Entführungsversuch

Landkarte von Indonesien

Landkarte von Indonesien

Am 24. September 2016 versuchten Männer in Zivilkleidung den politischen Aktivisten Agustinus Aud bei ihm zu Hause in Sorong in der Provinz West-Papua, zu entführen. Agustinus Aud beteiligt sich sehr aktiv an der Organisation von friedlichen Demonstrationen gegen die indonesische Politik in Papua.

Appell an

CHEF DER NATIONALPOLIZEI
General Tito Karnavian
National Police Headquarters

Jl. Trunojoyo No. 3, Kebayoran Baru
Jakarta Selatan 12110, INDONESIEN
(Anrede: Dear General / Sehr geehrter Herr General)
Fax: (00 62) 21 7200 669 oder
(00 62) 21 7218 741
E-Mail: mabes@polri.go.id
Twitter: @DivHumasPolri

LEITER DES BÜROS DES PRÄSIDIALSTABS
Teten Masduki

Gedung Bina Graha
Jl. Veteran No. 16. Jakarta Pusat 10110
INDONESIEN
Fax: (00 62) 21 3450 009
E-Mail: webmaster@ksp.go.id

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER NATIONALEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION (KOMNAS HAM)
Mr. Imdadun Rahmat
Jl. Latuharhary No. 4
Menteng
Jakarta Pusat 10310
INDONESIEN
Fax: (00 62) 21 3929 227
E-Mail: info@komnasham.go.id
Twitter: @komnasham

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDONESIEN
S. E. Herrn Fauzi Bowo
Lehrter Straße 16-17
10557 Berlin
Fax: 030-4473 7142
E-Mail: info@indonesian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. November 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, E-MAILS, FAXE ODER TWITTER-NACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Leiten Sie bitte unverzüglich effektive Maßnahmen ein, um in Abstimmung mit Agustinus Aud seine Sicherheit zu gewährleisten.

  • Bitte leiten Sie eine vollständige und unabhängige Untersuchung der versuchten Entführung und weiterer Drohungen gegen Agustinus Aud ein. Veröffentlichen Sie die Ergebnisse und stellen Sie die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass die Menschen in Papua die Möglichkeit haben, ihre Ideen und Meinungen ohne Angst vor Bestrafung, Repressalien oder Einschüchterungen zu äußern.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Indonesian and local authorities in Papua to implement immediate and effective measures to ensure the safety, personal security and wellbeing of Agustinus Aud, in accordance with his wishes.

  • Calling on the authorities to order a full and impartial investigation into the attempted abduction and other threats against Agustinus Aud, publish the results and bring those responsible to justice in fair trials.

  • Urging the Indonesian authorities to ensure people in the country’s Papuan region are able to freely express their ideas and opinions without fear of punishment, reprisal or intimidation.

Sachlage

Am 24. September gegen drei Uhr umstellten mindestens zehn Männer in Zivilkleidung das Haus von Agustinus Aud, dem Sprecher des Nationalen Komitees von West-Papua (Komite Nasional Papua Barat –KNPB). Die Gesichter der Männer waren mit Schals verdeckt und sie gaben an, Polizeibeamte zu sein. Sie schlugen gegen die Tür und die Fenster des Hauses und befahlen Agustinus Aud , herauszukommen. Nachdem einige der Männer ein Fenster eingeschlagen hatten, sah Agustinus Aud, dass zwei von ihnen mit Gewehren bewaffnet waren. Er weigerte sich, heraus zu kommen und rief seine Freunde an, um diese zu bitten, unmittelbar zu seinem Haus zu kommen. Agustinus Aud dachte, dass er, ebenso wie Martinus Yohame, entführt und später getötet werden würde. Martinus Yohame war Mitglied von KNPB in Sorong und wurde im August 2014 getötet.

Um vier Uhr kamen sechs Freunde von Agustinus Aud zu dessen Haus und sahen dort mindestens zehn Männer mit Waffen in der Nähe des Hauses mit einem Kleinbus und drei Motorrädern. Sobald sie ankamen, verschwanden die Männer. In den vergangenen Monaten hatte Agustinus Aud mehrere Pressekonferenzen und friedliche Demonstrationen organisiert. Dabei hatte er sich dafür eingesetzt, dass die Unabhängigkeitsbewegung von West-Papua (ULMWP), eine Dachorganisation von verschiedenen Gruppen, die sich für die Unabhängigkeit Papuas einsetzen, als vollständiges Mitglied der Melanesischen Speerspitzengruppe (MSG), einer zwischenstaatlichen Organisation mehrerer Staaten im Pazifik, akzeptiert wird. Agustinus Aud kritisierte außerdem die vielen Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte in Papua.

Der Versuch, Agustinus Aud zu entführen, verdeutlicht, wir unsicher es für politische Aktivist_innen in der indonesischen Provinz Papua ist. Außerdem zeigt er die andauernde Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Sowohl durch die indonesische Verfassung als auch durch die nationale Gesetzgebung des Landes werden die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlungen geschützt. Dennoch werden Gesetze noch immer dazu genutzt, friedliche politische Aktivitäten unter Strafe zu stellen und Menschen zu inhaftieren, die lediglich friedlich Gebrauch von ihren Rechten auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung sowie Gewissens- und Religionsfreiheit machen.

Dutzende friedliche politische Aktivisten, darunter Mitglieder des KNPB, sind derzeit in der Region Papua (umfasst die Provinzen Papua und West-Papua) inhaftiert, weil sie an friedlichen politischen Aktivitäten oder Demonstrationen teilgenommen oder diese mitorganisiert haben oder weil sie die Morgenstern-Flagge, ein verbotenes Symbol der Unabhängigkeitsbewegung, besaßen, gehisst oder geschwenkt haben. Einige wurden zu bis zu 20 Jahren Haft verurteilt. Oft werden die Festgenommenen auf Grundlage der Paragrafen 106 und 110 des indonesischen Strafgesetzbuchs (Straftaten gegen die Sicherheit des Staates) wegen "Rebellion" (makar) angeklagt.

Im April 2016 wurde Steven Itlay, der Vorsitzende der Zweigstelle des KNPB in Timika, wegen "Rebellion" angeklagt. Er könnte zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden (weitere Informationen hierzu finden Sie unter: http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-080-2016/drohende-haftstrafen). Im Juli 2016 wurden zwei weitere politische Aktivisten aus Timika in Papua, Yanto Awerkion und Sem Ukago, wegen "Rebellion" angeklagt. Auch ihnen droht eine lebenslange Haftstrafe.

Amnesty International hat zudem den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und Schusswaffen sowie die Anwendung von Folter und anderen Formen der Misshandlung gegen friedliche politische Aktivist_innen und Personen, denen man Verbindungen zu Unabhängigkeitsbewegungen vorwirft, durch die indonesischen Sicherheitskräfte dokumentiert. Die Verantwortlichen werden für solche Handlungen nur selten belangt. Bestenfalls werden Disziplinarstrafen gegen Angehörige der Sicherheitskräfte verhängt. Weitere Informationen auf Englisch finden Sie unter https://www.amnesty.org/en/documents/asa21/3010/2015/en/ und https://www.amnesty.org/en/documents/asa21/1932/2015/en/.

Am 26. August 2014 wurde Martinus Yohame, der Vorsitzende der Zweigstelle des KNPB in Sorong, tot in einem Sack gefunden, der in der Nähe der Nana-Inseln auf dem Wasser trieb. Martinus Yohame wies Verletzungen auf, unter denen sich Berichten zufolge auch eine Schusswunde in seiner Brust befand (weitere Informationen auf Englisch hierzu unter: https://www.amnesty.org/en/documents/asa21/022/2014/en/). Martinus Yohame wurde seit dem 20 August 2014 vermisst. Zur selben Zeit wurde ein weiterer politischer Aktivist willkürlich festgenommen. Die Festnahme erfolgte im Vorfeld eines geplanten Besuchs von Präsident Susilo Bambang Yudhoyono in West-Papua anlässlich einer Segelveranstaltung am 23. August. Berichten zufolge hatte der KNPB im Zusammenhang mit dem Besuch des Präsidenten Proteste in Sorong geplant. Dabei sollte auch die Morgenstern-Flagge, ein verbotenes Symbol der Unabhängigkeitsbewegung, gehisst werden.

Die Unabhängigkeitsbewegung von West-Papua (ULMWP) wurde im Dezember 2014 gegründet und ist eine Dachorganisation von verschiedenen Gruppen, die sich für die Unabhängigkeit Papuas einsetzen. Die Melanesische Speerspitzengruppe (MSG) ist eine zwischenstaatliche Organisation, die 1983 bei einer politischen Zusammenkunft gegründet wurde, und besteht aus den Staaten Fidschi, Papua-Neuguinea, den Salomonen und Vanuatu sowie der Kanakischen sozialistischen Front der nationalen Befreiung (FLNKS) von Neukaledonien. Indonesien ist ein assoziiertes Mitglied, die ULMWP ist beobachtendes Mitglied.

Amnesty International nimmt zum politischen Status der Provinzen Indonesiens und zu Forderungen nach ihrer Unabhängigkeit keine Stellung. Das Recht auf freie Meinungsäußerung umfasst nach Auffassung der Organisation jedoch auch das Recht, mit friedlichen Mitteln für Volksabstimmungen, Unabhängigkeit oder andere politische Lösungen einzutreten.