Aktuell Indien 07. Dezember 2011

Indien: Devender Pal Singh

"Es ist der Angeklagte, der dem Gericht nachweisen muss, dass das Geständnis nicht freiwillig gemacht wurde." - Zitat des Obersten Gerichtshofs, Antwort auf den von Devender Pal Singh erhobenen Foltervorwurf

Dezember 2011 - Devender Pal Singh (auch als Davinder Pal Singh Bhullar bekannt) wurde im Januar 1995 am internationalen Flughafen von Neu Delhi von der Polizei verhaftet. Vorgeworfen wurde ihm Reisen mit gefälschten Dokumenten.

Die Polizei behauptet, Devender Pal Singh habe nach seiner Festnahme am Flughafen gestanden, im Jahr 1993 an einem Bombenanschlag in Delhi beteiligt gewesen zu sein, bei dem neun Personen getötet wurden. Zum Zeitpunkt der Aussage hatte er keinen Zugang zu einem Anwalt.

Devender Pal Singh nahm das Geständnis später zurück und gab an, dass er
körperlich misshandelt, mit außergerichtlicher Hinrichtung bedroht und gezwungen worden sei, mehrere Blanko-Papiere zu unterschreiben. Er reichte eine Petition beim Obersten Gerichtshof ein, die auf "Zwang und Folter" bei der Gewinnung
des angeblichen Geständnisses verweist.

Terrorist and Disruptive Activities (Prevention) Act (TADA)

In seiner Aussage vor dem Obersten Gerichtshof sagte Devender Pal Singh, auf dem Weg zur gerichtlichen Anhörung sei ihm gesagt worden, dass er, wenn er eine Aussage vor Gericht [über seine Folterung] machte, der Polizei des Punjab übergeben würde, die ihn in einer 'Begegnung’ töten würde.

Gegen Devender Pal Singh wurde nach dem Terrorist and Disruptive Activities (Prevention) Act (TADA) von 1987 verhandelt, einem Gesetz, das 1995 aufgehoben wurde. Es war von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen kritisiert worden, weil es zu dem Zweck missbraucht worden war, Tausende von Menschen willkürlich zu verhaften, gefangen zu halten und zu foltern. Trotz seiner Aufhebung geht die Strafverfolgung im Rahmen des Gesetzes gegen Menschen, die unter dem Verdacht stehen, terroristische Straftaten vor 1995 begangen zu haben, weiter.

Der einzige Beweis gegen Devender Pal Singh war sein später widerrufenes Geständnis. Nach gewöhnlichem indischen Recht sind nur dann Geständnisse als Beweismittel zugelassen, wenn sie vor einem Richter gemacht werden, diejenigen, die vor der Polizei gemacht werden, nicht. TADA ließ jedoch Bekenntnisse vor der Polizei bei der Verhandlung zu.

Berufung nur beim Obersten Gerichtshof möglich

Devender Pal Singh wurde vor einen Richter gebracht, der die Freiwilligkeit seines Geständnisses überprüfen sollte. Doch der Richter stellte nur eine einzige Frage: ob die Erklärung wirklich an dem angegebenen Datum aufgezeichnet wurde. Der Richter sah sich die Aussage gar nicht richtig an, und er erlaubte die Anwesenheit von Polizeibeamten während der Verhandlung.

Im August 2001 befand ein spezielles TADA-Gericht Devender Pal Singh der Begehung einer terroristischen Handlung mit Todesfolge, der Verschwörung zum Mord und verschiedener anderer Straftaten für schuldig und verurteilte ihn zum Tode. Normalerweise werden alle durch ein Prozessgericht verhängten Todesurteile automatisch von einem High Court überprüft, mit der Möglichkeit einer weiteren Berufung beim Obersten Gerichtshof. Aber unter TADA ist die Berufung nur beim Obersten Gerichtshof möglich.

Der Schuldspruch und die Verurteilung zum Tode wurden im März 2002 vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Jedoch befand einer der drei Richter Devender Pal Singh nicht für schuldig und stellte fest, dass es keine ausreichenden Beweise für eine Verurteilung gab. Ein ungewisses Geständnis könne nicht Grundlage für die Verhängung eines Todesurteils sein.

Eine weitere Überprüfung wurde im Dezember 2002 von denselben Richtern des Obersten Gerichtshofes abgelehnt, wiederum mit einer Mehrheit von zwei zu eins. Ein Gnadengesuch an den indischen Präsidenten wurde im Mai 2011 abgewiesen, doch am 23. August 2011 ließ der Oberste Gerichtshof eine Petition für die Umwandlung der Strafe zu, weil sich die Ablehnung des Gnadengesuchs durch den Präsidenten zu lange hingezogen hatte.

Jetzt aktiv werden!

Schreiben Sie an den indischen Ministerpräsidenten und fordern Sie ihn auf:

  • die Hinrichtung von Devender Pal Singh mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu stoppen

  • sicherzustellen, dass der Fall von Devender Pal Singh in einem neuen Verfahren untersucht wird, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht

  • dafür zu sorgen, dass seine Beschwerden über Folter und andere Misshandlungen geprüft werden und dass alle Aussagen, die unter Zwang zustande kamen, vollständig von der neuen Untersuchung ausgeschlossen werden

  • alle Hinrichtungen und die Verhängung der Todesstrafe auszusetzen, als ein Schritt in Richtung der vollständigen Abschaffung der Todesstrafe

  • Gesetze zu überarbeiten und politische Praktiken zu ändern, um faire Gerichtsverfahren in Einklang mit internationalen Standards zu sichern.

Adresse:
Prime Minister
South Block, Raisina Hill
New Delhi 110 001
Fax: +9111 2301 9545
Email: (via form)
http://pmindia.nic.in/feedback.htm

Hintergrund

Die indische Verfassung schützt das Recht auf Leben. Allerdings werden eine Reihe von Straftaten immer noch mit dem Tode bestraft, darunter Mord und Verschwörung zum Mord, einige Drogentatbestände und Straftaten nach den Anti-Terror-Gesetzen. Indische Gerichte verhängen weiterhin Todesurteile, und mindestens 345 Menschen galten Ende des Jahres 2008 als Todeskandidaten. Die letzte Hinrichtung fand im Jahr 2004 statt, nach sieben Jahren, in denen keine Hinrichtungen durchgeführt wurden. Niemand ist bisher für Straftaten nach der Anti-Terror-Gesetzgebung seit 1992 hingerichtet worden, aber acht Menschen, darunter Devender Pal Singh, sind von der Hinrichtung im Rahmen dieser Gesetze bedroht.

Schlagworte

Indien Aktuell Todesstrafe

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