Menschenrechtsanwalt in Haft

Der Menschenrechtsanwalt Zhang Kai ist in China inhaftiert worden. Er war zuvor sechs Monate lang an einem unbekannten Ort ohne Kontakt zu einem Rechtsbeistand oder seiner Familie unter "häusliche Überwachung" gestellt worden. Er hatte Aktivist_innen vertreten, die sich gegen das Entfernen von Kreuzen aus Kirchen eingesetzt haben. Seine Festnahme steht im Zusammenhang mit einem landesweiten harten Vorgehen der Behörden gegen Menschenrechtsanwält_innen und Aktivist_innen.

Appell an

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Guo Shengkun
Ministry of Public Security
No.14
Dong Chang’an Jie
Dongcheng Qu
Beijing 100741
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: gabzfwz@mps.gov.cn

LEITER DER RELIGIONSBEHÖRDE
Wang Zuo’an
Xicheng Qu
Houhai Bei Lu 44 hao
Beijing 100009

VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 86) 1064 0950 0

LEITER DER HAFTEINRICHTUNG VON WENZHOU
Dushancun
Longwangqu
Wenzhou Shi
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Director / Sehr geehrter Herr Direktor)

KOPIEN AN
BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S. E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: presse.botschaftchina@gmail.com

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. April 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Zhang Kai sofort und bedingungslos frei.

  • Gewähren Sie Zhang Kai bis zu seiner Freilassung regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu seiner Familie und seinen Rechtsbeiständen und stellen Sie sicher, dass er nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit in China geachtet wird. Dies schließt auch ein, dass Personen ihren Glauben ohne Angst, Einschüchterungsversuche und Angriffe ausüben können und geschützt sind.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Demanding the authorities immediately and unconditionally release Zhang Kai.

  • Pending his release, urging them to grant Zhang Kai regular, unrestricted access to his family and lawyers, and ensure he is not subjected to torture and other ill-treatment.

  • Calling on them to ensure the right to freedom of religion and belief is respected in China, with individuals protected and allowed to practise their faith free from fear, intimidation and attack.

Sachlage

Der lokal bekannte Menschenrechtsanwalt Zhang Kai befindet sich seit dem 26. Februar in der zentralen Hafteinrichtung in Wenzhou in Haft. Am Tag zuvor war im chinesischen Staatsfernsehen ein aufgezeichnetes "Geständnis" von ihm ausgestrahlt worden, in dem er zugab, "gegen nationale Gesetze verstoßen, die soziale Ordnung gestört und die nationale Sicherheit in Gefahr gebracht" zu haben. Er sah dünn und erschöpft aus. Möglicherweise wurde sein "Geständnis" erzwungen. Ihm wird vorgeworfen, "Staatsgeheimnisse gestohlen, ausspioniert, käuflich erworben oder unrechtmäßig an ausländische Akteure weitergegeben" und die "öffentliche Ordnung gestört" zu haben.

Zhang Kai war am 25. August 2015 von Angehörigen der Polizei abgeführt worden, als er sich gerade in einer Kirche in Wenzhou in der südöstlich gelegenen Provinz Zhejiang befand. Er war unter "häusliche Überwachung" gestellt worden, was es den Behörden ermöglichte, ihn an einem informellen Ort für bis zu sechs Monate ohne Kontakt zu seinen Rechtsbeiständen oder seiner Familie festzuhalten. Seine beiden Assistenten, Liu Peng und Fang Xiangui, waren ebenfalls festgenommen, jedoch am 11. Dezember 2015 wieder freigelassen worden.

Nachdem die Behörden Ende 2013 damit begonnen haben, Kirchen abzureißen und Kreuze aus Kirchen zu entfernen, hat Zhang Kai die rechtliche Vertretung einer Reihe von Kirchen in der Provinz Zhejiang übernommen. Im Jahr 2015 haben die Behörden ihr Vorgehen weiter verstärkt. Aktivist_innen sprechen von mehr als 1.500 abgenommenen Kreuzen und mehreren zerstörten Kirchen. Zhang Kai gehört zu einer Gruppe von mehr als 200 Personen, die seit Juli 2015 im Rahmen landesweiter Maßnahmen gegen Anwält_innen und Aktivist_innen zum Ziel der Behörden geworden sind.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit Beginn beispielloser landesweiter Maßnahmen der chinesischen Behörden gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und Aktivist_innen im Juli 2015 sind bereits mehr als 200 Personen inhaftiert und verhört worden oder "verschwunden". 30 Personen befinden sich noch immer in Haft oder werden vermisst. Mindestens zehn Personen werden unter dem Verdacht der "Anstiftung zum Sturz der Staatsgewalt" festgehalten. Ihnen drohen bei einem Schuldspruch bis zu 15 Jahre Haft. Die behördlichen Maßnahmen wurden von einer Hetzkampagne in den staatlichen Medien begleitet, im Rahmen derer Anwält_innen und Aktivist_innen beschuldigt wurden, als Teil einer kriminellen Vereinigung die "soziale Stabilität untergraben" zu wollen.

Die Behörden in der Provinz Zhejiang entfernen Kreuze aus Kirchen und rechtfertigen dies mit einer umfassenden Urbanisierungs- und Verschönerungskampagne, bei der illegale Strukturen ins Visier genommen werden sollen. Die Entfernung von mehr als 1.500 Kreuzen hat jedoch zu einer Reihe von Protesten geführt, die von Kirchenmitgliedern organisiert wurden. Unter anderem sind Protestierende in Kirchen in den Sitzstreik getreten und haben Sicherheitskräften Kirchenlieder vorgesungen. Vertreter_innen mehrerer Kirchengemeinden, die sich gegen das Entfernen von Kreuzen gewehrt haben, gaben an, dass daraufhin Buch- und Finanzprüfungen durchgeführt und Geistliche unter dem Verdacht der "Veruntreuung" festgenommen worden seien.

Zhang Kai spielt eine zentrale Rolle bei dem Widerstand gegen die Kampagne gegen das Christentum in Zhejiang. Er hat eine kurze Broschüre herausgegeben, die darüber informiert, welche Rechte den Menschen zustehen, die sich gegen das Entfernen von Kreuzen einsetzen (shi jia weiquan shouce). Kurz nachdem er im Rahmen des Vorgehens der Behörden gegen Menschenrechtsverteidiger_innen ins Visier genommen worden war, hat er im Juli 2015 eine Anwaltsvereinigung ins Leben gerufen, die sich gegen das Entfernen von Kreuzen einsetzt. Darüber hinaus hat er die rechtliche Vertretung zahlreicher Kirchen übernommen.

Das landesweite Vorgehen der chinesischen Behörden gegen protestantische Kirchen hat sich in den letzten Monaten weiter verschärft. Am 28. Januar 2016 wurde Gu Yuese, Pastor der Chongyi-Kirche in Hangzhou in der Provinz Zhejiang, unter "häusliche Überwachung" gestellt. Zehn Tage zuvor hatte man ihn aus seinem Amt entlassen. Seine Familie glaubt, dass sich seine Frau ebenfalls in Gewahrsam der Polizei befindet. Gu Yuese hatte sich öffentlich gegen ein von der Regierung finanziertes Projekt gestellt, bei dem in der Provinz Zhejiang Kreuze aus Kirchen entfernt wurden.

Am 26. Februar wurden Pastor Bao Guohua aus der Stadt Jinhua in der Provinz Zhejiang und seine Frau Xing Wenxiang, die ebenfalls Pastorin ist, zu 14 bzw. 12 Jahren Gefängnis verurteilt. Sie wurden für schuldig befunden, Gelder aus ihrer Gemeinde veruntreut zu haben und eine "Menschenmenge versammelt zu haben, um die soziale Ordnung zu stören". Bao Guohua hatte sich ebenfalls gegen die Entfernung von Kreuzen aus Kirchen ausgesprochen.