Neue Anklage gegen Bibliothekarin

Die Bibliothekarin Natalya Sharina befindet sich seit dem 30. Oktober 2015 unter Hausarrest, weil vermeintlich "extremistische Bücher" in der Bibliothek, in welcher sie arbeitet, gefunden wurden. Am 5. April hat man eine neue Anklage gegen sie erhoben, wodurch ihr Hausarrest auf bis zu ein Jahr verlängert werden kann. Amnesty International betrachtet sie als gewaltlose politische Gefangene.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Yurii Yakovlevich Chaika
Prosecutor General’s Office
ul. B. Dmitrovka, d.15a
125993 Moscow GSP- 3
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 7) 495 987 5841 oder
(00 7) 495 692 1725

LEITER DER ERMITTLUNGSBEHÖRDE
Aleksandr Ivanovich Bastrykin
Tekhnicheskii pereulok, dom 2
105005 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Chairman / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
Fax: (00 7) 499 265 90 77 oder
(00 7) 499 265 97 75

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@russische-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. Mai 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Sachlage

Natalya Sharina, Leiterin der staatlichen Bibliothek für ukrainische Literatur in Moskau, befindet sich seit dem 30. Oktober 2015 unter Hausarrest. Sie war zunächst auf der Grundlage des Anti-Extremismus-Gesetzes unter Anklage gestellt worden. Ihr wurde vorgeworfen, Druckmaterialien mit "anti-russischem Inhalt" verbreitet zu haben, nachdem Ermittler_innen Werke des ukrainischen Nationalisten Dimitry Korchinsky in einem Stapel Bücher gefunden haben, die noch nicht zur Ausleihe zur Verfügung standen. Natalya Sharina erklärte, die Bücher gehörten nicht der Bibliothek und seien von Angehörigen der Sicherheitskräfte dort heimlich hingelegt worden. Diese Anklage ermöglicht eine Untersuchungshaft von sechs Monaten, so dass ihr Hausarrest Ende April auslaufen würde.

Am 5. April wurde eine weitere Anklage gegen Natalya Sharina erhoben: Veruntreuung von Geldern, weil sie Einnahmen der Bibliothek für die Bezahlung ihres Rechtsbeistands verwendet habe, als man versuchte, sie den Jahren 2011-2013 strafrechtlich zu verfolgen. Die Bibliothekarin war 2010 beschuldigt worden, extremistische Literatur eines ukrainischen Autors verbreitet zu haben. Die Anklage wurde schließlich fallengelassen, weil die betreffenden Bücher erst 2013 als "extremistisch" eingestuft wurden und die Bibliothek sie seit 2011 nicht mehr im Bestand hatte. Die Gelder, die sie damals veruntreut haben soll, waren Gehälter, die die Bibliothek ihren angestellten Rechtsbeiständen zahlte. Der gegenwärtige Rechtsanwalt von Natalya Sharina macht geltend, dass die Vorwürfe haltlos sind, weil Natalya Sharina ihr eigenes Geld für ihre Bezahlung ihres Anwalts verwendet habe.

Die neue Anklage kann im Falle eines Schuldspruchs mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden. Zudem ist der Strafbestand als schweres Verbrechen eingestuft, so dass Natalya Sharina bis zu 18 Monate unter Hausarrest oder in einer Untersuchungshafteinrichtung festgehalten werden kann. Im Oktober 2015 war sie mehr als zwei Tage in Polizeigewahrsam gehalten worden, bevor man sie in den Hausarrest überstellte. Sie darf lediglich Kontakt mit ihrem Rechtsbeistand und den Familienangehörigen halten, die bei ihr wohnen. Sie darf das Internet nicht nutzen und nur telefonieren, um einen Krankenwagen zu rufen. Um das Haus verlassen zu dürfen, muss sie – außer in medizinischen Notfällen – die Erlaubnis der Ermittlungsbehörde einholen. Die Bitte, Spaziergänge machen zu dürfen, wurde zurückgewiesen.

SCHREIBEN SIE BITTE
FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sprechen Sie sich dafür aus, dass Natalya Sharina sofort und bedingungslos freigelassen wird, da sie lediglich wegen der friedlichen Ausübung ihrer Rechte inhaftiert wurde, und stellen Sie zudem bitte das Strafverfahren gegen sie ein.

  • Bitte respektieren Sie das Grundrecht auf Meinungsfreiheit und damit auch die Rechte derjenigen, die friedlich Kritik an der Regierung üben oder Ansichten äußern, die der staatlichen Politik bzw. der russischen Mehrheitsmeinung zuwiderlaufen.

APPELLE AN
GENERALSTAATSANWALT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Yurii Yakovlevich Chaika
Prosecutor General’s Office
ul. B. Dmitrovka, d.15a
125993 Moscow GSP- 3
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(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 7) 495 987 5841 oder
(00 7) 495 692 1725

LEITER DER ERMITTLUNGSBEHÖRDE
Aleksandr Ivanovich Bastrykin
Tekhnicheskii pereulok, dom 2
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Hintergrundinformation

Hintergrund

2010 wurde ein Strafverfahren gegen die Bibliothek für ukrainische Literatur wegen vermeintlicher Verbreitung von "extremistischer Literatur" von Dimitry Korchinsky eröffnet. Seine Bücher wurden von den russischen Behörden jedoch erst 2013 als "extremistisch" eingestuft. Die Bibliothek hatte bereits 2011 all seine Bücher entfernt, sodass das Strafverfahren eingestellt wurde, da keine Straftat begangen worden war.

Die Ermittlungen gegen Natalya Sharina wurden eingeleitet, nachdem ein ehemaliger Mitarbeiter / eine ehemalige Mitarbeiterin der Bibliothek, der / die 2010 entlassen worden war, Anzeige erstattet hatte.