Aktuell Russische Föderation 01. November 2013

Russland: Erschreckendes Urteil soll Regimekritiker zum Schweigen bringen

Kosenko wurde festgenommen, nachdem er an einer Demonstration auf dem Bolotnaja-Platz im Mai 2012 teilgenommen hatte

Kosenko wurde festgenommen, nachdem er an einer Demonstration auf dem Bolotnaja-Platz im Mai 2012 teilgenommen hatte

08. Oktober 2013 - Das heutige Urteil eines Moskauer Gerichts, Mikhail Kosenko in eine psychiatrische Einrichtung zwangseinweisen zu lassen ist eine erschreckende Rückkehr zu Praktiken aus der Sowjetära, Dissidenten mundtot zu machen, so Amnesty International.

"Mikhail Kosenko in eine Psychiatrie zwangseinzuweisen erinnert an die schlimmsten Zeiten der ehemaligen Sowjetunion, als Andersdenkende in psychiatrischen Anstalten dahinsiechten und wie psychisch Kranke behandelt wurden, nur weil sie sich trauten auszusprechen, was sie dachten", sagte John Dalhuisen, Amnesty-Programmdirektor für Europa und Zentralasien.

"Mikhail Kosenko ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der nur hinter Gittern ist, weil er sein Recht zum Protest auf friedliche Weise wahrnahm. Er sollte auf der Stelle freigelassen werden."

Kosenko war festgenommen worden, nachdem er an einer Demonstration auf dem Bolotnaja-Platz im Mai 2012 teilgenommen hatte, bei der es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen war. Er wurde angeklagt, sich an Massenunruhen beteiligt und Gewalt gegen Polizisten angewendet zu haben.

Zur Zeit der Urteilsverkündung demonstrierten Dutzende von Menschen friedlich vor dem Gerichtsgebäude und riefen Kosenkos Namen und "Freiheit". Berichten zufolge wurden dabei mindestens acht Menschen willkürlich festgenommen.

"Unfreiwillige psychiatrische Behandlung sollte nur in Fällen von schweren psychischen Erkrankungen und wenn die betreffende Person eine unmittelbare Gefahr für sich oder Andere darstellt, angeordnet werden," sagte John Dalhuisen.

"Bei Mikhail Kosenko ist das nicht der Fall. Er ist zu einer Zwangsbehandlung verurteilt worden, nachdem der Richter eine unabhängige Untersuchung seines Gesundheitszustandes abgelehnt hatte. Dies ist ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren."

Das Urteil bedeutet, dass Kosenko seine Freiheit auf unbestimmte Zeit verlieren könnte. Er könnte so auch nicht in Genuss etwaiger Amnestien kommen, die anderen Angeklagten im sogenannten Bolotnaja-Fall gewährt werden könnten.

Das Urteil erging auf Antrag der Staatsanwaltschaft, die argumentiert hatte, dass Kosenko eine Gefahr für sich selbst und die Gesellschaft darstelle. Sie stützte sich dafür auf ein medizinisches Gutachten, das von ihr in Auftrag gegeben worden war und hielt die Tatvorwürfe gegen Kosenko für erwiesen.

Amnesty International war bei den Verhandlungen anwesend und kam zu dem Schluss, dass die Schuld des Angeklagten nicht bewiesen werden konnte. Im Gegenteil ergaben sich aus Beweismitteln wie Filmmaterial und den Aussagen von Augenzeugen überzeugende Beweise dafür, dass ihm die angeklagten Straftaten zu Unrecht zur Last gelegt wurden.

Amnesty hat sich darüber besorgt gezeigt, dass Polizeibeamte als Hauptzeugen auftraten und auf Widersprüche bei den Zeugenaussagen hingewiesen.

Mikhail Kosenko leidet seit längerem an einer psychischen Krankheit, die aber weder Zwangseinweisungen erforderlich machte, noch jemals zu der Einschätzung geführt hatte, dass er sich oder andere ernsthaft gefährde.

"Es handelt sich um ein entsetzlich ungerechtes Urteil und eine bedenklich grausame Strafe für einen friedlichen Demonstranten. Man fragt sich, wohin diese Farce noch führt, wenn man bedenkt, dass die meisten "Bolotnaja-Angeklagten" nach wie vor auf ihr Urteil warten," sagte John Dalhuisen.

Weitere Artikel