Schamane aus psychiatrischer Haft frei

Diese Urgent Action ist beendet.

Der sibirische Schamane Aleksandr Gabyshev wurde am 22. Juli aus der psychiatrischen Haft entlassen, nachdem er am 21. Juli einer psychologischen und psychiatrischen Untersuchung unterzogen worden war. Aleksandr Gabyshev wurde wegen seiner offenen Kritik an den Behörden ins Visier genommen und verbrachte mehr als zwei Monate in willkürlichem Freiheitsentzug.

Ein Mann mit schulterlangen schwarzen Haaren und dunkelgrauem Hemd sitzt in einem Zimmer mit Holzwänden. Im Hintergrund hat es einen Aktenstapel.

Der sibirische Schamane Aleksandr Gabyshev im Oktober 2019

Sachlage

Am 22. Juli wurde der sibirische Schamane Aleksandr Gabyshev aus der neuropsychologischen Betreuungsstelle von Jakutsk freigelassen, wo er zwei Monate zuvor, am 12. Mai, gegen seinen Willen eingewiesen worden war. Sein Verteidigungsteam konnte erwirken, dass er am 21. Juli eine psychologische und psychiatrische Untersuchung erhielt. Danach entschied das medizinische Komitee der neuropsychologischen Betreuungsstelle, ihn aus der Klinik zu entlassen.

Aleksandr Gabyshev wurde wegen seiner offenen Kritik an den Behörden zur Zielscheibe. Er brach 2019 zu einem Fußmarsch von Jakutsk nach Moskau auf, wo er eigenen Aussagen zufolge den Kreml von Wladimir Putin säubern wollte. Seine Reise wurde im September 2019 rechtswidrig von der Polizei abgebrochen und er musste nach Jakutsk zurückkehren.

Am 12. Mai 2020 drangen Bereitschaftspolizeikräfte und mehrere Sanitäter_innen mit Gewalt in die Wohnung von Aleksandr Gabyshev ein und brachten ihn in die neuropsychologische Betreuungsstelle von Jakutsk, weil er angeblich einen COVID-19-Test verweigert hatte. Seinem Rechtsbeistand zufolge wurde Aleksandr Gabyshev gezwungen, eine Einwilligung für eine zweiwöchige Einweisung zu Beobachtungszwecken zu unterschreiben. Der COVID-19-Text fiel negativ aus und am 29. Mai verlangte Aleksandr Gabyshev seine Entlassung. Eine eilig einberufene Ärztekommission stellte allerdings fest, dass der Schamane eine "Gefahr für sich und andere" darstelle. Der Leiter der Betreuungsstelle beantragte beim Stadtgericht von Jakutsk eine Genehmigung für die Verlängerung der Verwahrung von Aleksandr Gabyshev und argumentierte, dass der Patient an einer "Überbewertung der eigenen Persönlichkeit" leide und die Absicht geäußert habe, der "Regierung schaden zu wollen". Am 2. Juni 2020 bestätigte das Gericht die Zwangsunterbringung von Aleksandr Gabyshev in einem psychiatrischen Krankenhaus, sodass er dort unbefristet festgehalten werden konnte.

Die Zwangsunterbringung von Aleksandr Gabyshev in einem psychiatrischen Krankenhaus ist ein klarer Fall des Missbrauchs der Psychiatrie zum Zwecke der Bestrafung und stellt eine Verletzung des Rechts auf Freiheit und des Rechts auf freie Meinungsäußerung dar. Amnesty International begrüßt die Freilassung von Aleksandr Gabyshev aus der unbefristeten psychiatrischen Haft. Es ist anzunehmen, dass seine Freilassung ein direktes Resultat des internationalen Drucks und der damit verbundenen Reichweite des Falls ist.

Zurzeit sind keine weiteren Aktionen des Eilaktionsnetzes erforderlich. Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben.