Menschenrechtlerin angeklagt

Diese Urgent Action ist beendet.

Die Kinderärztin und Menschenrechtsverteidigerin Yana Antonova aus Krasnodar wurde am 2. Oktober schuldig gesprochen, "an den Aktivitäten einer unerwünschten Organisation teilgenommen" zu haben, und zu 240 Sozialstunden verurteilt. Yana Antonova hat keine Straftat begangen. Sie wird schon seit März 2019 nur wegen ihres friedlichen Aktivismus' strafrechtlich verfolgt. Sie hat Rechtsmittel gegen ihre Verurteilung eingelegt.

Yana Antonova, Russland

Yana Antonova, Russland

Am 7. November 2019 hat ein Gerichtsverfahren gegen Yana Antonova begonnen. Die Menschenrechtsverteidigerin aus Krasnodar in Südrussland steht auf Grundlage des Gesetzes über "unerwünschte Organisationen" unter Anklage. Aufgrund ihres friedlichen Aktivismus ist sie ins Visier der Behörden geraten. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu sechs Jahre Haft.

Appell an

Generalstaatsanwalt

Igor Viktorovich Krasnov

Prosecutor General’s Office

ul. B.Dmitrovka, d.15a

125993 Moscow GSP- 3

RUSSISCHE FÖDERATION

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT der Russischen Föderation
S. E. Herrn
Sergej J. Netschajew
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin

Fax: 030 – 2299 397

E-Mail: info@russische-botschaft.de

Amnesty fordert:

  • Die Anklage "Zusammenarbeit mit einer unerwünschten Organisation" ist gegen Yana Antonova lediglich aufgrund ihres friedlichen Aktivismus erhoben worden. Sie hat keine international als Straftat anerkannte Handlung begangen, so dass die Anklagen gegen sie fallengelassen werden müssen und das Verfahren gegen sie eingestellt werden muss.
  • Bitte leiten Sie alle erforderlichen Schritte ein, um die strafrechtliche Verfolgung von Yana Antonova zu stoppen und sie nicht wegen ihres Engagements zu verfolgen.

Sachlage

Die Behörden gehen seit dem 29. März mit strafrechtlichen Ermittlungen gegen Yana Antonova vor. An diesem Tag wurde ihr Haus durchsucht und sie zur Ermittlungsbehörde zum Verhör gebracht. Am 22. Mai wurde sie offiziell unter Paragraf 284.1 des russischen Strafgesetzbuchs wegen "Zusammenarbeit mit einer unerwünschten Organisation" angeklagt. Die Anklage bezieht sich auf ihre früheren Aktivitäten bei der Bewegung Open Russia, die Menschen zusammenbrachte, die sich für die Förderung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Rechenschaftspflicht der Regierung engagieren wollten. Die Bewegung Open Russia wurde allerdings nie registriert und existiert seit März 2019 auch nicht mehr. Neben der Anklage hat Yana Antonova auch ihren Job verloren und Angehörige ihrer Familie sind im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Maßnahmen gegen die Menschenrechtlerin von Sicherheitskräften drangsaliert worden.

Yana Antonova befindet sich nicht in Haft, aber die Ermittlungen gegen sie sind abgeschlossen und das Verfahren begann am 7. November. Das Urteil könnte im März 2020 bekanntgegeben werden.

Die strafrechtliche Verfolgung von Yana Antonova gründet ausschließlich auf ihrer Teilnahme an den friedlichen Aktivitäten einer öffentlichen Vereinigung. Damit verstoßen die russischen Behörden sowohl gegen ihre Verpflichtungen aus internationalen Menschenrechtsnormen als auch gegen die russische Verfassung, welche die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit schützt, sowie das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren garantiert.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das Gesetz über "unerwünschte Organisationen" kriminalisiert jede Beteiligung an den Aktivitäten einer ausländischen Organisation, die von der Generalstaatsanwaltschaft als "unerwünscht" eingestuft wurde (diese "Straftat" ist in das russische Strafgesetzbuch aufgenommen worden). Auf Grundlage des vage formulierten Gesetzestextes kann eine Organisation willkürlich als "unerwünscht" eingestuft werden, wenn sie eine Gefahr für die "verfassungsrechtliche Ordnung, das Verteidigungspotenzial oder die Staatssicherheit" des Landes darstellt. Wurde eine Organisation als "unerwünscht" eingestuft, sind in der Folge alle Aktivitäten dieser Organisation in Russland sowie auch jegliche Form der Zusammenarbeit mit dieser verboten. Das Gesetz wurde im Mai 2015 erlassen und ist Teil eines anhaltenden harten Vorgehens der russischen Behörden gegen die Vereinigungs- und Meinungsfreiheit. Mehreren ausländischen Organisationen ist unter diesem Gesetz bereits willkürlich die Erlaubnis entzogen worden, in Russland zu arbeiten. Bei den meisten der betroffenen Organisationen handelt es sich um Fördereinrichtungen, die russische zivilgesellschaftliche Bewegungen unterstützen.

Das im Mai 2019 gegen Yana Antonova angestrengte Verfahren ist der dritte Fall, in dem die russischen Behörden ein Verfahren gegen Personen auf Grundlage des Gesetzes über "unerwünschte Organisationen" anstrengen. Im Januar 2019 wurde das erste Verfahren auf Grundlage von Paragraf 284.1 des Strafgesetzbuchs eingeleitet: gegen Anastasia Shevchenko wegen ihrer Verbindung zur Bewegung Open Russia. Die Ermittlungen gegen Anastasia Shevchenko sind noch nicht abgeschlossen, sie befindet sich derzeit unter Hausarrest. Anastasia Shevchenko ist eine gewaltlose politische Gefangene, die lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung inhaftiert ist. (https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/menschenrechtlerin-unter…)

Am 26. April 2017 hatte die russische Generalstaatsanwaltschaft drei Organisationen für "unerwünscht" erklärt: die in Großbritannien ansässigen Gruppen Open Russia und Open Russia Civic Movement sowie die in den USA ansässige Organisation Institute of Modern Russia. Daraufhin gingen die russischen Behörden gegen Aktivist_innen der in Russland ansässigen nicht registrierten Bewegung Open Russia vor. Per Gesetz gilt die Verbindung zu einer unerwünschten Organisation zunächst als Ordnungswidrigkeit. Wird der Vorwurf ein zweites Mal erhoben, gilt er als Straftat, die mit bis zu sechs Jahren Haft geahndet werden kann.