Blog Deutschland 20. Juni 2016

"Alle haben einen Platz in diesem Land!"

Kilometerlanges Zeichen für Vielfalt und gegen Hass: Menschenkette in Berlin am 19. Juni 2016.

Hand in Hand gegen Rassismus – unter diesem Motto gingen am Wochenende bundesweit mehr als 40.000 Menschen auf die Straße, um anlässlich des Weltflüchtlingstages gemeinsam Menschenketten zu bilden. Dazu aufgerufen hatten Amnesty International und 28 weitere Organisationen und Verbände. Auch in Berlin kamen am Sonntag Tausende zusammen und machten sich für Vielfalt und Menschenrechte stark.

Vera Dudik ist Praktikantin in der Online-Redaktion von Amnesty in Berlin und seit 2008 Mitglied der deutschen Amnesty-Sektion

Das bunte Berlin ist grün, rot, weiß und gelb: In diesen Farben tanzen die Ballons über den Köpfen der vielen Menschen, die am Sonntagvormittag auf den Oranienplatz gekommen sind, um ein Zeichen für Toleranz und Vielfalt zu setzen.

Es ist kurz nach 14.30 Uhr, und nach und nach schlendern immer mehr Menschen auf den Platz. Familien mit Kinderwagen und Hund, Punks, aufgeregt kichernde Teenager, Männer in Karohemd und Sandalen. Sie alle wollen heute eine Menschenkette durch die Stadt bilden, fast sieben Kilometer vom Roten Rathaus bis zur Flüchtlingsunterkunft in der Zeughofstraße, um so gegen Rassismus und Hass zu demonstrieren.

"Es ist wichtig, dass man so ein Signal setzt", sagt Barbara, mit weißem Pagenkopf und Blümchenbluse, "aber man sollte auch sonst etwas tun für andere Menschen". So wie die 77-Jährige selbst, die seit Jahren in einem Hospiz engagiert ist. Von der Menschenkette hat die Pastorin in ihrer Kirche erzählt.

"Kein Platz für Rassismus": Menschenkette in Berlin am 19. Juni 2016.

Von der Bühne dringt Musik herüber. "Ist das nicht die Sängerin von Rosenstolz?", fragt eine junge Frau, die auf einer der Bänke sitzt. Natalie ist gerade angekommen und hat sich erstmal an den verschiedenen Ständen mit Infomaterial eingedeckt. "Ich hab von der Aktion bei Facebook erfahren und fand die Idee echt cool! Es ist sehr wichtig zu zeigen, dass wir Menschen trotz aller Unterschiede gleich sind, und gleich an Rechten", sagt sie. Sie wünscht sich vor allem ein gutes Medienecho der Aktion, "denn von Pegida und sowas wird ja immer viel zu ausführlich berichtet. Da muss man doch auch mal die Gegenseite zeigen!".

Am Ende des Tages wird sich die Gegenseite sehr deutlich gezeigt haben: Zur Menschenkette sind in Berlin über 9.000 Menschen gekommen, bundesweit waren es mehr als 40 000.

Das wird auch auf dem Oranienplatz immer spürbarer: Es ist kaum mehr ein Durchkommen zwischen den Leuten, die jetzt eng nebeneinanderstehen.

Havva, die mit ihrer Mutter im Rollstuhl da ist, schaut dem Treiben um sich herum lächelnd zu. "Es ist aufregend für uns beide hier zu sein", sagt Havva. "Ich habe die Flyer überall bei uns in Neukölln gesehen und zu meiner Mama gesagt 'Komm, da müssen wir hin!'" Havva und ihre Mutter kommen ursprünglich aus der Türkei, leben aber schon jahrzehntelang in Deutschland. "Alle haben einen Platz in diesem Land und wir müssen laut dagegen halten, wenn jemand etwas anderes sagt."

Laut wird es auch auf dem Oranienplatz, als von der Bühne die Ansage kommt, die Kette jetzt in zwei Richtungen aufzufädeln. "Es geht los!", ruft Alexander und beeilt sich, Anschluss an seine Freunde zu finden. Der 20-Jährige war noch nie zuvor bei einer Demo, ist aber begeistert und will in Zukunft öfter bei solchen Aktionen dabei sein. "Vielfalt zu sehen ist schon toll, aber am besten ist es, selbst daran mitzuwirken und richtig mitanzufassen", sagt er und nimmt lachend die Hand seines Nebenmannes, als sie an der Bühne vorbei vom Platz laufen. "Ich bin jetzt öfter am Start gegen Rassismus!"

Machen auch Sie sich stark gegen Rassismus! Unterzeichnen Sie unsere Online-Petition an den Bundesinnenminister und die Innenminister und -senatoren der Länder und fordern Sie, dass Menschen in Deutschland besser vor rassistischer Gewalt geschützt werden! Jetzt mitmachen auf: www.amnesty.de/rassismus-stoppe

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