Aktuell Mexiko 28. August 2013

Stoppt das Verschwindenlassen in Mexiko!

Internationaler Tag gegen das "Verschwindenlasssen"
Mütter von Verschwundenen demonstrieren in Mexiko-Stadt am 10. Mai 2012

Mütter von Verschwundenen demonstrieren in Mexiko-Stadt am 10. Mai 2012

30. August 2013 - Das Verschwindenlassen von Personen ist in Mexiko zur Normalität geworden. Die Behörden bleiben untätig, oft sind die staatlichen Sicherheitskräfte direkt verantwortlich.

Am 19. August 2013 forderte Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International, den mexikanischen Präsidenten Peña Nieto als Oberbefehlshaber der mexikanischen Streitkräfte in einem offenen Brief dazu auf, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass Staatsbedienstete keine Menschenrechtsverletzungen wie Verschwindenlassen mehr begehen.

In diesem konkreten Fall waren seit dem 29. Juli 2013 insgesamt vier Menschen Opfer von Verschwindenlassen durch Angehörige der mexikanischen Marine geworden. Der Präsident müsse garantieren, dass sofort unabhängige und umfassende Ermittlungen eingeleitet werden. Die Opfer sollten wenn möglich lebend gefunden, die Taten aufgeklärt und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.

Erst im Juni 2013 veröffentlichte Amnesty International einen Bericht über Verschwindenlassen in Mexiko. Aus diesem geht hervor, dass in Mexiko jeder in Gefahr schwebt, zum Opfer dieses Verbrechens zu werden. Verantwortlich sind kriminelle Individuen oder Banden, oft aber auch Angehörige mexikanischer Behörden. Der Tatbestand des Verschwindenlassens definiert sich wie folgt:

Verschwindenlassen [bedeutet] die Festnahme, den Entzug der Freiheit, die Entführung oder jede andere Form der Freiheitsberaubung durch Bedienstete des Staates oder durch Personen oder Personengruppen, die mit Ermächtigung, Unterstützung oder Duldung des Staates handeln, gefolgt von der Weigerung, diese Freiheitsberaubung anzuerkennen, oder der Verschleierung des Schicksals oder des Verbleibs der verschwundenen Person, wodurch sie dem Schutz des Gesetzes entzogen wird. (Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen)

Die mexikanische Regierung hat anerkannt, dass in den letzten sechs Jahren mindestens 26.000 Personen als verschwunden oder vermisst gemeldet wurden. Die neuen von Amnesty International dokumentierten Fälle zeigen, dass die Opfer aus verschiedenen sozialen Hintergründen und Berufen kommen. Die meisten Opfer sind männlich und zwischen 17 und 50 Jahren alt. Viele wurden während alltäglicher Reisen durch bewaffnete Personen oder an Kontrollpunkten von Sicherheitskräften angehalten. Einige haben nur kurz ihr Zuhause verlassen, um Freunde zu besuchen oder einkaufen zu gehen, sind aber nie zurückgekehrt. In einigen Fällen waren Beamte oder Soldaten involviert oder wurden selbst zum Opfer.

Bereits seit Jahren setzt sich Amnesty International in diesem Zusammenhang gegen das Verschwindenlassen von nicht dokumentierten Migrantinnen und Migranten ein, die auf ihrem Weg durch Mexiko in die USA sind. Es gibt keine genauen Daten über Bevölkerungsbewegungen durch Mexiko in die USA, da Migrantinnen und Migranten, die ohne Papiere durch Mexiko reisen, bei der Einreise nicht dokumentiert werden. Sie werden oft als illegal oder irregulär bezeichnet.

In Wahrheit sind diese Bevölkerungsbewegungen alles andere als irregulär, da sich die Zahl der vorrübergehend inhaftierten Migrantinnen und Migranten im Jahr 2012 auf 88.501 erhöht hat. Diese Menschen werden auf vielfältige Art und Weise illegalisiert, da Menschenrechtsverletzungen wie sexuelle Gewalt, erzwungene Rekrutierung als Arbeitskräfte für das organisierte Verbrechen, Menschenhandel und Mord ohne Kontrolle weitergehen. Beleg für diese systematischen Menschenrechtsverletzungen sind neben den Aussagen der Migrantinnen und Migranten die Zahlen der nationalen Menschenrechtskommission (CNDH), die 2011 über 11.000 entführte Migrantinnen und Migranten innerhalb von sechs Monaten dokumentierte. Die Straflosigkeit für diese gravierenden Missbrauchsfälle bleibt Normalität.

Die Fotowanderausstellung "Unsichbare Opfer – Migrantinnen und Migranten auf ihrem Weg durch Mexiko" von Amnesty International Deutschland veranschaulicht die Reise und das Schicksal dieser Menschen. Weitere Informationen, Videos und Termine unter:

http://unsichtbareopfer.wordpress.com/

Auch wenn die mexikanische Regierung das Ausmaß der Fälle von Verschwindenlassen teilweise anerkannt hat, muss auch die Beteiligung nationaler, bundesstaatlicher und lokaler Polizeibeamte in vielen der Fälle anerkannt werden. Die Beteiligung der Behörden an diesen Verbrechen macht das Verschwindenlassen zu einer Verletzung von internationalem Recht.

Das systematische Versagen effektive Ermittlungen einzuleiten stellt ebenfalls einen Bruch mit internationalem Recht dar und verspielt die Möglichkeit, die Verschwundenen zu finden bzw. zu retten. Darüber hinaus verschleiert die Nachlässigkeit der Behörden die wirkliche Anzahl der Fälle.

Die von der Regierung unternommenen Schritte und das Versprechen, eine spezielle Einheit zur Suche der Verschwundenen ins Leben zu rufen, sind unzureichend. Das Einsetzen von zwölf Ermittlern kann den tausenden von Fällen nicht gerecht werden und zeigt den fehlenden politischen Willen, dieser nationalen Krise entgegen zu treten. Dabei ist es essentiell, dass die mexikanische Regierung sich diesem Albtraum stellt und Opfer sowie Menschenrechtsorganisationen in einen Prozess der Entwicklung und Umsetzung öffentlicher Politik einbindet, die durch Vertreter des Staates auf allen Ebenen durchgesetzt werden muss.

Werden Sie aktiv!

Beteiligen Sie sich an diesen "Urgent Actions" und setzen Sie sich für Menschen ein, die in Mexiko verschleppt wurden!

Urgent Action: Sorge um "Verschwundenen"

Urgent Action: Drei Personen verschleppt

Oder beteiligen Sie sich an den Online-Aktionen von Amnesty International (auf Spanisch):

Hier klicken: http://www.alzatuvoz.org/hastaencontrarles/

Hier klicken: http://alzatuvoz.org/marina/

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