Aktuell Aserbaidschan 27. Juni 2012

Aserbaidschan: Unterdrückung hält trotz Freilassungen an

Ahad Mammadli wurde am 2. April 2012 bei friedlichen Protesten in Baku festgenommen. Nun ist er wieder frei

Ahad Mammadli wurde am 2. April 2012 bei friedlichen Protesten in Baku festgenommen. Nun ist er wieder frei

27. Juni 2012 - Am vergangenen Freitag wurden in Aserbaidschan neun gewaltlose politische Gefangene freigelassen. Sie hatten sich seit letztem Frühjahr wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten in Haft befunden. Ihre Freilassung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die aserbaidschanische Regierung mit unverminderter Härte gegen kritische Stimmen im Land vorgeht.

Am vergangenen Freitag wurden in Aserbaidschan neun gewaltlose politische Gefangene freigelassen. Sie hatten sich seit letztem Frühjahr wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten in Haft befunden. Ihre Freilassung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die aserbaidschanische Regierung mit unverminderter Härte gegen kritische Stimmen im Land vorgeht.

"Wir begrüßen die längst fällige Freilassung der neun Aktivisten, sie hätten jedoch gar nicht erst hinter Gitter kommen dürfen", sagte John Dalhuisen, Direktor des Europa und Zentralasien Programms von Amnesty International.

Die Aktivisten wurden freigelassen kurz bevor der Ausschuss für Recht und Menschenrechte des Europarats in Straßburg mit knapper Mehrheit einen Bericht zu politischen Gefangenen in Aserbaidschan annahm. Der Bericht nennt etwa 100 mutmaßliche politische Gefangene, die sofort freigelassen oder in einem fairen Prozess einer erkennbar strafbaren Handlung angeklagt werden müssen. Die aserbaidschanischen Behörden hatten Christoph Strässer, dem Sonderberichterstatter für politische Gefangene in Aserbaidschan und Urheber des Berichts, wiederholt die Einreise ins Land verweigert.

"Wir sind sehr erfreut darüber, dass der Ausschuss Christoph Strässers Bericht angenommen hat und fordern die aserbaidschanischen Behörden dazu auf, mit der parlamentarischen Versammlung des Europarats zusammenzuarbeiten und dieses seit langer Zeit bestehende Problem endlich zu beheben", sagte Dalhuisen.

Die neun freigelassenen Aktivisten sind Arif Hajili, Tural Abbasli, Rufat Hajibaili, Ahad Mammadli, Mahammad Majidli, Zulfugar Eyvazov, Sahib Karimov, Ulvi Guliyev und Babek Hasanov. Amnesty International betrachtete sie während ihrer Haftzeit als gewaltlose politische Gefangene und hat sich für ihre Freilassung eingesetzt.

Die Unterdrückung der Rechte auf freie Meinungsäußerung, auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit hält jedoch unvermindert an. Tural Abbasli, der nun freigelassene Vorsitzende der Jugendorganisation der oppositionellen Musavat Partei, wurde für Juli zum Militärdienst einberufen, offenbar in dem Versuch, seine politischen Aktivitäten zu unterbinden.

Einen Tag vor der Freilassung der neun Aktivisten wurde Hilal Mamedov, der Herausgeber einer in der Minderheitssprache Talisch herausgegebenen Zeitung, auf Grundlage fadenscheiniger Anschuldigungen festgenommen. Hilal Mamedov hatte zuvor auf Youtube einen aserbaidschanischen Rap-Battle mit dem Titel "Wer bist Du, geh schon, fort mit Dir" gepostet, der im Internet weit verbreitet und schließlich von der russischen Opposition dazu genutzt wurde, Präsident Putin zu anzugreifen.

Lokale Menschenrechtsaktivisten vermuten, dass die Behörden mit Mamedovs Festnahme nach der Veröffentlichung des Videos ein zunehmendes Medieninteresse an den Rechten der talischen Minderheit, für die Mamedov eintritt, abwenden wollten.

Er wurde ohne Erklärung von der Polizei festgenommen. Auf der Polizeiwache wurde er durchsucht, wobei nach Aussage von Polizisten angeblich ein Päckchen mit fünf Gramm Heroin gefunden wurden. Die Polizei gab zudem an, in Hilal Mamedovs Haus zusätzliche 20Gramm der Droge gefunden zu haben. Hilal Mamedov versicherte, dass ihm die Drogen untergeschoben worden seien. Sein Anwalt wurde zunächst nicht zu ihm vorgelassen, erst am folgenden Tag konnte er seinen Mandanten besuchen. Der Anwalt berichtete Amnesty International, dass Hilal Mamedov in Polizeigewahrsam gefoltert worden sei und zeigte Fotos von dessen Verletzungen an Füßen und Fußgelenken.

Am 22. Juni ordnete ein Gericht in Baku eine dreimonatige Untersuchungshaft an auf Grundlage des Vorwurfs, Hilal Mamedov sei im Besitz großer Mengen von Drogen gewesen. Sollte er verurteilt werden, drohen ihm 12 Jahre Haft.

Die Festnahme Hilal Mamedovs ist die jüngste einer ganzen Welle von Festnahmen und Anschuldigungen gegen Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und politische Aktivisten.

Amnesty International fordert die aserbaidschanische Regierung erneut dazu auf, die konstruierten Anschuldigungen gegen die Journalisten Anar Bayramli und Ramin Bayramov, gegen die Menschenrechtsverteidiger Mehman Huseynov, Ogtay Gulaliyev, Vidadi Isgandarov und Taleh Khasmammadov sowie gegen den politischen Aktivisten Shahin Hasanli fallen zu lassen.

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