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Q&A zum Menschenrechtspreis 2022

Der diesjährige Menschenrechtspreis geht an den EHRCO (Ethiopian Human Rights Council). Da ihr im Rahmen eurer Arbeit zum Menschenrechtspreis ebenfalls Adressat_innen von Nachfragen und Kommentaren zum Preisträger sein könntet, möchten wir euch mit diesem Q&A ein paar weiterführende Infos rund um den Menschenrechtspreis, den diesjährigen Preisträger sowie dem politischen Kontext in Äthiopien mitgeben.
Allgemeines zum Amnesty-Menschenrechtspreis und EHRCO
Was ist der Menschenrechtspreis?
Mit dem Menschenrechtspreis zeichnet die deutsche Sektion von Amnesty International alle zwei Jahre Persönlichkeiten und Organisationen aus, die sich unter schwierigen Bedingungen für die Menschenrechte einsetzen. Ziel des Preises ist es, das Engagement dieser Menschen zu würdigen, sie zu unterstützen und zu schützen sowie ihre Arbeit in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Der Preis wird in Kooperation mit der "Stiftung Menschenrechte – Förderstiftung Amnesty International" vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. 2022 wird der Amnesty-Menschenrechtspreis zum elften Mal verliehen. Hier mehr über den Menschenrechtspreis erfahren.
Wer ist der EHRCO?
Der EHRCO (Ethiopian Human Rights Council) hat sich 1991 als unabhängige, gemeinnützige und unparteiische Nichtregierungsorganisation gegründet. Er ist damit die älteste unabhängige Menschenrechtsorganisation Äthiopiens. Die Organisation hat sich das Ziel gesetzt, die Achtung der Menschenrechte zu fördern, den Aufbau eines demokratischen Systems voranzutreiben und Rechtstaatlichkeit in Äthiopien einzufordern. Der EHRCO untersucht und berichtet über Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien. Außerdem bildet er zivilgesellschaftliche und staatliche Akteur_innen zum Thema Menschenrechte fort. Betroffene von Menschenrechtsverletzungen erhalten kostenlosen Rechtsbeistand vom EHRCO, die Organisation nimmt zudem als Beobachterin an Gerichtsprozessen teil und hat einen Beobachterinnenstatus bei der Afrikanischen Union.
Warum wird der EHRCO ausgezeichnet?
Seit mehr als 30 Jahren ist der unabhängige Äthiopische Menschenrechtsrat (EHRCO) die Stimme der Menschenrechte in Äthiopien. Die Mitarbeiter_innen untersuchen Menschenrechtsverletzungen, ermöglichen Rechtsberatung für Betroffene und engagieren sich in der Menschenrechtsbildung. Ihr Einsatz ist oft mit Repressalien und persönlichen Gefahren verbunden. Auch vor dem Hintergrund des bewaffneten Konflikts Norden des Landes, vor allem in der Region Tigray, ist die Menschenrechtsarbeit des EHRCO unverzichtbar. Seit 30 Jahren kämpft der EHRCO für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen: Dafür wurden seine Mitarbeitenden und Unterstützer_innen beleidigt, inhaftiert, gefoltert und sogar getötet. Dennoch hat sich der EHRCO zu keinem Zeitpunkt einschüchtern lassen. Diesen Mut und Einsatz würdigt Amnesty International mit dem elften Amnesty-Menschenrechtspreis.
Was unterscheidet den EHRCO von der staatlichen Äthiopischen Menschenrechtskommission (EHRC)?
Die Äthiopische Menschenrechtskommission (EHRC) wurde im Jahr 2000 von der äthiopischen Regierung eingesetzt, um die Achtung der Menschenrechte zu fördern und Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Die EHRC war stets unzureichend ausgestattet und ist nicht unabhängig. Seit 2019 leitet Daniel Bekele die Menschenrechtskommission. Nach wie vor ist die EHRC eine staatliche Institution.
Der mit dem Menschenrechtspreis ausgezeichnete Äthiopische Menschenrechtsrat (EHRCO) wurde am 10. Oktober 1991 vom Menschenrechtler Mesfin Woldemariam und 31 Kolleg_innen als zivilgesellschaftliche unabhängige Organisation gegründet. Ziel war es, die damalige äthiopische Übergangsregierung bei der Achtung, dem Schutz und der Verwirklichung der Menschenrechte zu unterstützen. Der Äthiopische Menschenrechtsrat wird anders als die Äthiopische Menschenrechtskommission nicht vom äthiopischen Staat, sondern durch nicht-staatliche Beiträge finanziert. Amnesty International arbeitet seit seiner Gründung mit dem EHRCO zusammen.
Wie kann ich den Preisträger unterstützen?
Amnesty International fordert von der äthiopischen Regierung, dass unabhängige Menschenrechtsorganisationen, wie der EHRCO, geschützt werden muss. Um unseren Forderungen an die äthiopische Regierung Nachdruck zu verleihen, brauchen wir auch deine Stimme. Unterstütze jetzt die Online-Aktion.
Zur Arbeit in Äthiopien
EHRCO verfolgt die Lage in Tigray sehr aufmerksam und ruft alle Konfliktparteien seit Beginn des Konflikts zum Finden einer friedlichen Lösung und zur Achtung der Menschenrechte auf. Trotz der schwierigen Sicherheitslage konnte EHRCO über Mitglieder und Unterstützer_innen, die in Tigray leben, Informationen über die Menschenrechtssituation vor Ort sammeln und berichten. EHRCO weist darauf hin, dass es in Tigray zu verschiedenen Menschenrechtsverletzungen sowohl durch Regierungstruppen als auch durch die Tigrayische Volksbefreiungsfront TPLF gekommen ist. Geschlechtsspezifische Gewalt wird genauso dokumentiert wie Entführungen, außergerichtliche Hinrichtungen und Massenverhaftungen von Tigrayer_innen in verschiedenen Teilen des Landes. EHRCO fordert alle Konfliktparteien auf, die Zivilbevölkerung zu schützen und alle willkürlich inhaftierten Menschen bedingungslos und umgehend freizulassen.
Die Arbeit des EHRCOs in der Region Tigray wird seit Ausbruch des bewaffneten Konflikts von verschiedenen Seiten stark behindert. Da das EHRCO-Büro in Mekelle, der Regionalhauptstadt von Tigray, noch vor Ausbruch des gewaltsamen Konfliktes aus Sicherheitsgründen geschlossen werden musste, gibt es nicht so viele Stellungnahmen vom EHRCO zur Region Tigray. Die Sicherheitslage in Tigray hat sich zunehmend verschlechtert und ist sehr instabil, weshalb EHRCO es nicht verantworten konnte, Mitarbeitende in das Gebiet zu entsenden. Ein offizieller Antrag an das äthiopische Verteidigungsministerium und an das Friedensministerium zur Untersuchung der Menschenrechtslage in Tigray mit Einreisegenehmigung in die Region wurde nicht genehmigt (blieb unbeantwortet). Der Zugang zur Region ist kaum möglich: Nicht nur die Straßen nach Tigray, sondern auch der Internetzugang und Telekommunikationskanäle sind gesperrt. Da der EHRCO eine Face-to-Face Policy für Interviews im Rahmen der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen verfolgt, ist die Arbeit so zusätzlich erschwert.
Mehr dazu von EHRCO selbst auf Twitter.
Wie positioniert sich Amnesty International zu dem Konflikt in Nordäthiopien?
Alle Konfliktparteien begehen Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen. Die bewaffneten Auseinandersetzungen forderten seit November 2020 mindestens 1.500 Menschenleben. Amnesty International dokumentierte tödliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung, die sowohl die eritreischen und äthiopischen Streitkräfte verübten als auch die Spezialpolizei der Region Amhara, die Milizengruppe Fano in Amhara und die TPLF. Jungen und Männer wurden in Massenhinrichtungen getötet, Eigentum wurde geplündert und zivile Infrastruktur komplett zerstört. Alle Konfliktparteien vergewaltigten in Tigray und Amhara hunderte Frauen und Mädchen und setzten Massenvergewaltigungen in diesem Konflikt als Kriegswaffe ein. Amnesty International verurteilt außerdem, dass die äthiopischen Behörden humanitäre Hilfe blockieren.
Mehr Informationen über die Situation in Nordäthiopien im aktuellsten Amnesty-Bericht "'We Will Erase You From This Land': Crimes Against Humanity and Ethnic Cleansing in Ethiopia’s Western Tigray Zone".
Weitere Berichte zum Konflikt finden sich auf www.amnesty.de/menschenrechtspreis
Wie kann Amnesty Recherchen zur Region anstellen, obwohl Amnesty nicht in die Region reisen darf?
Amnesty International verfügt über entsprechende technische Möglichkeiten und führt Interviews mit einer großen Zahl an Personen durch. Dies betrifft Personen in Flüchtlingslagern außerhalb Äthiopiens und Remote-Interviews mit Personen in der Konfliktregion selbst. Außerdem prüft und verifiziert Amnesty medizinische und forensische Berichte, Satellitenbilder, Fotos und Videos.
Politischer Diskurs und Kommunikation in den sozialen Netzwerken
Die gravierenden Menschenrechtsverletzungen über Jahrzehnte und die teils gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppen und Regionen in Äthiopien zeigen sich auch in den oft höchst kontrovers geführten (politischen) Auseinandersetzung. Der Diskurs wird teilweise scharf und vorwurfsvoll geführt. Dies auch in den sozialen Netzwerken.
Amnesty International toleriert grundsätzlich keine Nutzer_innenbeiträge mit diskriminierenden, sexistischen, gewaltverherrlichenden, beleidigenden, verleumderischen, illegalen, oder gegen die jeweiligen Nutzungsbedingungen der Plattformen verstoßenden Inhalten. Mehr dazu in unserer Netiquette.
Sachliche und konstruktive kritische Meinungsäußerung – natürlich auch an der Arbeit von Amnesty International – ist im Sinne des Menschenrechts auf Meinungsfreiheit (Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) ausdrücklich erwünscht.
Kontroverser Tweet aus dem Jahr 2020
Nach Bekanntgabe der Verleihung des Menschenrechtspreises an den EHRCO, wurde Amnesty International auf einen Tweet aufmerksam gemacht, der im November 2020 von Dan Yirga Hailes Twitter-Account abgesetzt wurde. Dan Yirga Haile ist seit 2006 für den EHRCO tätig und seit 2020 dessen Geschäftsführender Direktor. In diesem inhaltlich widersprüchlichen Tweet wird dem Eritreischen Militär gedankt und zwei Bilder des Äthiopischen Militärs gezeigt.
Dan Yirga teilte umgehend öffentlich mit, dass sein Mobiltelefon zu dieser Zeit gestohlen gewesen ist und in der Folge eine unbekannte Person über seine Twitter- und Facebook-Accounts problematische Tweets abgesetzt hätte. Amnesty hat daraufhin alles unternommen, um den Sachverhalt zu prüfen. Amnesty hat glaubwürdige Materialien erhalten, die die Meldung über den Diebstahl des Telefons bei Polizei und EHRCO dokumentieren. Es ist daher davon auszugehen, dass der Tweet nicht von Dan Yirga persönlich abgesetzt wurde.
Amnesty International teilt den Inhalt des Tweets in keiner Weise und distanziert sich ausdrücklich davon. Amnesty hat seit Beginn des Konfliktes kontinuierlich schwere Menschenrechtsverletzungen durch die EDF (Streitkräfte Eritreas) und die ENDF (Streitkräfte Äthiopiens) dokumentiert. EHRCO und sein geschäftsführender Direktor Dan Yirga haben sich ebenfalls ausdrücklich vom Inhalt des Tweets distanziert. EHRCO hat seit Beginn des Konfliktes gravierende Menschenrechtsverletzungen durch alle Konfliktparteien dokumentiert und alle Konfliktparteien, ausdrücklich auch die ENDF aufgefordert, Zivilist_innen zu schützen und Menschenrechtsverletzungen zu unterlassen. Dieser Vorgang verdeutlicht das schwierige Umfeld, in dem die Preisträgerorganisation arbeitet.
Mehr Informationen rund um die Kampagne und den Amnesty-Menschenrechtspreis: www.amnesty.de/menschenrechtspreis