Aktuell Kultur Griechenland 31. Mai 2023

Steinzeit in Moria

Das Bild zeigt Kinder, die einen Film anschauen

Still aus dem Dokumentarfilm "Picknick in Moria"

Der Dokumentarfilm "Picknick in Moria" ist ein Statement gegen die Hoffnungslosigkeit von Schutzsuchenden, die in den Randzonen der EU landen.

Von Jürgen Kiontke

Talibshah Hosini ist ein TV-Regisseur und Theaterschauspieler, der aus seiner Heimatstadt Kabul flüchten musste. Es wurde für ihn dort zu gefährlich, weil er sich in seinen Videos kritisch über die Taliban geäußert hatte. Er und seine Familie landen 2020 auf der griechischen Insel Lesbos im Flüchtlingslager Moria, das zu einem Sinnbild für die Härten der europäischen Asylpolitik wurde. Dort geht nichts vorwärts. Wie vielen anderen drückt man ihm den roten Stempel auf die Papiere – sein Asylantrag wurde abgelehnt. Nichtsdestotrotz beginnt er mit dem, was er kann: Dreharbeiten im Flüchtlingslager. "Kino berührt die Menschen auf der ganzen Welt", ist er sich sicher.

Trailer des Dokumentarfilms "Picknick in Moria":

YouTube freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu YouTube her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Die litauische Filmemacherin Lina Lužytė begleitete Hosinis Dreharbeiten ihrerseits mit der Kamera. Wie leben die Menschen, die in seinem Film zu Wort kommen? Einer der internierten Männer züchtet Tomaten: "Es tut gut, etwas Grünes zu sehen." Ein anderer berichtet über die verschiedenen Möglichkeiten, eine Dusche zu bauen. Sind das Nebensächlichkeiten? Nein: In dem für 2.500 Menschen ausgelegten Lager leben zum Zeitpunkt des Films 13.000. Die Infrastruktur ist längst zusammengebrochen. "Wir sind in der Steinzeit gelandet", sagt Hosini. Nun warten die Geflüchteten darauf, "was Gott sagt – und dann die EU-Behörden".

Verzweiflung und Suizidpläne machen sich breit. Gegen alle Widrigkeiten bringt der Regisseur sein Werk zur Aufführung, einen Film mit und über diejenigen, die in Moria leben. Dann bricht ein Feuer aus, und das Lager wird geräumt. Es wird zwar schleunigst ein neues eingerichtet, doch werden im Zuge dessen auch viele Asylanträge anerkannt.

Sie wolle mit ihrem Meta-Film den Schmerz und die Angst der Geflüchteten ins Bewusstsein bringen, sagte die Filmemacherin Lužytė. "Um den Blick zu erweitern und sie nicht als Empfänger von Almosen darzustellen, sondern als Menschen, die etwas zu sagen haben."

"Picknick in Moria" ist ein Statement gegen die Hoffnungslosigkeit der Menschen, die in den Randzonen der EU landen.

"Picknick in Moria". D 2022. Regie: Lina Lužytė. Ab 8. Juni in den Kinos

Weitere Artikel