Russland: Kindergärtnerin zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt

Aufnahme von Olha Baranevska, die sich selbst aufnimmt und in die Kamera lächelt. Sie trägt eine Mütze und eine Brille.

Die ukrainische Kindergärtnerin Olha Baranevska (undatiertes Foto)

Die ukrainische Kindergärtnerin Olha Baranevska aus Melitopol weigerte sich, nach der russischen Besetzung der Stadt aus der Rente zurückzukehren und wieder in ihrem alten Kindergarten zu arbeiten. Im Mai 2024 wurde sie von russischen Sicherheitskräften aus ihrer Wohnung verschleppt und Berichten zufolge gefoltert. Einen Monat später tauchte sie kurzzeitig wieder auf, bevor sie willkürlich festgenommen wurde und zwei 14-tägige Verwaltungshaftanordnungen erhielt. Schließlich warf man ihr vor, Sprengstoff im Garten versteckt zu haben, und verurteilte sie zu sechs Jahren Gefängnis. Das Verfahren gegen sie war unfair, und sie ist bei schlechter Gesundheit.

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Appell an

Menschenrechtsbeauftragte
Human Rights Commissioner
Tatiana Moskalkova
Smolensky Boulevard, 19с2
119121 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION

Dein Appell

Sehr geehrte Frau Moskalkova,

ich bin in großer Sorge um die pensionierte Kindergärtnerin Olha Baranevska (Olga Baranevskaya). Sie "verschwand" am 15. Mai 2024 aus ihrem Zuhause in Melitopol. Ein*e Anwohner*in berichtete, gesehen zu haben, wie sie am 19. Mai kurz nach Hause gebracht und dann von drei Männern in Zivilkleidung abgeführt wurde. Olha Baranevska habe Prellungen aufgewiesen. 

Das Schicksal und der Aufenthaltsort der Kindergärtnerin waren bis zum 27. Juni 2024 unbekannt, als sie unerwartet bei ihren Eltern auftauchte, ihre Tochter (die im Ausland lebt) anrief. Kurz nach diesem Anruf wurde Olha Baranevska willkürlich von der Polizei festgenommen und mit der Begründung, gegen die Ausgangssperre verstoßen zu haben, mit einer Geldstrafe und zwei 14-tägigen Verwaltungshaftanordnungen belegt. 

Unterdessen gaben die Behörden an, im Garten von Olha Baranevska Sprengstoff gefunden zu haben. Im November 2024 verurteilte das Bezirksgericht in Melitopol sie unter Paragraf 222.1(1) des russischen Strafgesetzbuchs (unrechtmäßiger Besitz von Sprengstoff) zu sechs Jahren Gefängnis. Die Beweislage, darunter auch das "Geständnis" von Olha Baranevska, war äußerst fragwürdig. Das Gericht akzeptierte die Tatsache, dass am 7. August 2024 in ihrem Garten Sprengstoff gefunden wurde (während sie sich in Verwaltungshaft befand), ohne ihr Motiv oder die Herkunft des Sprengstoffs zu hinterfragen. 

Olha Baranevska ist 61 Jahre alt und hat Diabetes, wofür sie regelmäßig Insulin einnehmen muss. Sie leidet zudem an weiteren Erkrankungen, die untersucht und behandelt werden müssen. Sie war gezwungen, 2023 die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen, um Zugang zur Gesundheitsversorgung zu erhalten. Laut Angaben ihrer Tochter wird sie in der Haft zwar mit Insulin versorgt, doch ihre anderen gesundheitlichen Probleme werden nicht angemessen behandelt. Olha Baranevska erhielt im November im Gefängnis die Nachricht, dass ihre 85-jährige Mutter gestorben sei, was sie seelisch stark belastete. 

Ich bitte Sie hiermit dafür zu sorgen, dass Olha Baranevska umgehend und bedingungslos freigelassen wird, sofern keine stichhaltigen Beweise für ein von ihr realistischerweise begangenes Verbrechen vorgelegt werden. Sollte sie aufgrund einer solchen Straftat vor Gericht gestellt werden, muss ihr Recht auf ein faires Gerichtsverfahren vollumfänglich gewährleistet werden. Bis zu ihrer Freilassung muss sie dringend vor Misshandlungen geschützt werden und die erforderliche medizinische Versorgung erhalten.

Ich bitte Sie zudem, dafür zu sorgen, dass die Umstände ihrer Entführung, ihrer willkürlichen Inhaftierung und der offenbar von ihr erfahrenen Folter untersucht werden. Auch muss untersucht werden, ob die gegen sie vorgebrachten "Beweise" möglicherweise gefälscht wurden. All jene, die in dieser Hinsicht verdächtigt werden, Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben, sind in fairen Verfahren vor Gericht zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Sende eine Kopie an

Botschaft der Russischen Föderation 
S. E. Herrn Sergej J. Netschajew
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin

Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@russische-botschaft.de

Amnesty fordert:

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Olha Baranevska umgehend und bedingungslos freigelassen wird, sofern keine stichhaltigen Beweise für ein von ihr realistischerweise begangenes Verbrechen vorgelegt werden. Sollte sie aufgrund einer solchen Straftat vor Gericht gestellt werden, muss ihr Recht auf ein faires Gerichtsverfahren vollumfänglich gewährleistet werden.
  • Bis zu ihrer Freilassung muss sie dringend vor Misshandlungen geschützt werden und die erforderliche medizinische Versorgung erhalten.
  • Ich bitte Sie zudem, dafür zu sorgen, dass die Umstände ihrer Entführung, ihrer willkürlichen Inhaftierung und der offenbar von ihr erfahrenen Folter untersucht werden. Auch muss untersucht werden, ob die gegen sie vorgebrachten "Beweise" möglicherweise gefälscht wurden. All jene, die in dieser Hinsicht verdächtigt werden, Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben, sind in fairen Verfahren vor Gericht zu stellen.

Sachlage

Die pensionierte Kindergärtnerin Olha Baranevska (Olga Baranevskaya) "verschwand" am 15. Mai 2024 aus ihrem Zuhause in Melitopol. Ein*e Anwohner*in berichtete, gesehen zu haben, wie sie am 19. Mai kurz nach Hause gebracht und dann von drei Männern in Zivilkleidung abgeführt wurde. Olha Baranevska habe Prellungen aufgewiesen. Melitopol ist eine ukrainische Stadt in der Region Saporischschja, die im Februar 2022 von Russland besetzt wurde. Als der Kindergarten, in dem Olha Baranevska früher gearbeitet hatte, unter russischer Besatzung wiedereröffnet wurde, weigerte sie sich mehrfach, wieder dort zu arbeiten. 

Das Schicksal und der Aufenthaltsort der Kindergärtnerin waren bis zum 27. Juni 2024 unbekannt, als sie unerwartet bei ihren Eltern auftauchte, ihre Tochter (die im Ausland lebt) anrief und ihr in einer kryptischen Nachricht mitteilte, dass sie allein "in der Dunkelheit" gefangen gehalten worden sei und dass "alles, was [früher] weh tat, geheilt sei". Kurz nach diesem Anruf wurde Olha Baranevska willkürlich von der Polizei festgenommen und mit der Begründung, gegen die Ausgangssperre verstoßen zu haben, mit einer Geldstrafe und zwei 14-tägigen Verwaltungshaftanordnungen belegt. 

Unterdessen gaben die Behörden an, im Garten von Olha Baranevska Sprengstoff gefunden zu haben. Im November 2024 verurteilte das Bezirksgericht in Melitopol sie unter Paragraf 222.1(1) des russischen Strafgesetzbuchs (unrechtmäßiger Besitz von Sprengstoff) zu sechs Jahren Gefängnis. Die Beweislage, darunter auch das "Geständnis" von Olha Baranevska, war äußerst fragwürdig. Das Gericht akzeptierte die Tatsache, dass am 7. August 2024 in ihrem Garten Sprengstoff gefunden wurde (während sie sich in Verwaltungshaft befand), ohne ihr Motiv oder die Herkunft des Sprengstoffs zu hinterfragen. Das Unterschieben von Sprengstoff und Erzwingen von selbstbelastenden Aussagen sind übliche Vorgehensweisen der russischen Polizei, um Zivilpersonen zu Unrecht zu inhaftieren.

Olha Baranevska ist 61 Jahre alt und hat Diabetes, wofür sie regelmäßig Insulin einnehmen muss. Sie leidet zudem an weiteren Erkrankungen, die untersucht und behandelt werden müssen. Sie war gezwungen, 2023 die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen, um Zugang zur Gesundheitsversorgung zu erhalten. Laut Angaben ihrer Tochter wird sie in der Haft zwar mit Insulin versorgt, doch ihre anderen gesundheitlichen Probleme werden nicht angemessen behandelt. Olha Baranevska erhielt im November im Gefängnis die Nachricht, dass ihre 85-jährige Mutter gestorben sei, was sie seelisch stark belastete. 

Amnesty International hat dokumentiert, wie die russischen Besatzungsbehörden ukrainische Lehrkräfte einschüchtern, tätlich angreifen und zur Arbeit zwingen, damit diese den Unterricht für die Kinder vor Ort nach russischem Lehrplan wieder aufnehmen. Laut Recherchen von Amnesty International verfolgt Russland in den besetzten ukrainischen Gegenden eine Strategie des Demografiewechsels, u. a. durch die versuchte Auslöschung der Identität und Kultur der nichtrussischen Bevölkerung.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Melitopol wurde im Februar 2022 von Russland besetzt. Viele Einwohner*innen verließen die Stadt, um nicht unter der Besatzung leben zu müssen, so auch die Tochter von Olha Baranevska. Die pensionierte Kindergärtnerin blieb jedoch zurück, um sich um ihre Mutter zu kümmern. Olha Baranevska postete Videonachrichten auf Facebook, die in ukrainischer Sprache über das Leben in Melitopol unter der russischen Besatzung berichten. In einem dieser Facebook-Posts ging es um einen Kollegen, der von den Besatzungsbehörden schikaniert wurde, u. a. durch Hausdurchsuchungen, Beschimpfungen und die Zerstörung von persönlichen Gegenständen mit ukrainischen Nationalsymbolen. 

Amnesty International hat zahlreiche Menschenrechtsverletzungen an der ukrainischen Zivilbevölkerung und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch die russischen Streitkräfte und Besatzungsbehörden in der Ukraine dokumentiert. Hierzu zählen auch Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie z. B. die Zwangsumsiedlung bzw. Verbringung von Zivilpersonen aus bestimmten besetzten Regionen in der Ukraine. Es gibt zahlreiche Berichte über die Entführung, das Verschwindenlassen, die rechtswidrige Inhaftierung und die Folterung von Zivilpersonen in den russisch besetzten Gegenden der Ukraine. Amnesty International hat zahlreiche solcher Fälle auf der Krim und in der Ostukraine seit 2014 sowie in anderen seither von Russland besetzten Gebieten dokumentiert. Inhaftierte werden in Russland häufig gefoltert und anderweitig misshandelt, u. a. durch die Verweigerung einer angemessenen Gesundheitsversorgung. Zudem wird ihnen systematisch das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verweigert.