Aktuell Europa und Zentralasien 24. März 2010

Griechenland: Unmenschliche Behandlung von Asylbewerbern

Amnesty Bericht
Europa muss Verantwortung für Flüchtlinge in Griechenland übernehmen

Flüchtlinge zelten im März 2016 in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze

In Griechenland werden Flüchtlinge teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten, sie haben keine Chance auf ein faires Asylverfahren und sind in Gefahr, in Länder abgeschoben zu werden, in denen ihnen Folter und Verfolgung drohen. Das belegt ein Bericht des Amnesty EU-Büros zur Situation der Flüchtlinge in Griechenland.

Die Organisation fordert die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) auf, die Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Griechenland sofort zu stoppen. "Die Situation für Flüchtlinge in Griechenland ist katastrophal", sagte Julia Duchrow, Asyl-Expertin von Amnesty International Deutschland. "Die Regierung in Athen versagt beim Flüchtlingsschutz auf ganzer Linie."

Deutschland hat 2009 mehr als 200 Flüchtlinge nach Griechenland zurückgeführt. "Die Bundesregierung schickt Asylsuchende nach Griechenland, obwohl das Bundesverfassungsgericht in einigen Verfahren die Rückführungen vorerst gestoppt hat", so Amnesty-Expertin Duchrow. "Dies zeigt, dass die EU die Regelung von Zuständigkeiten für Asylverfahren dringend überarbeiten muss."

Vertragsstaaten, die im Rahmen des Dublin-Abkommens AsylwerberInnen in ein Land senden, das deren Rechte nicht effektiv schützen kann oder will, riskieren damit, ihre eigenen menschen- und völkerrechtlichen Verpflichtungen zu verletzen. Die Dublin II Verordnung ist eine Regelung, die bestimmt, welches Mitgliedsland für einen Asylantrag innerhalb der EU verantwortlich ist. Demnach müssen die Asylsuchenden normalerweise in das Land überstellt werden, das sie bei ihrer Ankunft in Europa zum ersten Mal betreten haben. Diese Regelung funktioniert allerdings unter der Annahme, dass alle Länder die selben Standards zum Schutz von AsylwerberInnen haben.

Lesen Sie hier den Amnesty-Bericht "The Dublin II trap - Transfers of asylum-seekers to Greece" (PDF, englisch, 57 Seiten)

Hintergrundinformationen

Der Großteil der gemäß Dublin II überstellten AsylwerberInnen nach Griechenland wird nach ihrer Ankunft am Athener Flughafen automatisch unter völlig inadäquaten Verhältnissen festgehalten. Im Anschluss haben zahlreiche von ihnen, darunter auch Familien mit Kindern, keinen Zugang zu angemessenen Wohnmöglichkeiten und leben auf der Straße oder bei Freunden. Folge sind ein mangelhafter Zugang zu Asylverfahren sowie Erhöhung der Gefahr von Abschiebehaft, Ausweisung und "Refoulement",der Abschiebung in ein Land, wo ihnen Folter, Verfolgung oder Tod drohen.

Diese Gefahren sind vor allem auf schwerwiegende Mängel im griechischen Asylsystem zurückzuführen. AsylbewerberInnen haben kaum Zugang zu Asylverfahren und Asylanträge werden nicht fair geprüft. Es gibt weder ein spezialisiertes und kompetentes Organ, das über die Anträge entscheidet, noch werden die AsylbewerberInnen qualifiziert über das Verfahren informiert, DolmetscherInnen gibt es kaum. Dies führt zu einer extrem niedrigen Zahl von Asylanerkennungen: 2007 wurden in erster Instanz bei 20.684 Asylanträgen in nur acht Fällen Asyl gewährt, im Jahr 2008 bei 29.573 Asylanträgen in 14 Fällen und im Jahr 2009 bei rund 20.000 Anträgen in 20 Fällen.

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