Gefängnisstrafe bestätigt

Der saudi-arabische Menschenrechtsverteidiger Abdulaziz al-Shubaily

Der saudi-arabische Menschenrechtsverteidiger Abdulaziz al-Shubaily

Dem saudi-arabischen Menschenrechtsverteidiger Abdulaziz al-Shubaily wurde am 31. Juli mitgeteilt, dass seine achtjährige Gefängnisstrafe vom Berufungsgericht in Riad bestätigt wurde. Ihm droht nun jederzeit die Inhaftierung, um seine Haftstrafe anzutreten. Er wäre dann als gewaltloser politischer Gefangener zu betrachten.

Appell an

His Majesty King Salman bin Abdul Aziz Al Saud



The Custodian of the two Holy Mosques



Royal Court, Riyadh, SAUDI-ARABIEN

Sende eine Kopie an

Innenminister

His Royal Highness

Prince Abdul Aziz bin Saud bin Naif

Ministry of Interior

P.O. Box 2933

Airport Road, Riyadh 11134

SAUDI-ARABIEN

Fax: (00 966) 11 403 3125

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien

Tiergartenstr. 33-34


10785 Berlin

Fax: 030-8892 5179

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Urteil und Schuldspruch gegen Abdulaziz al-Shubaily aufgehoben werden und er nicht inhaftiert wird, da er lediglich auf Grundlage der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit verurteilt wurde.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass das Strafjustizsystem nicht dazu eingesetzt wird, um Menschenrechtsverteidiger_innen anzugreifen, einzuschüchtern oder zu schikanieren.

Sachlage

Am 31. Juli teilte das Sonderstrafgericht in Riad (Specialized Criminal Court – SCC) Abdulaziz al-Shubaily mit, dass sein Urteil von acht Jahren Haft und ein darauf folgendes achtjährigen Reiseverbot, vom Berufungsgericht bestätigt wurden. Während seines Reiseverbots darf er sich nicht in den sozialen Medien äußern. Abdulaziz al-Shubaily ist ein saudi-arabischer Menschenrechtsverteidiger und Gründungsmitglied der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA). Die Entscheidung über sein Urteil erfolgte nach einem langen Hin und Her zwischen dem SCC, welches ein erstinstanzliches Gericht ist, und dem Berufungsgericht. Abdulaziz al-Shubaily wurde nicht mitgeteilt, an welchem Tag sein Urteilsspruch bestätigt wurde. Ihm droht nun jederzeit die Festnahme, um seine Haftstrafe abzusitzen.

Das Berufungsgericht bestätigte den Schuldspruch des SCC vom 29. Mai 2016. Das SCC hatte Abdulaziz al-Shubaily damals unter anderem schuldig befunden, "die Integrität des Justizsystems und der Richter beleidigt und ihre Unabhängigkeit in Frage gestellt" zu haben. Zudem erging der Schuldspruch wegen "Verstoßes gegen Paragraf 6 des Internetgesetzes" durch "Aufstachelung der öffentlichen Meinung gegen die Führung des Landes und die Unterzeichnung von Stellungnahmen, die online veröffentlicht wurden und die Menschen zum Demonstrieren aufforderten". Außerdem war Abdulaziz al-Shubaily wegen der "konstanten Weigerung der gerichtlichen Anordnung Folge zu leisten, die Organisation ACPRA aufzulösen" für schuldig befunden worden. Er wurde zudem angewiesen, eine Erklärung zu unterschreiben, die ihn zur Beendigung seines Aktivismus verpflichtet. Alle diese Anklagen sind politisch motiviert, weil sie sich auf die Menschenrechtsarbeit von Abdulaziz al-Shubaily bei ACPRA beziehen, darunter auf von der Organisation veröffentlichte Berichte und Twitternachrichten, in denen der Regierung schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt werden.

Abdulaziz al-Shubaily wurde im November 2013 zum Verhör vorgeladen, im Juli 2014 unter Anklage gestellt und am 24. September 2014 vor das Sonderstrafgericht gestellt. Im März 2015 wurden weitere Anklagen gegen ihn erhoben: "Kommunikation mit ausländischen Organisationen" und Weiterleitung von Informationen an Amnesty International, die in zwei Berichten verwendet wurden. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht haben wiederholte Anträge von Abdulaziz al-Shubaily auf die Vorlage von Beweisen zur Untermauerung dieser Anklagen ignoriert.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Abdulaziz al-Shubaily war bisher der Rechtsbeistand von neun der elf ACPRA-Mitglieder, die seit Dezember 2012 strafrechtlich verfolgt werden. Er ist eines der letzten aktiven Gründungsmitglieder von ACPRA, die verurteilt wurden. Seit 2012 werden Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen, darunter auch Mitglieder der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA), immer wieder zum Ziel der saudi-arabischen Behörden. Die Behörden gehen sowohl gerichtlich als auch mit anderen Mitteln gegen sie vor, zum Beispiel indem sie ihnen Reiseverbote auferlegen, um sie damit zu schikanieren, einzuschüchtern und an ihrer Menschenrechtsarbeit zu hindern.

Seit Februar 2014 nutzen die Behörden das neue Antiterrorgesetz, um weiter gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und Regimekritiker_innen vorzugehen. Bei mindestens zwei ACPRA-Mitgliedern wurden die Verfahren unter dem neuen Antiterrorgesetz vor dem SCC wieder aufgenommen.  Beim SCC handelt es sich um ein Sondergericht, das für terrorismus- und sicherheitsbezogene Fälle zuständig ist und dessen Zuständigkeiten und Arbeitsweisen nicht näher spezifiziert sind. Die Wiederaufnahme der Fälle passierte Jahre nachdem die Betroffenen bereits verurteilt worden waren und ihre Strafe, die ihnen wegen derselben Vorwürfe aber nach anderen Gesetzen oder von anderen Gerichten auferlegt worden waren, bereits angetreten hatten. Drei weitere ACPRA-Mitglieder wurden nach Verabschiedung des neuen Antiterrorgesetzes vor das SCC gestellt.

Mitglieder der ACPRA sind besonders von Verfolgung betroffen. Sieben der elf Gründungsmitglieder der Organisation verbüßen derzeit lange Haftstrafen. Abdulaziz al-Shubaily und Issa al-Hamid sind bereits verurteilt, aber noch nicht inhaftiert. Issa al-Hamid wurde am 24. April vom SCC in Riad zu neun Jahren Gefängnis verurteilt, gefolgt von einem neunjährigen Reiseverbot. Dessen Brüder, Dr. Abdulrahman al-Hamid und Dr. Abdullah al-Hamid, die ebenfalls Gründungsmitglieder von ACPRA sind, wurden zu neun bzw. zehn Jahren Haft, gefolgt von entsprechend langen Reiseverboten, verurteilt. Weitere Informationen finden Sie in den Urgent Actions zum Thema vom 15. Oktober 2015 (https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-102-2014-1/menschenrechtler-haft) und vom 11. März 2013 (https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-257-2012-1/menschenrechtler-haft).

Ein weiteres Gründungsmitglied von ACPRA, Dr. Mohammad al-Qahtani, wurde zusammen mit Dr. Abdullah al-Hamid am 9. März 2013 zu elf Jahren Haft mit anschließendem ebenso langem Reiseverbot verurteilt. Issa al-Nukhaifi, auch Mitglied von ACPRA, wurde am 18. Dezember 2016 erneut inhaftiert – nur acht Monate nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war. Dort hatte er eine dreijährige Haftstrafe wegen seines Aktivismus abgesessen. Seit seiner erneuten Inhaftierung wurde er mehrfach zu seinem Einsatz für die Menschenrechte sowie zu seinen Kontakten zu internationalen Menschenrechtsorganisationen verhört. Thema war außerdem seine mutmaßliche Beteiligung an der Einrichtung des Twitteraccounts "Saudi Popular Parliament", der am 10. Dezember 2016 mit dem Ziel online ging, in Saudi-Arabien für Demokratie zu werben. Mohammed al-Bajadi, ein weiteres Gründungsmitglied von ACPRA, wurde im Jahr 2016 freigelassen, nachdem er seine vierjährige Haftstrafe abgesessen hatte, die ihm am 10. April 2012 vom SCC in einem geheimen Verfahren auferlegt worden war. Dr. Abdulkareem Yousef al-Khoder, auch Gründungsmitglied von ACPRA, wurde am 19. Oktober 2015 vom SCC zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, gefolgt von einem zehnjährigen Reiseverbot. Im November 2014 wurde Fowzan al-Harbi, auch Gründungsmitglied von ACPRA, mitgeteilt, dass seine siebenjährige Haftstrafe von einem Berufungsgericht in Riad auf zehn Jahre verlängert worden war. Kurz darauf wurde er inhaftiert. Abdulaziz al-Sunaidi, Aktivist und Mitglied von ACPRA, wurde am 13. Oktober 2015 vom SCC zu acht Jahren Haft, gefolgt von einem achtjährigen Reiseverbot, verurteilt. Der ehemalige Richter Suliaman al-Rashudi, ein weiteres Gründungsmitglied von ACPRA und ehemaliger Vorsitzender der Organisation, wurde am 22. November 2011 zu 15 Jahren Haft gefolgt von einem 15-jährigen Reiseverbot verurteilt.