Aktuell Syrien 09. Dezember 2014

Opfer des Verschwindenlassens in Syrien

Opfer des Verschwindenlassens in Syrien
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Die bekannte syrische Menschenrechtsverteidigerin Razan Zaitouneh wurde im Dezember 2013 in Douma entführt

9. Dezember 2014 - Die prominenten syrischen Menschenrechtsverteidiger_innen Razan Zaitouneh, Samira Khalil, Wa’el Hamada und Nazem Hamadi – die Douma Vier – bleiben ein Jahr nach ihrer Entführung weiterhin vermisst. Die vier wurden in Douma entführt, eine Stadt in der Nähe von Damaskus, die unter der Kontrolle von bewaffneten Oppositionellen steht. Sie müssen sofort freigelassen werden, fordern mehr als 50 Organisationen in einer gemeinsamen Erklärung.

Am 9. Dezember 2013, um etwa 22.40 Uhr, stürmte eine Gruppe bewaffneter Männer in das Büro des Violation Documentation Center (VDC), einer syrischen Menschenrechtsorganisation, in Douma und entführten Razan Zaitouneh, die Leiterin des Zentrums, und ihre Kolleg_innen – ihren Ehemann Wa’el Hamada, Samira Khalil und Nazem Hamadi. Von den vier Menschenrechtsverteidiger_innen fehlt seitdem jede Spur.

Zu den bewaffneten Gruppen, die eine de facto Kontrolle über Douma ausüben, zählt die Armee des Islams, angeführt von Zahran Alloush, die der Islamischen Front angehört, einer Koalition verschiedener bewaffneter Gruppen. Die bewaffneten Gruppen sollten die vier Menschenrechtsverteidiger_innen sofort frei lassen, falls diese sich in ihrer Gewalt befinden, oder sich dafür einsetzen, dass sie unverletzt und unverzüglich freigelassen werden. Staaten, die diese bewaffneten Gruppen unterstützen, sowie religiöse Führer und andere, die Einfluss ausüben können, sollten sich für die Freilassung von Razan Zaitouneh und ihren Kolleg_innen sowie für ein Ende der Entführungen von Zivilist_innen einsetzen.

Razan Zaitouneh ist eine der führenden Anwält_innen, die sich seit 2001 für politische Gefangene in Syrien einsetzen. Seit dem Beginn der Krise 2011, spielt Razan Zaitouneh eine Schlüsselrolle in dem Bemühen, Menschenrechte für alle zu verteidigen und unabhängige Gruppen und Aktivist_innen in Syrien zu schützen. Mit einer Anzahl anderer Aktivist_innen gründete sie das VDC, welches Menschenrechtsverletzungen in Syrien dokumentiert, und gehört zu den Mitbegründern der Local Coordination Committees (LCC) mit, welche die Arbeit lokaler Komitees in verschiedenen Städten quer durch Syrien koordinieren. Sie etablierte auch das Local Development and Small Projects Support Office (LDSPS), welches Nichtregierungsorganisationen in der belagerten östlichen Ghouta unterstützt.

Wegen ihrer Aktivitäten wurde Razan Zaitouneh sowohl von den syrischen Behörden als auch von bewaffneten Oppositionsgruppen bedroht. Mehrere Monate vor ihrer Entführung erhielt sie Drohungen. Sie beschreibt einige dieser Drohungen in einem Artikel für den Online-Nachrichtendienst Now Lebanon. Im September 2013 informierte sie auch Menschenrechtsverteidiger_innen außerhalb von Syrien, dass sie durch lokale bewaffnete Gruppen in Douma bedroht wurde. Im April 2014 veröffentlichte Razan Zaitounehs Familie eine Stellungnahme, in der sie Zahran Alloush für das Wohlbefinden der vier Entführten verantwortlich macht, da seine Gruppe so stark in der Gegend vertreten ist.

Samira Khalil ist seit langem eine politische Aktivistin in Syrien. Sie wurde zwischen 1987 und 1991 von der syrischen Regierung wegen ihres Engagements inhaftiert. Später arbeitete sie für ein Verlagshaus, bevor sie begann, mit den Familien der Gefangenen zu arbeiten und über die Haft in Syrien zu schreiben. Vor ihrer Entführung unterstützte sie Frauen in Douma, indem sie Projekte zur Schaffung kleiner Einkommen für die Frauen initiierte.

Wa’el Hamada war ebenfalls bereits vor dem Aufstand in Syrien ein politischer Aktivist. Gleich zu Beginn der friedlichen Proteste 2011, wurde Wa’el Hamada inhaftiert und später wieder freigelassen. Er ist ein aktives Mitglied und Mitbegründer der Local Coordination Committees und des VDC. Vor seiner Entführung unterstützte er die Bereitstellung dringend benötigter humanitärer Hilfe für die Bewohner_innen der belagerten östlichen Ghouta.

Nazem Hamadi, ein Rechtsanwalt und Dichter, war einer der bekanntesten freiwilligen Verteidiger politischer Gefangener vor und nach dem Aufstand in Syrien. Er unterstützte sowohl die Gründung der Local Coordination Committees als auch humanitäre Hilfslieferungen für die Bewohner_innen der östlichen Ghouta.

Razan Zaitouneh und ihre Kolleg_innen scheinen wegen ihrer legitimen Aktivitäten als Menschenrechtsverteidiger_innen entführt und willkürlich ihrer Freiheit beraubt worden zu sein. Solche Maßnahmen sind durch das humanitäre Völkerrecht verboten und verstoßen gegen internationale Menschenrechtsstandards. Die bewaffneten Gruppen, die dieses Gebiet kontrollieren, und die Regierungen, die diese Gruppen unterstützen, sollten alles in ihrer Macht stehende tun, um die Freilassung von Razan Zaitouneh, Wa’el Hamada, Samira Khalil und Nazem Hamadi zu erreichen.

Twitter-Aktion: Unterstützen Sie die entführten Aktivist_innen und ihre Familien und fordern Sie die sofortige Freilassung von Razan Zaitouneh und ihrem Team!

Bitte verwenden Sie folgenden Text für Ihren Tweet:

A year since abduction of @razanz, Samira, Wael & Nazem @zahran1970 What is Jaysh al-Islam doing to have #Douma4 freed? #FreeSYvoices #Syria

Lesen Sie mehr im Blogbeitrag, den Munira al-Hamwi über ihre Tochter Razan Zaitouneh geschrieben hat

Hier finden Sie die Erklärung zu den "Douma Vier" in der englischen Originalversion

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