Gewerkschafter im Hungerstreik

Reza Shahabi

Reza Shahabi

Der iranische Gewerkschafter Reza Shahabi, der im Evin-Gefängnis eine sechsjährige Haftstrafe ableistet, ist in den Hungerstreik getreten. Der gewaltlose politische Gefangene protestiert damit gegen seine Verlegung aus dem Evin-Gefängnis in Teheran in das Gefängnis Raja’i Shahr in Karaj.

Appell an

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid
Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
[c/o] Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info@dadiran.ir
(Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani)

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street, Pasteur Square
Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: media@rouhani.ir
Twitter: @HassanRouhani (Englisch) und @Rouhani_ir (Persisch)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. Juli 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, LUFTPOSTBRIEFE ODER TWITTERNACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Reza Shahabi unverzüglich und bedingungslos frei, da es sich bei ihm um einen gewaltlosen politischen Gefangenen handelt, der sich allein aufgrund seiner friedlichen Gewerkschaftsaktivitäten in Haft befindet.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Reza Shahabi ohne weitere Verzögerungen Zugang zu einer fachärztlichen Behandlung außerhalb des Gefängnisses erhält, die sein Gesundheitszustand erfordert.

  • Ich möchte Sie außerdem daran erinnern, dass die UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen die Trennung von Gefangenen verschiedener Kategorien in getrennten Anstalten oder Anstaltsabteilungen vorschreibt.

Sachlage

Reza Shahabi (auch bekannt als Reza Shahabi Zakaria) wurde am 1. Juni aus der Abteilung 350 des Evin-Gefängnisses in Teheran in das Gefängnis Raja’i Shahr der Stadt Karaj verlegt. Dort werden politische Gefangene und wegen krimineller Straftaten Verurteilte, darunter auch gewalttätige Gefangene, oftmals nicht getrennt voneinander festgehalten. Aus Protest gegen seine Verlegung trat Reza Shahabi am selben Tag in einen Hungerstreik und verlangte seine Rückverlegung ins Evin-Gefängnis.

Der Gesundheitszustand von Reza Shahabi bereitet seit geraumer Zeit Anlass zu Besorgnis. Er muss dringend medizinisch behandelt werden und benötigt unter anderem eine Operation an der Wirbelsäule, die im Gefängnis nicht vorgenommen werden kann. Offenbar hatte man ihm zugesagt, dass er am 19. März operiert werde. Wenige Stunden vor der geplanten Operation brachte man ihn jedoch zurück ins Gefängnis, und seitdem ist er nicht mehr ins Krankenhaus zurückgebracht worden. Zu einer ähnlichen Situation war es auch am 15. Dezember 2012 gekommen, als Reza Shahabi gegen seinen Willen ins Gefängnis zurückgebracht wurde, bevor er angemessen untersucht werden konnte. Der Gewerkschafter trat daraufhin in den Hungerstreik, den er erst am 7. Januar wieder beendete, nachdem die Gefängnisleitung seiner Forderung nach einer Haftunterbrechung zur medizinischen Behandlung nachgekommen war. Diese Haftunterbrechung endete jedoch am 15. April 2013.

Ärzt_innen des Krankenhauses haben mindestens einmal an die Gefängnisverwaltung und die Staatsanwaltschaft in Teheran geschrieben, um ihre Diagnose mitzuteilen, dass Reza Shahabi dringend eine medizinische Fachbehandlung außerhalb des Gefängnisses benötigt. Sie haben in den Schreiben betont, dass die ernste Gefahr besteht, dass der Gefangene ohne diese Behandlung linksseitig gelähmt bleiben könnte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Festnahme von Reza Shahabi erfolgte im Juni 2010. Er wurde mehrere Wochen lang ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und soll während dieser Zeit gefoltert und auf andere Weise misshandelt worden sein. Die Abteilung 15 des Revolutionsgerichts in Teheran verurteilte Reza Shahabi im April 2012 zu fünf Jahren Haft wegen "Versammlung und Verschwörung gegen die Staatssicherheit" und zu einem Jahr wegen "Verbreiten von Propaganda gegen das System". Zudem muss er ein Bußgeld von 70 Millionen Rial (ca. 4.340 Euro) zahlen und darf sich fünf Jahre lang nicht als Gewerkschafter engagieren. Im Juli 2012 bestätigte Abteilung 36 des Berufungsgerichts in Teheran sein Urteil. Reza Shahabi ist aus Protest gegen seine fortgesetzte Inhaftierung und die Weigerung der Behörden, ihm die erforderliche fachärztliche Behandlung zu gewähren, schon mehrfach in einen Hungerstreik getreten. Im November 2012 befand er sich 30 Tage lang im Hungerstreik, bis er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Weitere GewerkschafterInnen sind in der Vergangenheit festgenommen oder schikaniert worden, darunter Mitglieder der Gewerkschaft der Haft Tapeh Sugar Cane Company (HTSCC), die ebenfalls nicht von den Behörden anerkannt wird. Ali Nejati, ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft HTSCC, wurde am 12. November 2011 festgenommen und in das Gefängnis in Dezful gebracht. Nach Ableisten einer einjährigen Haftstrafe wegen seiner friedlichen gewerkschaftlichen Aktivitäten wurde er am 24. September 2012 freigelassen. Am 20. Oktober 2012 musste er vor der Abteilung 1 der Staatsanwaltschaft in Shoush in der westlichen Provinz Chuzestan zum Verhör erscheinen, scheinbar weil er in der iranischen Provinz Kurdestan eine Rede gehalten und ein "provokatives" Volkslied gesungen hatte. Am 31. Dezember 2012 musste er abermals wegen desselben Falls vor der Abteilung 4 der Staatsanwaltschaft in Sanandaj erscheinen. Die Frau von Ali Nejati, Shahnaz Sogand (in vorherigen Urgent Actions fälschlicherweise Shanaz Nejati genannt), die ebenfalls Vorstandsmitglied der HTSCC ist, wurde am 27. November 2011 von Angehörigen des Geheimdienstministeriums in der Provinz Chuzestan festgenommen. 24 Stunden später ließ man sie wieder frei. Am 28. Oktober 2012 sprach die Abteilung 102 des ordentlichen Gerichts sie von den Anklagen wegen "Verbreitung von Propaganda gegen das System", "Verbreitung von Lügen" und "Unruhestiftung in der Öffentlichkeit" frei. Im November 2012 erhielt Shahnaz Sogand eine Vorladung, in der sie aufgefordert wurde, am 15. Dezember 2012 vor der Abteilung 2 des Revolutionsgerichts in Dezful zu erscheinen. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge ist sie darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sie wegen "Propaganda gegen das System" angeklagt wird, der Ausgang des Verfahrens ist jedoch unklar.

Die Gewerkschaft der Mitarbeiter_innen des Buslinienverkehrs im Großraum Teheran (Sherkat-e Vahed) wurde nach der islamischen Revolution 1979 verboten. 2004 nahmen ArbeiterInnen die gewerkschaftlichen Aktivitäten wieder auf, obwohl man sie nicht offiziell anerkannte. Am 22. Dezember 2005 verhaftete die Polizei zwölf führende Gewerkschafter_innen in ihren Privatwohnungen. Vier von ihnen ließ sie kurz darauf wieder frei. Weitere Gewerkschafter_innen wurden am 25. Dezember 2005 festgenommen, nachdem sie in einen Streik getreten waren, um die Freilassung ihrer Kolleg_innen zu fordern. Hunderte weitere Personen wurden während eines erneuten Streiks im Januar 2006 festgenommen (siehe auch UA-008/2006 und UA-026/2006).