Vier Libyer vor Gericht

Vereinigte Arabische Emirate

Vereinigte Arabische Emirate

Das Verfahren gegen vier libysche Staatsangehörige, die im August 2014 bzw. März 2015 in den VAE festgenommen worden waren, begann am 18. Januar vor dem Obersten Gerichtshof in Abu Dhabi. Den vier Männern wird Unterstützung "terroristischer" Gruppen vorgeworfen. Manche von ihnen wurden in Haft gefoltert. Das Schicksal von drei weiteren Personen ist unbekannt.

Appell an

VIZEPRÄSIDENT UND MINISTERPRÄSIDENT
Sheikh Mohammed Bin Rashid al-Maktoum
Prime Minister’s Office, P.O. Box: 212000, Dubai
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 971) 4 330 4044
E-Mail: info@primeminister.ae oder über
http://www.uaecabinet.ae/en/contacts
Twitter: @HHShkMoh

INNENMINISTER
Sheikh Saif bin Zayed Al Nahyan
Zayed Sport City, Arab Gulf Street
Near to Shaikh Zayed Mosque
Abu Dhabi, P.O. Box: 398
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 971) 2 4414938 / (00 971) 2 4022762 /
(00 971) 2 4415780
E-Mail: moi@moi.gov.ae
Twitter: @SaifBZayed

Sende eine Kopie an

KRONPRINZ VON ABU DHABI
Sheikh Mohamed bin Zayed Al Nahyan
Crown Prince Court
King Abdullah Bin Abdulaziz Al Saud Street
P.O. Box 124
Abu Dhabi
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE
Fax: (00 971) 2 668 6622
Twitter: @MBZNews

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN ARABISCHEN EMIRATE
S. E. Herrn Jumaa Mubarak Jumaa Salem Aljunaibi
Hiroshimastraße 18-20
10785 Berlin
Fax: 030-5165 1900
E-Mail: AmbOffice.Berlin@mofa.gov.ae

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. März 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Kamal Eldarat, Mohammed Eldarat, Salim el-Aradi und 'Issa al-Manna’ vor ein reguläres Strafgericht gestellt werden und ein Verfahren erhalten, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht. Hierzu zählen unter anderem die Gewährleistung des Rechts auf Rechtsmittel und die Zusicherung, dass nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.

  • Stellen Sie unbedingt sicher, dass "Geständnisse" oder andere Aussagen, die durch Zwang, Folter oder andere Misshandlung erlangt wurden, vor Gericht nicht als Beweismittel zugelassen werden, und dass die Männer vor weiterer Misshandlung geschützt werden.

  • Leiten Sie bitte eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Foltervorwürfe ein und gewähren Sie den Männern umgehend regelmäßigen Zugang zu ihren Familien sowie zu jeder nötigen medizinischen Versorgung.

  • Geben Sie den Aufenthaltsort von Mohammed al-Fighi, al-Sadiq al-Kikli und Mahmoud bin Gharbiya bekannt und gewähren Sie den Männern umgehend Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen und jeder nötigen medizinischen Versorgung.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the UAE authorities to try the four men (naming them) before an ordinary criminal court in accordance with international fair trial standards, including the right to appeal, and without recourse to the death penalty.

  • Calling on them to ensure that any "confessions" or other statements obtained by torture and other ill-treatment or coercion are not used as evidence in court and that the men are protected from any further ill treatment.

  • Urging them to order an independent and impartial investigation into allegations of torture, while providing the men with immediate and regular access to their families and to any medical attention they may require.

  • Calling on the authorities to reveal the fate or whereabouts of Mohammed al-Fighi, al-Sadiq al-Kikli and Mahmoud bin Gharbiya, and grant them immediate access to their families, lawyers and any medical attention they may require.

Sachlage

Am 18. Januar begann in den Vereinigten Arabischen Emiraten das Verfahren gegen vier libysche Männer vor der Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs in Abu Dhabi. Bei den Männern handelt es sich um Kamal Eldarat und seinen Sohn Mohammed Eldarat, die beide über die libysche und die US-amerikanische Staatsbürgerschaft verfügen; Salim el-Aradi, der neben der libyschen auch die kanadische Staatsbürgerschaft innehat; und den libyschen Staatsbürger 'Issa al-Manna’. Obwohl die Männer bereits Mitte 2014 bzw. Anfang 2015 festgenommen worden waren, wurde nun erstmals unter dem Antiterrorgesetz von 2014 Anklage gegen sie erhoben. Ihnen wird vorgeworfen, zwei bewaffnete Gruppen in Libyen finanziell und materiell unterstützt zu haben. Alle vier Männer bestreiten die Vorwürfe. Der kanadische Botschafter in den VAE sowie zwei US-amerikanische Diplomat_innen wohnten der Anhörung bei, doch der Neffe von Salim al-Aradi und ein von seiner Familie engagierter kanadischer Rechtsbeistand durften den Gerichtssaal nicht betreten. Die nächste Anhörung soll am 15. Februar stattfinden.

Kamal Eldarat, Mohammed Eldarat und Salim el-Aradi wurden gemeinsam mit sieben weiteren libyschen Männern im August bzw. September 2014 festgenommen. Ohne ihnen die Gründe für ihre Festnahme mitzuteilen, wurden sie an einen unbekannten Ort gebracht und dort monatelang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten, was ein Verbrechen unter dem Völkerrecht darstellt. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge sollen mindestens drei der Männer gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein. Vier von ihnen wurden im Dezember 2014 wieder freigelassen. Über das Schicksal und den Verbleib von Mohammed al-Fighi, al-Sadiq al-Kikli und Mahmoud bin Gharbiya ist jedoch nach wie vor nichts bekannt. 'Issa al-Manna’ wurde um den 12. März 2015 herum festgenommen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 26. August 2014 wurde Kamal Eldarat zur Vernehmung auf die Polizeiwache Bur Dubai in Dubai vorgeladen. Später am selben Tag wurde er von etwa 20 Polizeiangehörigen in sechs Polizeifahrzeugen nach Hause eskortiert, die anschließend seine Wohnung durchsuchten und ihn festnahmen. Sein Sohn Mohammed Eldarat wurde am darauffolgenden Tag festgenommen. Salim al-Aradi wurde am 29. August 2014 um etwa 2.00 Uhr morgens in einem Hotel festgenommen. Die Polizeiangehörigen gaben dabei keinen Grund für seine Festnahme an. Sein Bruder, Mohamed el-Aradi, war am Tag zuvor mehrere Stunden lang auf dem Polizeirevier vernommen und dann nach Hause zurückgebracht worden. Die Polizeiangehörigen durchsuchten bis Mitternacht sein Haus und nahmen ihn anschließend fest. Die beiden libyschen Männer leben bereits seit ungefähr 20 Jahren in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Mohammed el-Aradi und drei weitere libysche Männer wurden am 27. Dezember 2014 ohne Anklageerhebung freigelassen und in die Türkei abgeschoben. Zuvor waren die vier Männer an unbekannten Orten ohne Zugang zu ihren Familien oder einem Rechtsbeistand festgehalten worden. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge sollen die Männer gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein. Weitere Informationen (auf Englisch) finden Sie hier: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/08/uae-foreign-national-tortured-in-custody-and-detained-without-charge-for-a-year/.

'Issa al-Manna’ kam um den 12. März 2015 herum in Haft und wurde Opfer des Verschwindenlassens. Nähere Informationen finden Sie in UA-074/2015, online unter: www.amnesty.de/urgent-action/ua-074-2015/drei-maenner-foltergefahr.

Trotz einiger in der Verfassung und den Gesetzen der Vereinigten Arabischen Emirate verankerten Schutzregelungen sind Verletzungen der Rechte von Häftlingen an der Tagesordnung, vor allem in Fällen, in denen die Staatssicherheitsbehörde (State Security Agency – SSA) involviert ist. Amnesty International hat noch weitere Fälle dokumentiert, in denen Staatsangehörige anderer Länder in den Vereinigten Arabischen Emiraten festgenommen und während der Untersuchungshaft über Wochen oder sogar Monate ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wurden. Derartige Festnahmen werden in der Regel von der SSA durchgeführt, die für Fälle zuständig ist, die die nationale Sicherheit betreffen.

Obwohl die VAE der UN-Antifolterkonvention beigetreten sind, werden von Personen in Gewahrsam immer mehr Foltervorwürfe erhoben, welche von den Behörden routinemäßig ignoriert bzw. abgetan werden. Im Jahr 2013 wurden in den VAE in einem Fall 94 Personen vor Gericht gestellt, von denen 71 angaben, gefoltert worden zu sein. Das Gericht weigerte sich jedoch, die Vorwürfe zu untersuchen.

Angehörige der Staatssicherheitsbehörde führen Festnahmen in der Regel ohne Haftbefehle durch. Viele Festgenommene werden dann wochen- oder monatelang ohne Anklage oder Zugang zu rechtlicher Vertretung an geheimen Haftorten festgehalten. Personen, die unter derartigen Umständen inhaftiert sind, werden häufig zum Opfer von Folter und anderweitigen Misshandlungen. In von Amnesty International untersuchten Fällen weigerten sich die Behörden oftmals monatelang, die Inhaftierungen zu bestätigen oder den Familien der Betroffenen Informationen zukommen zu lassen.

Vom Obersten Gerichtshof verhängte Schuldsprüche und Strafen können nicht vor einer höheren Instanz angefochten werden. Internationale Menschenrechtsnormen legen jedoch fest, dass jede Person, die einer Straftat für schuldig befunden wird, das Recht hat, vor einem höheren Gericht Rechtsmittel gegen die Verurteilung und das Strafmaß einzulegen. Artikel 101 der Verfassung der VAE sowie Paragraf 67 des Gesetzes über den Obersten Gerichtshof besagen, dass die Urteile des Gerichtshofs endgültig, bindend und nicht anfechtbar sind.