurch blieben die Empfehlungen der Kommission, die z.B. Ermittlungen zu militärischen Operationen forderte, bei denen Zivilisten ums Leben kamen, weitgehend wirkungslos.

Schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Entlohnung und persönliche Gefährdung wurden oft als Gründe dafür genannt, dass Richter, Staatsanwälte und andere Justizbeamte anfällig waren für Bestechung. Diese war nach allgemeiner Einschätzung weit verbreitet. Die Bürger brachten der Justiz kein Vertrauen entgegen, sondern betrachteten sie vielmehr als langsam, ineffektiv und häufig korrupt. Die Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere Frauen, hatte kaum Zugang zu Gerichten und juristischer Unterstützung, weil sie sich die Fahrtkosten und Gerichtsgebühren nicht leisten konnten. Vor allem in ländlichen Gebieten wurden nach wie vor etwa 80% aller Streitigkeiten vor den traditionellen Jirgas und Shuras verhandelt, informellen Stammesgerichten, die parallel zum offiziellen Justizsystem existieren und häufig gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen.

Auch die Prozesse gegen Afghanen, die im Gefangenenlager Guantánamo und auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram bei Kabul inhaftiert waren und zur Strafverfolgung an die afghanische Regierung überstellt wurden, entsprachen weder den nationalen Bestimmungen noch den internationalen Standards für ein faires Verfahren. Sie zeichneten sich vielmehr durch gravierende Mängel aus. So erhielten die Beschuldigten oft keinen Verteidiger und nicht genug Zeit, um ihre Verteidigung vorzubereiten. Es wurden Geständnisse verwendet, die durch Folterungen oder Misshandlung erpresst worden waren. Oder es wurde das Recht verweigert, Beweismittel einzusehen und Zeugen zu befragen. Im März setzte Präsident Hamid Karzai einen Beschwerdeausschuss zur Prüfung von Verfahrensfehlern ein.

Straflosigkeit

Selbst in den von der Regierung kontrollierten Gebieten herrschte auf allen Verwaltungsebenen Straflosigkeit. Es wurden keine wirksamen Maßnahmen getroffen, um Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Nur eine Handvoll derjenigen, die während des 30 Jahre andauernden Konflikts für schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich waren, wurde vor Gericht gestellt, und dies zumeist im Ausland gemäß dem Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit. Zahlreiche regionale Funktionäre und Befehlshaber von Milizen begingen weiterhin Menschenrechtsverletzungen, ohne dafür strafrechtlich verfolgt zu werden.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen durch die Polizei und andere staatliche Sicherheitskräfte, aber auch durch private Milizen, die mit afghanischen und internationalen Sicherheitskräften zusammenarbeiteten, waren weit verbreitet.

Der NDS nahm auch 2008 Tatverdächtige in Haft, ohne ihnen Kontakt zu ihren Angehörigen und Zugang zu einem Anwalt, Gerichten oder anderen Institutionen zu gewähren. Viele Häftlinge wurden gefoltert oder misshandelt, indem man sie z.B. auspeitschte, extremer Kälte aussetzte oder hungern ließ.

Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram und in anderen Einrichtungen der US-amerikanischen Armee wurden über 600 Häftlinge festgehalten, für die weder die Schutzbestimmungen des humanitären Völkerrechts noch afghanische Gesetze galten. Einige von ihnen waren bereits seit mehreren Jahren ohne rechtsstaatliches Verfahren, ohne Zugang zu einem Anwalt und ohne die Möglichkeit der Haftprüfung inhaftiert.

Todesstrafe

Im Jahr 2008 wurden 17 Häftlinge hingerichtet, mindestens 111 weitere befanden sich in den Todeszellen. Der Oberste Gerichtshof bestätigte 131 Todesurteile, die von Gerichten unterer Instanzen verhängt worden waren. Die Bestätigung der Urteile durch Präsident Karzai stand noch aus. Die Prozesse genügten meist nicht den internationalen Standards für ein faires Verfahren. In vielen Fällen hatten die Angeklagten keinen Anwalt bzw. nicht genug Zeit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung. Oft basierten die Urteile auf fragwürdigen Beweisen und es fehlte die Möglichkeit, eigene Zeugen zu benennen und zu befragen.

  • Am 22. Januar 2008 wurde Sayed Parwiz Kambaksh in einem äußerst unfairen Prozess wegen "Blasphemie" zum Tode verurteilt. Das Gericht befand ihn für schuldig, Material zur Rolle der Frau im Islam aus dem Internet heruntergeladen, mit Anmerkungen versehen und in der Universität der nordafghanischen Stadt Balkh verteilt zu haben. Ein Berufungsgericht wandelte das Urteil am 21. Oktober in eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren um.

Im Dezember stimmte Afghanistan in der UN-Generalversammlung gegen eine Resolution zur Einführung eines weltweiten Hinrichtungsmoratoriums.

Menschenrechtsverstöße afghanischer und internationaler Truppen

Die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung nahm seit 2001 kontinuierlich zu – 2008 erwies sich als das bislang blutigste Jahr. Angriffe der Aufständischen forderten die meisten Verletzten in der Zivilbevölkerung, doch etwa 40% (795) der zivilen Opfer waren auf Operationen der afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte zurückzuführen, 30% mehr als die 559 Opfer im Jahr 2007.

Nach mehreren tragischen Vorfällen wurde ernste Besorgnis über die wahllosen und unverhältnismäßigen Luftangriffe laut. Am 6. Juli kamen Berichten zufolge bei Luftangriffen der von den USA angeführten Koalitionsstreitkräfte im Bezirk Deh Bala (Provinz Nangahar) 47 Zivilisten ums Leben, darunter 30 Kinder. Am 21. und 22. August forderten Luftangriffe im Bezirk Shindand (Provinz Herat) 90 Todesopfer in der Zivilbevölkerung, 62 davon waren Kinder.

Im September 2008 überarbeitete die NATO als Reaktion auf Kritik an der hohen Zahl ziviler Opfer erneut ihre Einsatzrichtlinien. Angriffe auf die Bodentruppen sollten demnach nicht in jedem Fall unmittelbar mit Luftschlägen beantwortet werden. Luftangriffe könnten dadurch besser geplant und von höheren Kommandoebenen genehmigt werden.

Einige Familien, die Verwundete oder Todesopfer zu beklagen hatten oder deren Eigentum zerstört worden war, erhielten von den an den Militäroperationen beteiligten Staaten eine finanzielle Entschädigung. Doch richteten weder die afghanischen noch die internationalen Streitkräfte ein systematisches Hilfsprogramm für Menschen ein, die durch ihre Operationen verletzt wurden.

Auch 2008 überstellten die NATO-Truppen und die US-amerikanischen Streitkräfte weiterhin Häftlinge an den afghanischen Geheimdienst, der Menschenrechtsverletzungen wie Folterungen und willkürliche Inhaftierungen beging, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden.

Menschenrechtsverstöße bewaffneter Gruppen

Kriminelle Banden und bewaffnete Gruppen entführten Ausländer und griffen Geschäftsleute, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Lehrer, Schulen und andere Ausbildungseinrichtungen an, um die Lage im Land zu destabilisieren und Entwicklungsfortschritte zu verhindern. Einige der Gruppen sollen mit der Regierung verbündet sein. 78 Mitarbeiter verschiedener NGOs wurden entführt, weitere 31 getötet. Die Taliban und andere aufständische Gruppen suchten sich bei ihren Überfällen und Entführungen immer häufiger gezielt Frauen als Opfer aus.

  • Am 13. August 2008 wurden in der Provinz Lugar drei internationale Mitarbeiter der Hilfsorganisation International Rescue Committee und ihr afghanischer Fahrer von Taliban-Kämpfern getötet. Ein zweiter afghanischer Fahrer wurde schwer verletzt.

  • Am 20. Oktober 2008 wurde in Kabul eine Mitarbeiterin der britischen Hilfsorganisation Christian Aid auf offener Straße von Taliban-Kämpfern erschossen, die auf einem Motorrad an ihr vorbeifuhren.

Bewaffnete Verbrecherbanden entführten angesehene Afghanen, um Lösegeld zu erpressen. Die Fälle wurden fast nie angezeigt, weil die Opfer und ihre Familien Angst vor Vergeltungsmaßnahmen hatten und befürchteten, korrupte Polizeibeamte könnten mit den Tätern gemeinsame Sache machen.

  • Am 19. Oktober 2008 wurde Humayun Shah Asefi, ein Verwandter des 2007 verstorbenen letzten Königs Zahir Shah, in seiner Wohnung in Kabul von bewaffneten Männern entführt. Eine Woche später wurde er von der afghanischen Polizei befreit.

Selbstmordattentate

Selbstmordattentate kosteten 373 Menschen das Leben. Diese Angriffe von Taliban-Kämpfern und anderen Aufständischen zielten vor allem auf Einrichtungen der Armee und der Polizei, oft wurden dabei aber auch viele Zivilisten verwundet oder getötet.

  • Am 17. Februar 2008 sprengte sich in Arghandab in der Provinz Kandahar ein Selbstmordattentäter in unmittelbarer Nähe von rund 500 Zuschauern eines Hundekampfs in die Luft. Bei dem Vorfall wurden etwa 100 Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt.

  • Am 7. Juli 2008 forderte eine Autobombe vor der indischen Botschaft in Kabul 41 Todesopfer, fast 150 Menschen wurden verletzt.

  • Am 30. Oktober 2008 drang ein Selbstmordattentäter der Taliban in das Ministerium für Information und Kultur im Stadtzentrum von Kabul ein, wo er sich in die Luft sprengte und dabei fünf Zivilisten tötete. 21 weitere Menschen trugen Verletzungen davon.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Nachdem die Meinungsfreiheit unmittelbar nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 kurzzeitig aufgeblüht war, wurde sie mittlerweile durch Drohungen und Übergriffe staatlicher und nichtstaatlicher Akteure stark eingeschränkt.

Die Taliban und andere regierungsfeindliche Gruppen gingen massiv gegen Journalisten vor und verhinderten praktisch jede Berichterstattung aus den von ihnen kontrollierten Gebieten.

  • Am 7. Juni 2008 wurde der afghanische Journalist Abdul Samad Rohani, der für die BBC aus der Provinz Helmand berichtete, entführt und einen Tag später erschossen. Er wurde vermutlich umgebracht, weil er zum Thema Drogenhandel recherchiert hatt

  • Im Mai 2008 wurde die 22-jährige Journalistin Nilofar Habibi vor ihrer Haustür von einer Frau mit einem Messer verletzt. Motiv für das Attentat soll ihre Arbeit als Fernsehreporterin gewesen sein.

Staatsorgane, insbesondere der Geheimdienst, und der Rat der Religionsgelehrten, die Ulema, versuchten, die Unabhängigkeit der Medien zu beschneiden.

  • Im Juli 2008 wurde der Moderator des kritischen TV-Magazins Haqiqat (Die Wahrheit), Mohammad Nasir Fayyaz, vom Geheimdienst mit der Begründung festgenommen, er habe Vertreter der Regierung "unzutreffend dargestellt". Mohammad Nasir Fayyaz wurde zwar kurz danach wieder freigelassen, soll aber weiter unter Überwachung des Sicherheitsdienstes stehen.

  • Im September 2008 wurden der Journalist und ehemalige Sprecher des Generalstaatsanwalts, Ahmad Ghous Zalmai, und der Geistliche Mullah Qari Mushtaq zu je 20 Jahren Haft verurteilt, weil sie eine Übersetzung des Korans in die Landessprache Dari ohne arabischen Paralleltext veröffentlicht hatten.

Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Zwar nahmen immer mehr afghanische Frauen aktiv an der Politik und am öffentlichen Leben teil, doch waren ihre Rechte nach wie vor stark eingeschränkt. Sie wurden durch gesellschaftliche Vorurteile an der Ausübung ihrer Rechte gehindert, aber auch durch Gewalt im häuslichen Umfeld und durch bewaffnete Gruppen. Die Zahl der Frauen in hohen Regierungsämtern nahm 2008 ab.

  • Am 28. September 2008 wurde die ranghöchste Polizistin des Landes, Malalai Kakar, vor ihrem Haus im südafghanischen Kandahar von Taliban-Attentätern erschossen.

  • Am 12. November 2008 spritzten in Kandahar zwei Motorradfahrer etwa 15 Mädchen, die auf dem Weg zur Schule waren, mit Wasserpistolen Säure ins Gesicht. Mindestens zwei der Mädchen verloren das Augenlicht, mehrere andere trugen schreckliche Narben davon. Zehn Taliban-Aufständische wurden im Zusammenhang mit dem Anschlag verhaftet.

Frauen litten unter einem hohen Maß an familiärer Gewalt und hatten so gut wie keine Möglichkeit, ihre Rechte vor Gericht einzuklagen. Nach Angaben der afghanischen Menschenrechtskommission AIHRC waren 60 – 80% aller Ehen Zwangsehen. In vielen Fällen wurden auch minderjährige Mädchen verheiratet. Frauen, die flohen, weil man sie misshandelte, wurden häufig inhaftiert und wegen fragwürdiger Straftaten wie "Wohnungsflucht" oder wegen "moralischer" Delikte, die im Strafgesetzbuch nicht erfasst sind, strafrechtlich verfolgt.

Mangelnde humanitäre Versorgung

Die Lage im Süden und Osten des Landes war aufgrund der Angriffe der Taliban und anderer aufständischer Gruppen so unsicher, dass viele Hilfsorganisationen ihre Tätigkeit in diesen Gebieten einstellten. Im August stoppte das International Rescue Committee seine gesamten Hilfsaktivitäten in Afghanistan, nachdem vier Mitarbeiter der Organisation in der Provinz Lugar von Aufständischen getötet worden waren. In der Provinz Kunar hinderte die starke Präsenz der Taliban den UN-Hochkommissar für Flüchtlinge daran, pakistanische Flüchtlinge mit Hilfslieferungen zu versorgen. Diese waren vor Kämpfen zwischen pakistanischen Sicherheitskräften und Pro-Taliban-Milizen in den Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan geflohen.

Recht auf Gesundheit und Bildung

2008 gab es vermehrt Angriffe auf Schulen und Drohungen gegen Lehrpersonal und Schülerinnen vor allem durch die Taliban. Die bewaffneten Auseinandersetzungen verhinderten häufig einen geregelten Unterricht. In den Gebieten, die unter Kontrolle der afghanischen Regierung standen, litten sowohl das Gesundheitssystem als auch das Bildungswesen unter der problematischen Sicherheitslage, unzureichender Finanzierung sowie einem Mangel an qualifiziertem Personal. Aufgrund wachsender Sicherheitsprobleme sah sich das Gesundheitsministerium zur Schließung zahlreicher Ambulatorien gezwungen, die für viele Menschen die einzigen verfügbaren Einrichtungen des Gesundheitswesens darstellten.

Binnenflüchtlinge und Rückkehrer

Die Arbeitsgruppe Binnenflüchtlinge, in der internationale Hilfsorganisationen und die afghanische Regierung zusammenarbeiten, schätzte die Zahl der im Land vertriebenen Menschen auf über 235000. Die Lage der Vertriebenen in den umkämpften Gebieten war katastrophal, weil die in- und ausländischen Hilfsorganisationen kaum bis zu ihnen vordringen konnten.

Nach Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge kehrten 2008 über 276000 afghanische Flüchtlinge, die im Iran und in Pakistan Zuflucht gesucht hatten, in ihre Heimat zurück. Viele der Rückkehrer waren in Afghanistan mit Entbehrungen konfrontiert. Es gab für sie kaum Arbeitsmöglichkeiten und ihr Zugang zu Land, Wohnraum, Trinkwasser, Gesundheitsfürsorge und Bildungseinrichtungen war äußerst beschränkt. Einige Rückkehrer wurden erneut zu Binnenflüchtlingen, weil die örtlichen Machthaber ihr früheres Eigentum beschlagnahmt hatten.

Im September 2008 flohen mehr als 20000 Menschen aus Pakistan in den Osten Afghanistans. Sie versuchten den Kämpfen zwischen pakistanischen Sicherheitskräften und Pro-Taliban-Milizen in den Stammesgebieten an der afghanischen Grenze zu entkommen.

Amnesty International: Berichte

Afghanistan: Prisoner of conscience sentenced to death for downloading and distributing materials from the internet (ASA 1/001/2008) Afghanistan: Women human rights defenders continue to struggle for women’s rights (ASA 11/003/2008) Afghanistan: Arms proliferation fuels further abuse (ASA 11/004/2008) Afghanistan: Death Penalty: Around 100 unnamed individuals sentenced to death (ASA 11/005/2008) Afghanistan: Civilians suffer the brunt of rising suicide attacks (ASA 11/006/2008) Afghanistan: No more empty promises in Paris (ASA 11/007/2008) Afghanistan: Further Information on Death Penalty: Sayed Perwiz Kambakhsh (ASA 11/013/2008) Afghanistan: Submission to the UN Universal Periodic Review – Fifth Session of the UPR Working Group of the Human Rights Council, May 2009 (ASA 11/014/2008) Afghanistan: Stop Move Toward Wide Use of Executions (12 November 2008)

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