Drohende Hinrichtung

Pakistan

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Imdad Ali, der zurzeit im Todestrakt inhaftiert ist, ist in unmittelbarer Gefahr, hingerichtet zu werden. Im Jahr 2002 wurde er wegen Mordes an einem Religionsgelehrten zum Tode verurteilt. 2012 erhielt er die Diagnose "paranoide Schizophrenie". Nach dem Völkerrecht ist die Anwendung der Todesstrafe gegen Personen mit psychischen Erkrankungen verboten.

Appell an

PRÄSIDENT
Honourable Mr Mamnoon Hussain
President's Secretariat
Islamabad
PAKISTAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 92) 51 920 8479
Twitter: @Mamnoon_hussain

PREMIERMINISTER
Muhammad Nawaz Sharif
Prime Minister House, Secretariat
Constitution Avenue, Islamabad, PAKISTAN
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Premierminister)
Fax: (00 92) 51 922 0404
Twitter: @PMNawazShari

REGIERUNGSCHEF DES BUNDESSTAATES PUNJAB
Shahbaz Sharif
Chief Minister Secretariat
7-Club Road
GOR-I, Lahore, PAKISTAN
(Anrede: Dear Mr. Sharif / Sehr geehrter Herr Sharif)
Fax: (00 92) 42 992 04301
Twitter: @CMShehbaz oder @GovtOfPunjab

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK PAKISTAN
S. E. Herrn Jauhar Saleem
Schaperstr. 29
10719 Berlin
Fax: 030-2124 4210
E-Mail: mail@pakemb.de oder
berlin@mofa.gov.

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Urdu, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 7. Oktober 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte gewähren Sie Imdad Ali unverzüglich eine Begnadigung und wandeln Sie sein Todesurteil um. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Völkerrecht den Einsatz der Todesstrafe gegen Menschen mit psychischen Erkrankungen verbietet.

  • Bitte setzen Sie das offizielle Hinrichtungsmoratorium für alle Straftaten in Pakistan wieder in Kraft. Dies sollte im Einklang mit den fünf seit 2007 verabschiedeten Resolutionen der UN-Generalversammlung ein erster Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe sein.

  • Bitte stellen Sie zudem sicher, dass nationale Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung nicht gegen die Verpflichtungen Pakistans aus internationalen Menschenrechtsabkommen verstoßen und dass die Schutzmaßnahmen respektiert werden, welche die Rechte aller zum Tode verurteilten Personen garantieren.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to immediately grant Imdad Ali clemency and commute his death sentence, reminding them that international law clearly prohibits the use of the death penalty against people with mental or intellectual disabilities.

  • Urging them to re-establish the official moratorium on all executions in the country as a first step towards the abolition of the death penalty, in line with five UN General Assembly resolutions adopted since 2007.

  • Calling on them to ensure that any measures taken to combat crime do not violate Pakistan's obligations under international human rights law and that all safeguards guaranteeing the rights of those facing the death penalty are respected.

Sachlage

Imdad Ali wurde 2001 wegen Mordes an einem Religionsgelehrten festgenommen und 2002 nach Paragraf 302(b) des pakistanischen Strafgesetzbuches verurteilt. 2012 wurde bei ihm "paranoide Schizophrenie" festgestellt. Dr. Naeemullah Leghari, der Leiter der psychiatrischen Abteilung des Nishtar-Krankenhauses in Multan, hatte Imdad Ali untersucht. In einem medizinischen Gutachten beschrieb er den Zustand von Imdad Ali als "eine chronische und unfähig machende psychische Krankheit", die das "rationale Denken und die Fähigkeit einer Person, Entscheidungen zu treffen" beeinträchtigt.

2015 wies der Oberste Gerichtshof von Pakistan das von Imdad Ali eingelegte Rechtsmittel mit der Begründung zurück, dass es keinen Beweis für seine psychische Erkrankung gäbe. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs zeigt jedoch, dass der vom Staat bestellte Rechtsbeistand von Imdad Ali das medizinische Gutachten aus dem Jahr 2012, das die Diagnose "paranoide Schizophrenie" enthält, nicht als Beweis vorgelegt hatte. Dies wirft Zweifel an der Fairness des Prozesses auf.

Seit 2015 wurden zweimal Termine für die Hinrichtung von Imdad Ali festgesetzt. Der jüngste Termin war am 20. September 2016. Kurze Zeit vor der Vollstreckung des Todesurteils wurde ihm jedoch ein Aufschub gewährt, damit der Oberste Gerichtshof untersuchen konnte, ob die Hinrichtung aufgrund seiner psychischen Erkrankung ausgesetzt werden sollte. Am 27. September wies der Oberste Gerichtshof dieses Rechtsmittel zurück. Imdad Ali kann jetzt jederzeit hingerichtet werden. Er ist weiterhin im Todestrakt in Vehari in der Provinz Punjab inhaftiert.

Nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs reichten die Rechtsbeistände von Imdad Ali ein Gnadengesuch beim pakistanischen Präsidenten Mamnoon Hussain ein, der dazu befugt ist, die Todesstrafe umzuwandeln.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode. Die Todesstrafe verletzt das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben und stellt die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen dar. Darüber hinaus liegen keine eindeutigen Beweise dafür vor, dass die Todesstrafe Verbrechen wirksamer verhindert als andere Arten der Bestrafung. Die umfangreichste, von der UN im Jahr 1988 durchgeführte und 2008 zuletzt aktualisierte Studie, stellt fest, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass Hinrichtungen eine abschreckendere Wirkung haben als lebenslange Haftstrafen.

Nach dem Attentat auf eine Schule der pakistanischen Armee in Peschawar am 16. Dezember 2014 kündigte Premierminister Nawaz Sharif eine teilweise Aufhebung des seit sechs Jahren bestehenden Hinrichtungsmoratoriums an. Terrorismusbezogene Straftaten durften seitdem mit der Todesstrafe geahndet werden. Am 11. März 2015 erklärte die pakistanische Regierung die vollständige Aufhebung des Moratoriums für alle Verbrechen mit Todesfolge. Die Behörden haben gedroht, bis zu 1.000 zum Tode Verurteilte hinrichten zu lassen, die alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben und deren Gnadengesuche abgelehnt wurden. Seit der Aufhebung des Moratoriums wurden mehr als 400 Gefangene hingerichtet.

Etwa 7.000 Gefangene befanden sich Ende 2015 in Pakistan im Todestrakt. In Pakistan kann die Todesstrafe für mindestens 27 Straftaten verhängt werden, darunter auch Verbrechen ohne Todesfolge. Diese lassen sich nicht in die Kategorie der "schwersten Verbrechen" einstufen, für die laut Artikel 6.2 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) die Todesstrafe verhängt werden kann. Pakistan ist Vertragsstaat des IPbpR.

In Pakistan werden viele Todesurteile in Prozessen verhängt, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren nicht entsprechen. Diese Verfahren sind gekennzeichnet durch den fehlenden Zugang zu Rechtsbeiständen und das Zulassen von Beweisen, die nach dem Völkerrecht nicht vor Gericht verwendet werden dürfen. So werden Aussagen, die durch Folter erzwungen wurden, als Beweismittel vor Gericht zugelassen. Angeklagte haben oft nur eingeschränkten Zugang zu einem Rechtsbeistand oder ihnen werden vom Staat Rechtsbeistände gestellt, die häufig schlecht ausgebildet und unterbezahlt sind. Es kommt vor, dass die vom Staat gestellten Rechtsbeistände ihre Mandant_innen nicht mit ganzem Einsatz vertreten, es sei denn, sie erhalten weitere Bezahlungen von der Familie des/der Angeklagten. Hinzu kommt, dass das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren in Verhandlungen vor vorinstanzlichen Gerichten missachtet wird und dort nach wie vor Todesurteile verhängt werden. Die Verhandlungen dieser Gerichte sind nur eingeschränkt öffentlich zugänglich und die Gerichtsverfahren müssen in der Regel innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen abgeschlossen werden, wodurch die Richter_innen unter großen Druck geraten, Angeklagte zu verurteilen. Der UN-Sonderberichterstatter über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen erklärte 2012, dass Militär- und andere Sondergerichte nicht befugt sein sollten, Todesurteile zu verhängen.

Amnesty International verurteilte den Angriff auf die Schule in Peschawar durch die pakistanische Taliban aufs Schärfste. Bei dem Anschlag waren 149 Menschen getötet worden, darunter 132 Kinder. Amnesty International forderte eine umfassende Untersuchung von Anschlägen und Angriffen auf Zivilpersonen, darunter auch der Anschlag in Peschawar. Zudem forderte die Organisation, dass die mutmaßlichen Täter_innen unter Ausschluss der Todesstrafe in Verfahren vor Gericht gestellt werden, die den internationalen Standards für faire Verfahren entsprechen. Nach dem Anschlag hat Pakistan seine Verfassung dahingehend angepasst, dass Gerichtsverfahren wegen terroristischer Straftaten nun schneller verhandelt werden können. Außerdem werden diese Verfahren nun der Militärgerichtsbarkeit überstellt. Die Zuständigkeit von Militärgerichten ist sehr besorgniserregend, da vermutet wird, dass den Angeklagten Rechte vorenthalten werden könnten, um so eine schnellere Verurteilung zu ermöglichen.