Aktuell 17. Januar 2017

Angriffe auf Studierende aus Darfur stoppen!

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18. Januar 2017 – Von Sicherheitsbeamten mit Eisenstange und Gewehrkolben zu Tode geprügelt oder gefoltert und vergewaltigt: Politisch motivierte, gewaltsame und auch tödliche Angriffe auf Studierende aus Darfur reißen nicht ab. Ein Amnesty-Bericht fordert die sudanesische Regierung zum Handeln auf.

 

Im Sudan reißt die Welle von Angriffen auf Studierende aus Darfur nicht ab. Im aktuellen Amnesty-Bericht "Uninvestigated, Unpunished – Human Rights Violations against Darfuri Students in Sudan" werden Vorfälle aus den zurückliegenden drei Jahren dokumentiert. Verantwortlich für die Menschenrechtsverletzungen gegenüber Studierenden sind vornehmlich Angehörige des sudanesischen Geheimdienstes (NISS) sowie studentische Unterstützerinnen und Unterstützer der Regierungspartei "Nationale Kongresspartei" (NCP).

"Zahlreiche Studierende sind seit 2014 vom Studium ausgeschlossen, verletzt oder gar getötet worden, weil sie öffentlich die Menschenrechtsverletzungen in Darfur angeprangert haben", sagt Muthoni Wanyeki, Regionaldirektorin für Ostafrika bei Amnesty International: "Seit Ausbruch des Konflikts in Darfur im Jahr 2003 werden Studierende aus dieser Region festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt, sodass sie ihr Studium häufig nicht fortsetzen können."

Mit Eisenstange und Gewehrkolben

Immer wieder enden die Übergriffe tödlich, wie im Fall von Salah al-Din Qamar Ibrahim: Am 31. Januar 2016 griff der NISS gemeinsam mit studentischen Unterstützerinnen und Unterstützern der Regierungspartei ein friedliches Seminar an der Universität von Al-Dschunaina an. Das Seminar hatten Studierende mit Verbindungen zur bewaffneten Oppositionsgruppe "Sudan Liberation Movement/Abdul Wahid Al Nur" organisiert.

Einer der angegriffenen Studierenden war Salah al-Din Qamar Ibrahim. Er starb einem Augenzeugen zufolge, weil ein Sicherheitsbeamter ihm Kopfverletzungen mit einer Eisenstange und einem Gewehrkolben zufügte. Er hatte im vierten Jahr Wirtschaftswissenschaften studiert. Einige weitere Studierende wurden schwer verletzt.

In einem anderen Vorfall aus dem Jahr 2014 wurde Salma (Name aus Sicherheitsgründen geändert), Mitglied einer Vereinigung von darfurischen Studentinnen an der Universität Khartum, zweimal festgenommen: Salma hatte sich an Kampagnen gegen die Zwangsräumung eines Wohnhauses für darfurische Studentinnen beteiligt.

Unter Drogen gesetzt und vergewaltigt

Bei ihrer ersten Festnahme und Vernehmung im März 2014 beleidigten die Sicherheitskärfte sie, folterten sie mit Elektroschocks und schlugen sie mit Schlagstöcken, Gewehrkolben, Rohren und Stöcken. Als sie im Oktober 2014 zum zweiten Mal ins Visier der Behörden geriet, wurde sie unter Drogen gesetzt und im Büro des Geheimdienstes in Khartum von vier Beamten vergewaltigt.

"Als ich aufgewacht bin, lag ich nackt auf dem Bett. Alle vier Beamte standen um mich herum und sahen mich an, und einer von ihnen zeigte mir dann ein Video, in dem zu sehen war, wie sie mich vergewaltigten", sagte sie gegenüber Amnesty International. Sie lebt mittlerweile im Exil.

Abdel, ebenfalls Student, wurde im Januar 2016 festgenommen, als Sicherheitskräfte und studentische Unterstützerinnen und Untersützer der Regierungspartei mit Messern, Eisenstangen und Maschinengewehren eine friedliche Protestveranstaltung von Studierenden aus Darfur an der Universität von Al-Dschunaina auflösten. Er berichtete: "Sie schlugen mich erbarmungslos mit einem schwarzen Plastikrohr am ganzen Körper, auf den nackten Rücken und die Füße."

Die sudanesische Regierung muss politisch motivierte und teils tödliche Angriffe auf Studierende aus Darfur endgültig beenden. "Diese vorsätzlichen und verachtenswerten Angriffe auf Studierende sind absolut untragbar und müssen unverzüglich gestoppt werden," sagt Amnesty-Expertin Muthoni Wanyeki.

Flucht ins Exil

Vertreterinnen und Vertreter von Amnesty International sprachen zwischen Oktober 2015 und Oktober 2016 für den Bericht mit 84 Personen, darunter 52 Studierende an 14 Universitäten im ganzen Land und 32 Anwältinnen und Anwälte, Aktivistinnen und Aktivisten, Journalistinnen und Journalisten und Akademikerinnen und Akademiker. Die meisten der Studierenden befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Exil, nachdem sie im Sudan von ihrem Studium ausgeschlossen oder anderweitig verfolgt worden waren.

Manche von ihnen sagten gegenüber Amnesty International, dass ihre Angreiferinnen und Angreifer ihnen vorgeworfen hätten, bewaffnete Gruppen zu unterstützen, welche die Regierung stürzen wollen – eine Anschuldigung, die sie von sich weisen. Andere gaben an, ins Visier geraten zu sein, weil sie gefordert hatten, dass eine Maßnahme für das Erlassen von Studiengebühren für darfurische Studierende vollständig umgesetzt wird. Die sudanesische Regierung hatte dieser Maßnahme in Friedensgesprächen mit bewaffneten Gruppen aus Darfur 2006 und 2011 zugestimmt.

"Es darf nicht sein, dass die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit von Studierenden aus Darfur auf diese Weise unterdrückt werden, und ihre Universitätsbildung derart unterbrochen wird. Die Regierung muss diese Vorfälle eingehend untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Gleichzeitig müssen die Betroffenen Zugang zu wirksamen Rechtsbehelfen und auch umfassender Entschädigung haben", so Muthoni Wanyeki. "Darüber hinaus muss die Regierung Maßnahmen ergreifen, um die ausufernden Befugnisse des Geheimdienstes zur Festnahme und Inhaftierung von Personen zu beschneiden. Es muss außerdem ein wirksamer Kontrollmechanismus eingeführt werden, um diesen abscheulichen Praktiken der Sicherheitskräfte einen Riegel vorzuschieben."

Hier können Sie den vollständigen Bericht "Uninvestigated, Unpunished – Human Rights Violations against Darfuri Students in Sudan" auf Englisch und Arabisch als PDF-Datei herunterladen

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