Zweite Hinrichtung innerhalb einer Woche geplant

Ein Galgenstrick wirft einen Schatten auf eine Wand

Hishamrudin Bin Mohd soll am 16. März hingerichtet werden, nur eine Woche nachdem die erste Hinrichtung in Singapur 2018 vollstreckt wurde. Hishamrudin Bin Mohd wurde im Jahr 2016 wegen Drogendelikten schuldig gesprochen und dafür zur obligatorischen Todesstrafe verurteilt. Er gibt an, unschuldig zu sein.

Appell an

Her Excellency Halimah Yacob

Office of the President of the Republic of Singapore

Orchard Road, 238823

SINGAPUR

Sende eine Kopie an

Gefängniskommissar

Desmond Chin Kim Tham

Changi Prison Complex Singapore

Prison Service 982, Upper Changi Road

North Singapore 507799

SINGAPUR


Fax: (00 65) 65420 425

E-Mail: prisonfeedback@pris.gov.sg

Botschaft der Republik Singapur

S. E. Herrn Laurence Bay Siow Hon

Voßstraße 17

10117 Berlin


Fax: 030-2263 4375

E-Mail: singemb_ber@mfa.sg

Amnesty fordert:

  • Bitte stoppen Sie sofort die Hinrichtungpläne für Hishamrudin Bin Mohd und alle anderen Gefangenen.
  • Ich bin sehr besorgt darüber, dass in Singapur noch immer Drogendelikte mit der Todesstrafe geahndet werden und dass die obligatorische Todesstrafe, welche gegen das Völkerrecht und internationale Standards verstößt, angewandt wird.
  • Verhängen Sie bitte als erste Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium und wandeln Sie alle Todesurteile um.

Sachlage

Erst am 12. März erfuhren Hishamrudin Bin Mohds Familienangehörige von den Gefängnisbehörden, dass die Hinrichtung schon für den 16. März geplant ist. Hishamrudin Bin Mohd ist 56 Jahre alt und wurde am 6. April 2016 zur obligatorischen Todesstrafe verurteilt. Er wurde zuvor des Besitzes von 34,94 g Diamorphin mit Verkaufsabsicht schuldig gesprochen. Seine Rechtsmittel wurden am 3. Juli 2017 abgelehnt. Das Gericht entschied, dass er die Kriterien für mildernde Umstände unter dem reformierten Misuse of Drugs Act (Gesetz zum Drogenmissbrauch) nicht erfülle. Die Rolle, die er in der Straftat gespielt habe, ginge über den Transport von Drogen hinaus und es bestünden keine Zweifel an seiner psychischen Gesundheit, sodass er nicht als eingeschränkt schuldfähig eingestuft werden könne.

Hishamrudin Bin Mohd bestand seit seiner Festnahme auf seiner Unschuld und gibt an, dass das Verfahren gegen ihn unfair war. Während seines Gerichtsverfahrens und des Rechtsmittelverfahrens gab er an, er sei während seiner Festnahme von Beamt_innen des Central Narcotics Bureau (zentrale Betäubungsmittelstelle) körperlich angegriffen worden. Desweiteren warf er Beamt_innen vor, falsche Beweismitel gegen ihn hergestellt und echte Beweismittel verfälscht zu haben. Einem Familienmitglied zufolge trennte sich Hishamrudin Bin Mohd von mehreren Rechtsbeiständen, die ihm gestellt worden waren, da sie seine Anweisungen zur Verteidigungsstrategie ignoriert hatten. Er hatte sich schließlich dazu entschlossen, sich selbst während des Gerichts- und Rechtsmittelverfahrens zu verteidigen. Deshalb entschied er sich gegen ein Gnadengesuch bei der Präsidentin und versuchte stattdessen monatelang erfolglos, sein Verfahren durch weitere Rechtsmittel wiederzueröffnen. Sein Hinrichtungstermin wurde auf den 16. März 2018 gelegt. Einem kurzfristig gestellten Antrag auf gerichtliche Überprüfung des Verfahrens wurde am 12. März stattgegeben und eine Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde für den 14. März angesetzt. Bei dieser Anhörung vertrat sich Hishamrudin Bin Mohd in Beratung mit einem erfahrenen Rechtsbeistand selbst und änderte seinen Antrag dahingehend, dass sein Verfahren von einem Berufungsgericht überprüft werden soll. Diesem Antrag wurde stattgegeben. Ein Termin für die Anhörung vor dem Berufungsgericht wurde für den 15. März gesetzt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 12. März 2018 wurden Familienangehörige von Hishamrudin Bin Mohd von Beamt_innen des singapurischen Gefängnisdienstes dazu aufgefordert, ihn noch am selben Tag im Changi-Gefängnis in Ost-Singapur zu besuchen. Am Ende ihres Besuchs wurde ihnen mitgeteilt, dass die Hinrichtung durch Erhängen am 16. März 2018 stattfinden sollte. Als Familienangehörige hätten sie erweiterte Besuchszeiten und könnten ihn in den drei Tagen vor dem Termin für täglich vier Stunden besuchen, wurde ihnen gesagt. Am Abend vor der Hinrichtung könnten die Familienangehörigen einen im November 2017 vom Gefängnisdienst speziell kreierten Raum nutzen, um dort in Ruhe auf die Hinrichtung durch Erhängen zu warten. Die Beamt_innen fügten hinzu, dass Hishamrudin Bin Mohd erst am nächsten Morgen, am 13. März 2018, von seiner unmittelbar bevorstehenden Hinrichtung in Kenntnis gesetzt werden würde. Der Körper des Gefangenen soll laut den Beamt_innen nach der Hinrichtung an die Familienangehörigen übergeben werden.

Am 9. März 2018 verkündete die Zentrale Betäubungsmittelstelle in den nationalen Medien die Hinrichtung eines ghanaischen Mannes. Er war im Juli 2016 des Imports von 1.634,9 g Methamphetamin schuldig gesprochen und zur obligatorischen Todesstrafe verurteilt worden. Dies war die 19. bekanntgewordene Hinrichtung in Singapur seit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Reformen 2014. Darunter wurden allein 16 Männer wegen Drogendelikten hingerichtet. Die singapurischen Behörden informieren die Öffentlichkeit nicht über anstehende Hinrichtungen. Es kommt vor, dass Hinrichtungen erst öffentlich bekanntgemacht werden, wenn diese schon vollstreckt wurden.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften der verurteilten Person, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode. Bis heute haben 106 Länder die Todesstrafe als Strafe für alle Verbrechen abgeschafft und mehr als zwei Drittel der Länder haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.

Nach Inkrafttreten des Misuse of Drugs (Amendment) Act 2012 (Reformiertes Gesetz zum Drogenmissbrauch) und des Penal Code (Amendment) Act 2012 (Reformiertes Strafgesetzbuch) am 14. November 2014 dürfen die Gerichte nun unter bestimmten Umständen entscheiden, die obligatorische Todesstrafe nicht zu verhängen. In Verfahren zu Drogendelikten können die Angeklagten die obligatorische Todesstrafe umgehen, wenn sie nachweislich lediglich in den Transport illegaler Drogen durch Versand oder Lieferung involviert waren und wenn die Staatsanwaltschaft bestätigen kann, dass die Angeklagten mit der Zentralen Drogenstelle kooperiert haben, um zukünftige illegale Aktivitäten im Drogenhandel zu unterbinden. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, greift die Regelung zur obligatorischen Todesstrafe. In dem kürzlich veröffentlichten Bericht "Cooperate or Die" (der Bericht auf Englisch: https://www.amnesty.org/en/documents/act50/7158/2017/en/) informiert Amnesty International darüber, dass Rechtsbeistände und Richter_innen nur über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Kooperation informiert werden, aber nicht, unter welchen Umständen diese Kooperation zustande kam.

Die Regelung zur obligatorischen Todesstrafe verstößt gegen das Völkerrecht. Der UN-Menschenrechtsausschuss vertritt den Standpunkt, dass die automatische Anwendung der Todesstrafe eine willkürliche Verletzung des Rechts auf Leben nach Artikel 6, Paragraf 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte ist, wenn die Todesstrafe verhängt wird, ohne die persönlichen Umstände der Angeklagten oder die Umstände der speziellen Verbrechen zu berücksichtigen. Das Völkerrecht beschränkt die Verhängung der Todesstrafe auf "schwerste Verbrechen". Der UN-Menschenrechtsausschuss hat mehrmals festgestellt, dass Drogendelikte nicht die Kriterien für "schwerste Verbrechen" erfüllen. Dies wurde durch die UN-Sonderberichterstatterin über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen und den UN-Sonderberichterstatter über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe bestätigt.