Menschenrechtsverteidigerin getötet

Das Foto zeigt die Umrisse von Guatemala auf einer Karte

Die Menschenrechtsverteidigerin Juana Raymundo verschwand am 27. Juli im Departamento Quiché im Nordwesten Guatemalas. Am nächsten Tag wurde ihre Leiche gefunden. Sie war 25 Jahre alt und Mitglied der Kleinbauernorganisation Comité de Desarrollo Campesino (CODECA). Damit wurden in Guatemala allein in den vergangenen drei Monaten acht Menschenrechtsverteidiger_innen getötet.

Appell an

María Consuelo Porras

Fiscal General de la República

15 avenida 15-16 zona 1, Edificio Gerona 8° Nivel

C.P. 01001, Ciudad de Guatemala

GUATEMALA

Sende eine Kopie an

Präsident der Menschenrechtsbehörde der Regierung (COPREDEH)

Sr. Jorge Luis Borrayo

Comisión Presidencial Coordinadora de la Política del Ejecutivo en Materia de Derechos Humanos (COPREDEH)

Avenida La Reforma 2-18, zona 9

C.P. 01009 Ciudad de Guatemala

GUATEMALA


E-Mail: copredeh@copredeh.gob.gt

Botschaft der Republik Guatemala

S. E. Herrn José Francisco Cali Tzay

Joachim-Karnatz-Allee 47, 2.
OG.

10557 Berlin


Fax: 030-2064 3659

E-Mail: sekretariat@botschaft-guatemala.de

Amnesty fordert:

  • Leiten Sie bitte umgehend eine unparteiische und sorgfältige Untersuchung der Tötung von Juana Raymundo und der anderen Menschenrechtsverteidiger_innen von CODECA und CCDA ein. Diese Untersuchung sollte mitbedenken, dass die Morde ein möglicher Vergeltungsschlag für die legitimen Aktivitäten von Menschenrechtsverteidiger_innen sein könnten, wie sie in den kürzlich verabschiedeten Allgemeinen Anweisungen der Generalstaatsanwaltschaft zu Ermittlungen von Angriffen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen erwähnt werden.
  • Bitte ergreifen Sie alle angemessenen Maßnahmen, um die Sicherheit von bedrohten Menschenrechtler_innen der CODECA und CCDA in Absprache mit ihnen zu gewährleisten.
  • Verurteilen Sie bitte deutlich die derzeit zu beobachtende Tötungswelle und erkennen Sie öffentlich die wichtige und legitime Arbeit von Menschenrechtsverteidiger_innen in Guatemala an. Unterlassen Sie es, Menschenrechtler_innen verbal zu diskreditieren, zu stigmatisieren, zu verunglimpfen oder sie zu diskriminieren.

Sachlage

Die Menschenrechtsverteidigerin Juana Raymundo war Krankenschwester und Sprecherin in Nebaji im Departamento Quiché im Nordwesten Guatemalas. Vor fünf Jahren trat sie der Jugendgruppe der Kleinbauernorganisation CODEAC bei und wurde kürzlich in den Vorstand der Befreiungsbewegung Movimiento para la Liberación de los Pueblos gewählt. Zudem ermutigte sie andere Frauen, sich der Bewegung anzuschließen, und unterrichtete sie. Juana Raymundo verschwand am Abend des 27. Juli. Nachbar_innen fanden ihre Leiche am 28. Juli in der Nähe eines kleinen Flusses zwischen den Gemeinden Nebaj und Acambalam und benachrichtigten die Polizei.

CODECA hat die Regierung aufgefordert, die Morde an den Menschenrechtsverteidiger_innen der Organisation und des Comité Campesino del Altiplano (CCDA) aufzukären. CODECA ist eine Menschenrechtsorganisation mit Sitz im Departamento Suchitepéquez im Südwesten Guatemalas. Sie setzt sich für verbesserte Löhne für Kleinbäuer_innen, Landreformen und die Verstaatlichung der Stromversorgung ein. Mitglieder von CODECA werden aufgrund ihrer Arbeit immer wieder ins Visier genommen. Juana Raymundo ist die achte Menschenrechtsverteidiger_in, die allein innerhalb der letzten drei Monate getötet wurde.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Menschenrechtsverteidiger_innen gehen ihrer Tätigkeit in Guatemala in einem extrem feindseligen Umfeld nach, insbesondere diejenigen, die sich für Landrechte und Umweltschutz einsetzen. Sie werden ständig bedroht, eingeschüchtert, angegriffen, verleumdet und stigmatisiert.

Nach Angaben der guatemaltekischen Nichtregierungsorganisation UDEFEGUA, die für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen eintritt, kam es 2017 zu 496 Übergriffen auf Menschenrechtsverteidiger_innen. Im Mai 2018 gab die Generalstaatsanwältin eine interne Allgemeine Anweisung mit Richtlinien zur wirksamen Untersuchung von Angriffen auf Menschenrechtsverteidiger_innen heraus. Bei einer kürzlichen Recherchereise nach Guatemala traf Amnesty International Mitglieder von CODECA, die ihre Besorgnis über die Zahl der Landrechtler_innen und Umweltschützer_innen zum Ausdruck brachte, die in den letzten drei Monaten zur Zielscheibe geworden und dabei belästigt oder getötet worden waren, ohne dass die Untersuchung dieser Angriffe nennenswerte Fortschritte machen würde.

CCDA ist eine 1982 gegründete Kleinbauernorganisation, die sich für den Zugang zu Land und für die Arbeitsrechte kleinbäuerlicher Maya-Gemeinschaften einsetzt. CCDA hat schon früher über Angriffe und Einschüchterungen berichtet. Im Juni 2016 wurde der Indigenensprecher Daniel Choc Pop in San Juan Tres Ríos getötet. Im Juni 2017 kam es zu mehreren Angriffen auf CCDA-Büros und ihre Sprecher_innen. Im Mai 2018 wurden José Can Xol und Mateo Chamám Paau, zwei örtliche CCDA-Sprecher, in den Gemeinden Choctún Basilá bzw. San Juan Tres Ríos ermordet. Beide waren am Schutz und der Verteidigung ihrer Gemeinden in einem bereits lange andauernden Landkonflikt beteiligt. Sie hatten an Verhandlungen und einem Runden Tisch teilgenommen, um zusammen mit den nationalen Behörden Lösungen für die zahlreichen Landkonflikte zu finden, unter denen die Gemeinden in der Region leiden.

Im Mai 2018 wurde Luis Arturo Marroquin, Mitglied der nationalen Koordinierungsstelle der CODECA, in San Luis Jilotepeque im Osten von Zentralguatemala erschossen. Der Vorfall ereignete sich eine Woche nachdem Präsident Jimmy Morales in einer öffentlichen Rede Anfang Mai die Aktivitäten von CODECA diskreditiert und stigmatisiert hatte.

2014 forderte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte die Regierung in dem Urteil Menschenrechtsverteidiger gegen Guatemala auf, umfassende Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen auszuarbeiten und umzusetzen. Trotz einiger Fortschritte ist der Prozess zur Schaffung geeigneter politischer Maßnahmen noch nicht abgeschlossen. Zumeist muss bei Drohungen und Angriffen gegen guatemaltekische Menschenrechtsverteidiger_innen nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen gerechnet werden.

Darüber hinaus werden die Justizbehörden regelmäßig dazu missbraucht, Menschenrechtsverteidiger_innen zu kriminalisieren, um so Bewegungen und Organisationen zu schwächen und Menschenrechtler_innen zu zermürben und sie aus der Öffentlichkeit zu verdrängen. Nähere Informationen finden Sie in den englischsprachigen Berichten: "We are defending the land with our blood": Defenders of the land, territory and environment in Honduras and Guatemala, https://www.amnesty.org/en/documents/amr01/4562/2016/en/) und Americas: State Protection Mechanisms for Human Rights Defenders (https://www.amnesty.org/en/documents/amr01/6211/2017/en/).