Philippinen: Senatorin muss freigelassen werden

Foto einer Frau mit Brille, die Blätter in der Hand hält und am lesen ist. Die andere Hand legt sie an ihr Kinn.

Die philippinische Senatorin und gewaltlose politische Gefangene Leila de Lima ist eine der stärksten Kritiker*innen des ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte. Sie wurde am 24.2.2017 unter politisch motivierten Anklagen festgenommen.

Die Senatorin Leila de Lima befindet sich seit 2017 als gewaltlose politische Gefangene in Haft. Amnesty geht davon aus, dass die gegen sie erhobenen Vorwürfe konstruiert waren. Nun haben drei Belastungszeugen ihre Aussagen zurückgezogen. Alle drei gaben an, von der Polizei und hochrangigen Beamt_innen bedroht und genötigt worden zu sein, die Senatorin durch falsche Angaben mit illegalem Drogenhandel in Verbindung zu bringen. Da sich herausgestellt hat, dass die Anklagen gegen Leila de Lima von Anfang an konstruiert waren, müssen diese fallengelassen und die Senatorin unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Justizminister

Menardo I. Guevarra

Department of Justice

Padre Faura Street, Ermita,

Manila 10020

PHILIPPINEN

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie alle Anklagen gegen Senatorin de Lima sofort fallen und sorgen Sie für ihre unverzügliche und bedingungslose Freilassung.
  • Führen Sie gründliche, unabhängige und unparteiische Untersuchungen durch, um die für ihre willkürliche Inhaftierung verantwortlichen Personen zu ermitteln. Sorgen Sie dafür, dass diese für die Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden, die Leila de Lima erleiden musste.
  • Führen Sie außerdem eine unverzügliche und gründliche Untersuchung der Vorwürfe von Zeugen durch, dass sie von hochrangigen Beamt_innen zum Meineid gezwungen wurden. Sorgen Sie auch dafür, dass die Sicherheit dieser Zeugen angesichts der Schwere ihrer Aussagen und der möglichen Beteiligung hochrangiger Beamt_innen gewahrt bleibt.

Sachlage

Alle Anklagen gegen Senatorin Leila de Lima, eine gewaltlose politische Gefangene, müssen fallengelassen und sie selbst sofort und bedingungslos freigelassen werden. Die Senatorin, eine überzeugte Menschenrechtsverteidigerin, befindet sich seit 2017 in Haft, weil falsche, politisch motivierte Anklagen gegen sie erhoben wurden. Diese grobe Ungerechtigkeit gegen sie muss jetzt ein Ende haben.

Im Jahr 2017 wurde Leila de Lima von den philippinischen Sicherheitskräften festgenommen, nachdem sie versucht hatte, Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem sogenannten "Krieg gegen Drogen" zu untersuchen. Dieses Vorgehen der Behörden hat zur außergerichtlichen Hinrichtung Tausender mutmaßlicher Drogenstraftäter_innen und anderen Menschenrechtsverletzungen geführt, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Wie im Fall von Leila de Lima gab es auch für die Opfer dieser Menschenrechtsverstöße und ihre Familien weitgehend keine Gerechtigkeit; niemand wurde für diese Taten zur Rechenschaft gezogen.

Drei Zeugen im Gerichtsverfahren gegen die Senatorin haben ihre Aussagen nun zurückgezogen und angegeben, unter Druck, Nötigung und Drohungen durch die Polizei und hohe Beamt_innen dazu gebracht worden zu sein, sie fälschlicherweise in Verbindung mit dem illegalen Drogenhandel gebracht zu haben. Besonders beunruhigend ist, dass es sich bei einem dieser Zeugen um einen aktuellen Belastungszeugen handelt, dessen ursprüngliche Aussage als Grund für die Fortsetzung des Prozesses gegen Senatorin Leila de Lima angeführt wurde.

Die fortgesetzte Inhaftierung von Senatorin Leila de Lima verstößt eindeutig gegen die Unschuldsvermutung, ein Menschenrecht, das nicht außer Kraft gesetzt, eingeschränkt oder begrenzt werden kann, sowie gegen andere rechtsstaatliche Prinzipien. Seit mehr als fünf Jahren wird sie wegen ihrer Menschenrechtsarbeit, zu der auch die Untersuchung von Menschenrechtsverstößen im Zusammenhang mit dem "Krieg gegen Drogen" gehört, angegriffen und politisch verfolgt. Sie hätte überhaupt nicht festgenommen werden dürfen – ihre sofortige Freilassung ist jedoch das Mindeste, was die philippinische Regierung tun muss, um dieses Unrecht zu beenden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Senatorin Leila de Lima, die seit ihrer Festnahme am 24. Februar 2017 in der Zentrale der philippinischen Nationalpolizei (PNP) in Haft befindet, gehörte zu den unerschrockensten Kritiker_innen der unter der Regierung von Präsident Duterte begangenen Menschenrechtsverletzungen. In den fünf Jahren seit der Festnahme von Senatorin Leila de Lima hat Amnesty International wiederholt darauf hingewiesen, dass die Vorwürfe und die angeführten Zeugenaussagen gegen sie konstruiert sind.

Der ehemalige Belastungszeuge Kerwin Espinosa hatte zuvor behauptet, er habe Senatorin de Lima während ihrer Amtszeit als Justizministerin über ihren ehemaligen Fahrer und Assistenten Ronnie Dayan insgesamt 8 Millionen PHP (etwa 142.000 EUR) an Drogengeldern zukommen lassen. Bei einer Anhörung 2016 im Senat behauptete Kerwin Espinosa, Ronnie Dayan habe ihn 2015 angerufen, um Geld für den Wahlkampf von Senatorin de Lima zu erbitten. Im Gegenzug solle er Schutz angesichts seiner eigenen Verwicklungen in den illegalen Drogenhandel erhalten. In einer eidesstattlichen Erklärung, die dem Justizministerium am 28. April 2022 vorgelegt wurde, widerrief Kerwin Espinosa seine Aussage.

Rafael Ragos, ein ehemaliger leitender Beamter der Gefängnisbehörde, hatte zuvor ausgesagt, dass er 2012 bei zwei Gelegenheiten Geld von Häftlingen des Gefängnisses New Bilibid Prison (NBP) an den Wohnsitz von Senatorin Leila de Lima geliefert habe, als diese noch Justizministerin war. Er sagte aus, das Geld sei für ihre Kandidatur als Senatorin gedacht gewesen und er habe mit Ronnie Dayan ausgemacht, dass sie jeweils 5 Millionen PHP (rund 90.000 EUR) pro Transaktion erhalten solle. Rafael Ragos stand zuvor zusammen mit Leila de Lima und Ronnie Dayan unter Anklage. Die Anklage gegen ihn wurde jedoch fallengelassen, als er sich einverstanden erklärte, als Zeuge gegen sie auszusagen. In einer neueren eidesstaatlichen Erklärung vom 30. April 2022 gab Rafael Ragos an, der ehemalige Justizminister Vitaliano Aguirre und andere hochrangige Beamt_innen hätten ihn gezwungen, gegen Senatorin de Lima "Lügen zu fabrizieren". Vitaliano Aguirre hat dies bisher abgestritten.

Am 6. Mai 2022 forderte Senatorin Leila de Lima das Justizministerium formell auf, die Anklagen gegen sie angesichts der widerrufenen Zeugenaussagen zu überprüfen.

Am 13. Mai 2022 trat Ronnie Dayan in den Zeugenstand und gab eine eidesstattliche Erklärung ab. Darin widerrief er seine Aussage aus dem Jahr 2016, von Kerwin Espinosa Drogengelder für seine damalige Arbeitgeberin Senatorin de Lima entgegengenommen zu haben, als diese noch Justizministerin war. Ronnie Dayan ist Mitangeklagter in einem der beiden verbleibenden Verfahren gegen die Senatorin. Nach seinen Angaben wurde er von dem ehemaligen Abgeordneten der Provinz Oriental Mindoro, Rey Umali, während der Kongressuntersuchungen von 2016 über den illegalen Drogenhandel im NBP gezwungen, gegen die Senatorin auszusagen. Rey Umali ist im Januar 2021 verstorben.