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China: Seit 2 Jahren ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft
Diese Urgent Action ist beendet.
Der tibetische Mönch Rinchen Tsultrim wurde am 1. Februar 2024 in der Provinz Sichuan aus der Haft entlassen. Er hatte eine Gefängnisstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen "Aufwiegelung zum Separatismus" verbüßt, weil er auf seinem WeChat-Konto politische Ansichten geäußert hatte. Er steht nun unter strenger Überwachung und wird in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Sein derzeitiger physischer und psychischer Zustand ist unbekannt.

Der tibetische Mönch Rinchem Tsultrim (Archivaufnahme)
© Private
Rinchen Tsultrim wurde im November 2020 in einem Geheimverfahren wegen "Aufwiegelung zum Separatismus" zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Zuvor hatte er sich auf der chinesischen Social Media-Plattform WeChat politisch geäußert. Seit 1. August 2019 wird der tibetische Mönch ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten; seine Familienangehörigen erfuhren erst Monate später über Umwege etwas über seinen Verbleib. Nach internationalen Menschenrechtsnormen und -standards darf niemand wegen der friedlichen Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert werden. Es besteht große Sorge um Rinchen Tsultrim, da er keinen Zugang zu seiner Familie oder seinem Rechtsbeistand hat.
Appell an
Chen Zhilin
Sichuan Province Prison Administration Bureau
No. 1, Binjiangzhong Lu, Chengdu
610020 Sichuan Province
VOLKSREPUBLIK CHINA
Sende eine Kopie an
Botschaft der Volksrepublik China
S. E. Herrn Ken Wu
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: presse.botschaftchina@gmail.com
Amnesty fordert:
- Bitte sorgen Sie dafür, dass Rinchen Tsultrim umgehend und bedingungslos freigelassen wird, es sei denn, es liegen ausreichende, glaubwürdige und zulässige Beweise vor, nach denen er eine international anerkannte Straftat begangen hat, und er einen Prozess erhält, der den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht.
- Bitte sorgen Sie dafür, dass er bis zu seiner Freilassung regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu seiner Familie und Rechtsbeiständen seiner Wahl erhält. Stellen Sie zudem sicher, dass er nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.
Sachlage
Der tibetische Mönch Rinchen Tsultrim (仁青持真) wurde am 1. August 2019 festgenommen. Es dauerte Monate, bis seine Angehörigen im März 2020 offiziell darüber informiert wurden, dass gegen ihn der Verdacht der "Aufwiegelung zum Separatismus" vorliege. Nach einem weiteren Jahr – im März 2021 – teilte das Büro für öffentliche Sicherheit der Autonomen Präfektur Aba der Tibeter und Qiang seiner Familie mit, dass sich Rinchen Tsultrim in einem Gefängnis in Chengdu befinde. Weitere Angaben machten die Behörden nicht.
Im November 2020 wurde Rinchen Tsultrim in einem Geheimverfahren wegen "Aufwiegelung zum Separatismus" zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Seine Familienangehörigen erfuhren erst durch eine Antwort der chinesischen Behörden an vier Menschenrechtsexpert:innen der Vereinten Nationen im August 2021 von dem Prozess und den Anklagen gegen ihn. Aus dieser Antwort ging auch hervor, dass er im Gefängnis von Aba in der Provinz Sichuan festgehalten wird.
Bisher wurden keine offiziellen Informationen über die Situation von Rinchen Tsultrim direkt an seine Familie weitergegeben. Da er weder Zugang zu seinen Angehörigen noch zu seinen Rechtsbeiständen hat, besteht große Sorge um seinen Gesundheitszustand und sein Wohlbefinden.
Rinchen Tsultrim lebte als Mönch im Nangshig-Kloster in der autonomen tibetischen Präfektur Aba der Provinz Sichuan. Nach landesweiten Unruhen im Jahr 2008 begann er seine Ansichten in tibetischer Sprache über die chinesische Social Media-Plattform WeChat und über seine persönliche Website mit dem Titel "Zweifel an Tibet" zu veröffentlichen. 2018 wurde Rinchen Tsultrim von den örtlichen Sicherheitsbehörden aufgrund seiner kritischen Äußerungen zur chinesischen Politik zweimal verwarnt. Daraufhin wurde er streng überwacht und seine persönliche Website wurde abgeschaltet.
Die Vermutung ist naheliegend, dass er inhaftiert wurde, weil er seine politische Meinung im Internet geäußert hatte. Nach internationalen Menschenrechtsnormen und -standards darf niemand wegen der friedlichen Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert werden.
Hintergrundinformation
Unter dem Deckmantel der "Bekämpfung des Separatismus", der "Bekämpfung des Extremismus" und der "Bekämpfung des Terrorismus" gibt es in von Tibeter:innen besiedelten Gebieten Chinas sowie in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang schwere und massive Einschränkungen und Repressionen von ethnischen Minderheiten. Der Zugang zu und das Verlassen von tibetisch besiedelten Gebieten ist nach wie vor stark eingeschränkt, insbesondere für Journalist:innen, Akademiker:innen und Mitarbeiter:innen von Menschenrechtsorganisationen. Das macht es sehr schwierig, die Menschenrechtssituation in der Region zu recherchieren und zu dokumentieren.
Im Juni 2020 hatten 50 unabhängige UN-Menschenrechtsexpert:innen China für die Unterdrückung religiöser und ethnischer Minderheiten, unter anderem in Tibet und Xinjiang, scharf kritisiert. Am 6. Oktober 2020 gaben 39 UN-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie ihre große Besorgnis über die Menschenrechtslage in Tibet, Xinjiang und anderen Regionen Chinas zum Ausdruck brachten. 44 UN-Mitgliedstaaten gaben am 21. Juni 2021 eine weitere gemeinsame Erklärung ab, in der sie dieselben ernsten Bedenken äußerten.
Laut den chinesischen Gesetzesvorschriften, die am 1. Februar 2020 in Kraft traten, müssen religiöse Gruppen "der Führung der Kommunistischen Partei Chinas folgen, die Sinisierung der Religion beibehalten und die sozialistischen Grundwerte praktizieren." Die Regierung versucht, religiöse Lehren und Praktiken mit der Staatsideologie in Einklang zu bringen und die Kontrolle sowohl über staatlich anerkannte als auch nicht-anerkannte religiöse Gruppen umfassend zu verstärken. Berichte zeugen von der Zerstörung Tausender kultureller und religiöser Stätten, insbesondere im Nordwesten Chinas. Die staatliche Unterdrückung der Religion in Tibet und Xinjiang bleibt weiterhin streng. Zahlreiche Personen befinden sich aufgrund gewöhnlicher religiöser Praktiken willkürlich in Haft.