Gewerkschafter in Lebensgefahr

Lage Kolumbiens

Lage Kolumbiens

Zwei unbekannte Männer schossen am 16. Juni in Medellín im Nordwesten Kolumbiens auf den Gewerkschaftsführer José Onofre Esquivel Luna, als er in einem Auto unterwegs war. Es besteht Sorge um seine Sicherheit.

Appell an

PRÄSIDENT
Señor Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Palacio de Nariño
Carrera 8 No. 7-26, Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Excmo. Sr. Presidente Santos / Dear President Santos / Sehr geehrter Herr Präsident Santos)
Fax: (00 57) 1 596 0631

INNENMINISTER
Aurelio Iragorri Valencia
Calle 12B No 8-46, Primer Piso
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Estimado Sr. Ministro / Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 57) 1 283 9876

Sende eine Kopie an

GEWERKSCHAFT
SINALTRAINAL
Carrera 15 # 35–18, Bogotá
KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S. E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 31. Juli 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, eine umfassende und unparteiische Untersuchung des Anschlags auf José Onofre Esquivel Luna einzuleiten, die Ergebnisse zu veröffentlichen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

  • Ich bin äußerst besorgt um die Sicherheit von José Onofre Esquivel Luna und die anderer Mitglieder von SINALTRAINAL. Ich möchte Sie mit Nachdruck auffordern, in Absprache mit allen Betroffenen Schutzmaßnahmen für sie zu veranlassen.

  • Ergreifen Sie bitte unverzüglich Maßnahmen zur Auflösung paramilitärischer Gruppierungen und ihrer Verbindungen zu den Sicherheitskräften, wie es die Vereinten Nationen in ihren Empfehlungen zum Schutz der Menschenrechte mehrfach ausgesprochen haben.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to order a full and impartial investigation into the attack against José Onofre Esquivel Luna, to publish the results and bring those responsible to justice.

  • Expressing concern for the safety of José Onofre Esquivel Luna and other members of SINALTRAINAL and demanding that the authorities provide protection for those threatened, as agreed with those in danger.

  • Urging them to take immediate action to dismantle paramilitary groups and break their links with the security forces, in line with repeated UN recommendations.

Sachlage

Am 16. Juni war José Onofre Esquivel Luna in Medellín im Departamento Antioquia in einem Wagen unterwegs, als zwei Männer auf Motorrädern das Feuer auf ihn eröffneten. José Onofre Esquivel Luna ist Vizepräsident der Gewerkschaft SINALTRAINAL (Sindicato Nacional de Trabajadores de la Industria de Alimentos) in Bugalagrande, die Mitarbeiter der Nestlé-Niederlassung in Bugalagrande im Departamento Valle del Cauca vertritt. Er war in Begleitung zweier Leibwächter, die ihm genau wie das Auto von der Nationalen Schutzbehörde (Unidad Nacional de Protección – UNP) zugewiesen worden waren. Die Leibwächter eröffneten ihrerseits das Feuer und töteten dabei einen der Angreifer. Der andere Angreifer wurde verletzt und konnte festgenommen werden. Ein zufällig anwesender Busfahrer wurde bei dem Schusswechsel ebenfalls verletzt.

José Onofre Esquivel Luna war nach Medellín gekommen, um an einem Treffen von SINALTRAINAL-Gewerkschaftsführer_inne aus verschiedenen Teilen Kolumbiens teilzunehmen. Das Treffen sollte ursprünglich am 17. Juni beginnen, wurde im Zuge des Anschlags nun jedoch ausgesetzt.

José Onofre Esquivel Luna war bereits am 8. November 2013 von Paramilitärs mit dem Tod bedroht worden. Tags darauf war Oscar López Triviño, ebenfalls Mitglied der Gewerkschaft in Bugalagrande, getötet worden. Während der letzten Jahre war SINALTRAINAL an zahlreichen Arbeitskämpfen beteiligt, in die auch große multinationale Unternehmen involviert waren. Im Zuge der Arbeitskämpfe kam es oftmals zu Berichten darüber, dass Gewerkschaftsmitglieder von Paramilitärs, die entweder selbstständig oder in Zusammenarbeit mit den Sicherheitskräften operieren, bedroht oder angegriffen wurden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und andere soziale Organisationen werden in Kolumbien von Regierungsbeamt_innen, Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen oft als Guerillakollaborateure oder unterstützer bezeichnet. Diesen Anschuldigungen folgen häufig Drohungen gegen oder Angriffe auf Menschenrechtsaktivist_innen. Kolumbien gehört zu den Ländern mit der höchsten Tötungsrate von Gewerkschaftsmitgliedern. Mitglieder von Gewerkschaften werden im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen und dem Kampf um die Verbesserung ihrer sozio-ökonomischen Rechte immer wieder mit dem Tod bedroht oder gar getötet.

Zwar wurden die paramilitärischen Gruppen Kolumbiens angeblich ab 2003 in einem von der Regierung unterstützten Prozess demobilisiert, doch zeigen die Drohungen gegen Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften in Valle del Cauca und anderswo eindeutig, dass sie noch immer aktiv sind. Auch Guerillaeinheiten waren in den letzten Jahren im Südwesten Kolumbiens für zahlreiche Tötungen und Drohungen verantwortlich.

Seit der Gründung von SINALTRAINAL im Jahr 1982 haben Mitglieder wiederholt Morddrohungen erhalten und mehr als 20 wurden von Paramilitärs getötet. Der Gewerkschaft zufolge hatten 13 der getöteten Gewerkschaftsmitglieder für Nestlé gearbeitet. Das Unternehmen hat bislang jegliche Verbindungen zu Paramilitärs dementiert. Es hat jedoch die Pflicht, die Behörden bei einer umfassenden und unparteiischen Untersuchung der jüngsten Tötungen und Drohungen zu unterstützen und sie zu solchen Untersuchungen aufzufordern, um für die Sicherheit der Gewerkschaftsmitglieder zu sorgen und sicherzustellen, dass das Unternehmen nicht von den Handlungen der Paramilitärs profitiert.

Am 8. November 2013 schickte die paramilitärische Gruppe Los Urabeños eine Morddrohung an José Onofre Esquivel Luna und Álvaro Varela Pérez, beides Gewerkschaftsführer von SINALTRAINAL in Bugalagrande. Am 9. November wurde Oscar López Triviño, ebenfalls Mitglied der Gewerkschaft in Bugalagrande, erschossen. José Onofre Esquivel Luna und Álvaro Varela Pérez sind in der örtlichen Nestlé-Fabrik angestellt, und auch Oscar López Triviño hatte vor seinem Tod für das Unternehmen gearbeitet.

Amnesty International veröffentlichte 2007 einen Bericht über die kritische Menschenrechtslage von Gewerkschafter_innen in Kolumbien (http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR23/001/2007). In dem Bericht wird betont, dass Unternehmen für Menschenrechtsverstöße zur Verantwortung gezogen werden können, für die sie sich durch ihr Verhalten möglicherweise verantwortlich gemacht haben, und dass sie von diesen nicht profitieren sollten. In dem Bericht fordert die Organisation Unternehmen, darunter auch Nestlé, dazu auf, aus eigener Initiative zu handeln, um die kolumbianischen Behörden dazu zu veranlassen, die Straffreiheit bei Menschenrechtsverstößen gegen Gewerkschafter_innen zu beenden. Dies würde dazu beitragen, dass Gewerkschafter_innen ihre legitime Arbeit ohne Gefahr fortsetzen können und dass Unternehmen nicht Gefahr laufen, von Menschenrechtsverstößen gegen Gewerkschafter_innen zu profitieren. Denn viele dieser Menschenrechtsverstöße geschehen im Kontext von Arbeitskämpfen in den betreffenden Unternehmen. Nach Kenntnisstand von Amnesty International hat Nestlé in jüngsten Schreiben an schweizerische Nichtregierungsorganisationen jegliche Art von Gewalt oder Einschüchterungsversuchen gegen die Belegschaft des Unternehmens verurteilt und die kolumbianischen Behörden dazu aufgefordert, die Sicherheit bedrohter Mitarbeiter_innen zu gewährleisten.