Aus Klinik freigelassen

Diese Urgent Action ist beendet.

Ilmi Umerov und Akhtem Chiygoz sind frei: Die beiden Aktivisten und Krimtataren wurden am 25. Oktober in die Türkei ausgeflogen und dort freigelassen. Zuvor waren sie von einem De-facto-Gericht der von Russland besetzten Krim zu Haftstrafen verurteilt worden. Am 27. Oktober reisten sie in die ukrainische Hauptstadt Kiew, von wo sie auf die Krim zurückkehren wollen.

Am 7. September wurde Ilmi Umerov aus der psychiatrischen Klinik entlassen, in der er drei Wochen gegen seinen Willen festgehalten worden war. Wegen seines friedlichen Einsatzes gegen die Annexion der Krim durch Russland wird weiterhin strafrechtlich gegen Ilmi Umerov ermittelt. Bei einer Verurteilung droht ihm eine Gefängnisstrafe.

Appell an

GENERALSTAATSANWÄLTIN DER KRIM Nataliya Poklonskaya Simferopol, KRIM (Anrede: Dear Prosecutor / Sehr geehrte Generalstaatsanwältin) Fax: (00 7) 365 255 03 10

LEITER DES INLANDSGEHEIMDIENSTES FSB FÜR DIE KRIM Viktor Palagin Simferopol, KRIM (Anrede: Dear Lieutenant General / Sehr geehrter Generalleutnant) Fax: (00 7) 365 225 60 31 E-Mail: fsb@fsb.ru

Sende eine Kopie an

MENSCHENRECHTSBEAUFTRAGTE DER KRIM Lyudmila Lyubina
 Simferopol KRIM E-Mail: upchvrk@mail.ru

 

BOTSCHAFT DER UKRAINE S. E. Herrn Andrii Melnyk Albrechtstraße 26 10117 Berlin Fax: 030-2888 7163 E-Mail: emb_de@mfa.gov.ua

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Ukrainisch, Russisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Oktober 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, FAXE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie bitte alle Anklagen gegen Ilmi Umerov fallen, da er nur aufgrund der Ausübung seines Rechts auf Meinungsfreiheit strafrechtlich verfolgt wird.

  • Beenden Sie bitte die Verfolgung und Drangsalierung von Krimtatar_innen mit abweichenden Meinungen. Sorgen Sie bitte dafür, dass ihre Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit respektiert werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Stressing that Ilmi Umerov is being prosecuted for exercising his right to freedom of expression and insisting that all criminal charges against him must be dropped.

  • Calling for the persecution and harassment of dissenting voices from amongst members of the Crimean Tatar community to stop, and their rights to freedom of expression, association and peaceful assembly to be respected.

Sachlage

Der 59-jährige Aktivist Ilmi Umerov ist ein ethnischer Krimtatar und stellvertretender Leiter der Medschlis, eines von den Krimtatar_innen gewählten Vertretungsorgans. Die strafrechtliche Ermittlung gegen ihn sowie seine dreiwöchige Zwangsunterbringung in der Psychiatrie scheinen Vergeltungsmaßnahmen für seinen politischen Aktivismus zu sein. Er hat immer wieder öffentlich die Besetzung der Krim durch Russland im Jahr 2014 kritisiert. Der Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation (FSB) leitete am 12. Mai 2016 eine strafrechtliche Ermittlung gegen Ilmi Umerov nach Paragraf 280.1(2) des russischen Strafgesetzbuchs ("Aufforderung zur Verletzung der territorialen Integrität der Russischen Föderation durch Massenmedien und das Internet") ein. Am 11. August ordnete das Bezirksgericht von Kyivskyi in Simferopol jedoch eine psychiatrische Zwangsuntersuchung an. Das von seinem Rechtsbeistand eingelegte Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist noch immer nicht angehört worden. Am 18. August wurde Ilmi Umerov von Beamt_innen des Inlandsgeheimdienstes gegen seinen Willen in eine psychiatrische Klinik in Simferopol gebracht.

Nachdem Ilmi Umerov drei Wochen in der Psychiatrie verbracht hatte, wurde er am 7. September um kurz vor zehn Uhr freigelassen. Das Ergebnis der "psychiatrischen Untersuchung" war, dass er unter keinen mentalen Krankheiten leidet. Die Anklagen gegen Ilmi Umerov bestehen weiterhin. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft. Das Bezirksgericht von Kyivskyi hat noch kein Datum für die nächste Anhörung in seinem Fall festgesetzt. Während seiner Haft sprach sich Ilmi Umerov weiter gegen die russischen Behörden aus und kritisierte diese. Er ist entschlossen, seinen friedlichen Aktivismus weiterzuführen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Ilmi Umerov wurde in Usbekistan als Sohn krimtatarischer Eltern geboren, die von den Behörden der Sowjetunion 1944 von der Krim vertrieben worden waren. Nachdem die Krimtatar_innen ab Ende der 1980er auf die Halbinsel zurückkehrten, wurde Ilmi Umerov ein bekanntes Mitglied der kulturellen Bewegung der Krimtatar_innen und Lokalpolitiker. Nach der Besetzung und Annexion der Halbinsel durch Russland trat Ilmi Umerov aus Protest von seiner Stelle als Vorsitzender der lokalen Verwaltung des Bezirks Bachtschyssaraj zurück. Er blieb ein bekennender Kritiker der Annexion und setzte sich friedlich für die Zugehörigkeit der Krim zur Ukraine ein.

Unmittelbar nach seiner Freilassung am 7. September wohnte Ilmi Umerov eine Anhörung vor Gericht bei, um Akhtem Chiygoz, einen weiteren stellvertretenden Vorsitzenden der Medschlis, zu unterstützen. Dieser wurde von den russischen Behörden angeklagt, weil er am 26. Februar 2014 "Massenunruhen" organisiert haben soll. Er befindet sich seit Februar 2015 in Untersuchungshaft.

Hochrangige Mitglieder der Medschlis des Krimtartarischen Volkes sind im Zusammenhang mit ihrem offenen Widerstand gegen die Besetzung und Annexion der Krim Opfer von Vergeltungsmaßnahmen wie Drangsalierungen, Zwangsexil und Strafverfolgungen geworden. Am 26. April 2016 erklärte der Oberste Gerichtshof der Krim, dass die Medschlis nach russischem Recht eine "extremistische Organisation" sei und somit die Mitgliedschaft und jede weitere Aktivität im Namen der Organisation eine Straftat darstelle. Das Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist noch nicht angehört worden. Weitere Informationen hierzu finden Sie in einer englischsprachigen Presseerklärung unter: https://www.amnesty.org/en/press-releases/2016/04/ban-on-ethnic-crimean-tatar-assembly-aimed-at-snuffing-out-dissent/.

Seit der Annexion durch Russland im März 2014 hat Amnesty International einen alarmierenden Anstieg von Verstößen gegen die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit auf der Krim dokumentiert. Weitere Informationen finden Sie im englischsprachigen Bericht One year on: Violations of the rights to freedom of expression, assembly and association in Crimea unter: https://www.amnesty.org/en/documents/eur50/1129/2015/en/. Zudem sind mehrere Krimtatar_innen sowie weitere pro-ukrainische Aktivist_innen Opfer des Verschwindenlassens geworden. Am 24. Mai 2016 "verschwand" Ervin Ibragimov, ein Aktivist und Krimtatar, in der Nähe seines Hauses (siehe UA-130/2016, unter: http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-130-2016/verschwindenlassen-auf-der-krim). Filmaufnahmen einer Kamera zeigen, wie Ervin Ibragimov von einer Gruppe von Männern in einen Lieferwagen gezwungen und weggebracht wurde. Keiner dieser Fälle des Verschwindenlassens ist bisher wirksam untersucht worden.

Laut Völkerrecht und internationalen Standards ist ein Freiheitsentzug aus psychischen Gründen nur dann gerechtfertigt, wenn er unbedingt notwendig ist, um die Sicherheit der jeweiligen Person oder anderer zu schützen. Das UN-Übereinkommen über die Rechte von Personen mit Behinderungen untersagt den Freiheitsentzug aufgrund einer Behinderung, auch psychischer oder geistiger Natur. Darüber hinaus kann laut UN-Sonderberichterstatter über Folter eine medizinische Behandlung, die ohne freiwillige und informierte Zustimmung erfolgt, den Tatbestand von Folter oder anderweitiger Misshandlung erfüllen.