Medizinische Versorgung verweigert

Omid Kokabee

Omid Kokabee

Die Verwaltung des Evin-Gefängnisses in Teheran verweigert Omid Kokabee die medizinische Behandlung, die er aufgrund einer Reihe von Gesundheitsproblemen wie Nierensteinen und Herzrasen dringend benötigt. Der Gesundheitszustand des iranischen Physikers, der eine zehnjährige Haftstrafe ableistet, verschlimmert sich durch seine schlechten Haftbedingungen weiter. Omid Kokabee ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

Appell an

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid Keshvar Doust Street
Tehran
IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
[c/o] Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection
Tehran
IRAN
Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street
Pasteur Square
Tehran, IRAN
Twitter: @HassanRouhani (Englisch) und
@Rouhani_ir (Persisch)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
Herrn Seyed Mohammad Eman
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. November 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

TWITTER-NACHRICHTEN, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie Omid Kokabee bitte sofort und bedingungslos frei, da es sich bei ihm um einen gewaltlosen politischen Gefangenen handelt.

  • Stellen Sie bitte zudem sicher, dass er jegliche erforderliche medizinische Behandlung erhält, wozu auch die vom Gefängniskrankenhaus empfohlene Behandlung außerhalb des Krankenhauses gehört.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to release Omid Kokabee immediately and unconditionally as he is a prisoner of conscience.

  • Calling on them to ensure that he receives any medical treatment he may require, outside prison if necessary, as recommended by the prison clinic.

Sachlage

Nach der Durchführung von medizinischen und zahnärztlichen Untersuchungen erklärten die Ärzt_innen des Evin-Gefängnisses dem inhaftierten Physiker Omid Kokabee, dass er außerhalb des Gefängnisses behandelt werden müsse. Die Gefängnisverwaltung hat seine Anträge auf eine vorübergehende gesundheitsbedingte Haftentlassung bisher jedoch immer wieder abgelehnt oder ignoriert. Omid Kokabees Gesundheitszustand hat sich seit August stark verschlechtert, als man ihn aus Trakt 350 in den Quarantäne-Bereich von Trakt 7 verlegte, der sich im Keller befindet. Dort wird er in einer kleinen, fensterlosen Zelle festgehalten und erhält, wie alle Häftlinge in diesem Bereich, keine Möglichkeit sich im Gefängnishof Bewegung zu verschaffen.

Seit seiner Inhaftierung im Januar 2011 hat Omid Kokabee bereits vier Zähne verloren. Man hat ihm gesagt, dass vier weitere Zähne zahnärztlich behandelt werden müssen. Der Physiker leidet seit seiner Kindheit an Nierenproblemen, welche sich durch seine Haftbedingungen weiter verschlimmert haben. Er hatte bereits mindestens fünf Mal Nierensteine während seiner Zeit in Haft. Omid Kokabee leidet seit kurzem zusätzlich unter Herzrasen, Kurzatmigkeit, Schmerzen und Druck in der linken Seite des Brustkorbs sowie an "wandernden" Gelenkschmerzen (Schmerzen, die nacheinander in unterschiedlichen Gelenken auftreten) und Magenschmerzen. Wegen seiner Nierenerkrankung und des Herzrasens benötigt er dringend Zugang zu Diagnosemethoden, die er nur in Einrichtungen außerhalb des Gefängnisses erhalten kann.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Omid Kokabee ist als gewaltloser politischer Gefangener zu betrachten. Er befindet sich nur deshalb in Haft, weil er sich weigert an Projekten des Militärs im Iran zu arbeiten und weil man falsche Anklagen gegen ihn erhoben hat, die im Zusammenhang mit seinen legitimen wissenschaftlichen Verbindungen zu akademischen Einrichtungen außerhalb des Iran stehen.

Omid Kokabee war als Post-Doktorand in den USA tätig, als er im Januar 2011 während eines Familienbesuchs im Iran festgenommen wurde. Man hielt ihn über 15 Monate lang in Einzelhaft fest, unterzog ihn langwierigen Verhören und zwang ihn, "Geständnisse" abzulegen. Im Mai 2012 wurde er in einem unfairen Verfahren von einem Revolutionsgericht zu zehn Jahren Haft wegen "Verbindungen zu einer feindlichen Regierung" verurteilt. In seinem Verfahren sollen keinerlei Beweismittel gegen ihn vorgelegt worden sein. Sein Urteil wurde im August 2012 bestätigt.

In einem offenen Brief, den Omid Kokabee im April 2013 aus dem Gefängnis geschrieben hat, sagte er: "Während der Verhöre, die durchgeführt wurden, als ich mich in Einzelhaft befand – als ich keinerlei Kontakt zu meiner Familie und der Außenwelt hatte und durchgehend unter Druck gesetzt und bedroht wurde, indem man mir Nachrichten über den schrecklichen körperlichen und geistigen Zustand meiner Familie überbrachte – verlangte man von mir wieder und wieder, dass ich verschiedene Versionen meines Lebens nach 2005 niederschreiben sollte."

Omid Kokabee hat zudem erklärt, dass man ihn seit seinem Universitätsabschluss im Jahre 2005 "mehrfach die Mitarbeit als Wissenschaftler und technischer Manager bei Projekten des Militärs und des Geheimdienstes angeboten hat." Unter anderem bot ihm die Iranische Atomenergieorganisation ein Vollstipendium für ein Doktorandenprogramm an. Er lehnte alle Angebote ab.

2013 verlieh die American Physical Society Omid Kokabee den Sacharow-Preis für "den Mut, den er bewiesen hat, als er sich trotz extremen physischen und psychischen Drucks weigerte, seine Kenntnisse der Physik für Projekte einzusetzen, von denen er ausging, dass sie der Menschheit schaden würden."

Die Haftbedingungen in iranischen Gefängnissen sind häufig extrem schlecht und kommen manchmal grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gleich. Die schlechten Bedingungen, darunter Überfüllung, unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln und Hygiene sowie die Verweigerung angemessener medizinischer Versorgung, sorgen für eine weitere Verschlimmerung des Gesundheitszustands der Gefangenen. Viele Anträge auf eine vorübergehende gesundheitsbedingte Haftentlassung, die laut iranischen Gefängnisvorschriften möglich ist, werden routinemäßig abgewiesen, selbst in ernsten Fällen. Ob mit Absicht oder infolge von Nachlässigkeit: Die unzureichende medizinische Versorgung von Gefangenen verstößt gegen die internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen des Iran. Die Verweigerung medizinischer Behandlung könnte einem Verstoß gegen das absolute Verbot von Folter und anderer Misshandlung gleichkommen. Dieses ist im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte festgeschrieben, dessen Vertragsstaat der Iran ist.

Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte garantiert zudem das Recht auf ein größtmögliches Maß an körperlicher und seelischer Gesundheit. Die UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen geben darüber hinaus vor, dass Gefangene, die fachärztliche Behandlung benötigen, in Spezialkliniken oder zivile Krankenhäuser verlegt werden müssen.

Gefängnismitarbeiter_innen und Justizbeamt_innen verstoßen regelmäßig gegen die Gefängnisvorschriften des Iran. Artikel 229 der Vorschriften zur Verwaltung iranischer Gefängnisse legt fest, dass Gefangene mit einer schweren medizinischen Erkrankung, die nicht innerhalb des Gefängnisses behandelt werden kann, oder deren Zustand sich bei anhaltendem Gefängnisaufenthalt weiter verschlechtern würde, für einen Monat aus der Haft entlassen werden sollen, um sich behandeln zu lassen. Diese vorübergehende Haftentlassung kann auf ärztliche Empfehlung hin und mit dem Einverständnis der Gefängnisleitung verlängert werden.