Todesurteile nach unfairen Verfahren

Kuwait City

Kuwait City

Das Strafgericht in Kuwait hat am 12. Januar sein Urteil gegen 26 Männer verkündet, die unter anderem wegen "Spionagetätigkeiten für den Iran und die Hisbollah" angeklagt waren. Ein kuwaitischer und ein iranischer Staatsbürger wurden zum Tode verurteilt. 19 Männer erhielten Haftstrafen zwischen 5 und 15 Jahren, ein Angeklagter eine lebenslange Gefängnisstrafe. Der Prozess entsprach nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren.

Appell an

EMIR VON KUWAIT
His Highness
Sheikh Sabah al-Ahmad al-Jaber Al Sabah
Al Diwan Al Amiri, P.O. Box 1, al-Safat 13001, KUWAIT
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 965) 224 305 59
E-Mail: amirsoffice@da.gov.kw

ERSTER STELLVERTRETENDER MINISTERPRÄSIDENT
His Excellency
Sheikh Mohammed Khaled Al-Hamad Al-Sabah
Ministry of the Interior
P.O. Box 12500, Shamiya 71655, KUWAIT
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 965) 224 965 70
E-Mail: info@moi.gov.kw

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER PARLAMENTARISCHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Parliamentary Human Rights Committee
National Assembly
P.O. Box 716, al-Safat 13008, KUWAIT
Fax: (00 965) 224 363 31
E-Mail: ipu-grp@kna.kw
(Betreff: FAO Chairperson of the Parliamentary Human Rights Committee)

BOTSCHAFT DES STAATES KUWAIT
S. E. Herrn Monther Bader Sulaiman Aleissa
Griegstraße 5-7, 14193 Berlin
Fax: 030-8973 0010
E-Mail: info@kuwait-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 25. Februar 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte wandeln Sie die Todesurteile gegen Hassan Abdulhadi Ali al-Hajiya und Abdulredha Haydar Dahqani unverzüglich um.

  • Es besorgt mich sehr, dass der Prozess gegen die 26 Männer möglicherweise nicht den internationalen Standards für faire Verfahren entsprach, und bitte Sie daher, den Männern ein faires Wiederaufnahmeverfahren zu gewähren, in dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.

  • Leiten Sie bitte eine unparteiische und unabhängige Untersuchung aller in diesem Fall erhobenen Foltervorwürfe ein und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

  • Ich erkenne die Verantwortung von Regierungen an, Tatverdächtige strafrechtlich zu verfolgen, möchte jedoch darauf hinweisen, dass Gerichtsverfahren den internationalen Standards für faire Verfahren entsprechen müssen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Kuwaiti authorities to commute the death sentences imposed on Hassan Abdulhadi Ali al-Hajiya and Abdulredha Haydar Dahqani immediately.

  • Expressing concern that the trial of the 26 men may have been unfair and calling for them to be retried in line with internationally recognized standards for fair trials, without recourse to the death penalty.

  • Calling on them to order an impartial and independent investigation into all the allegations of torture in this case and bring those responsible to justice.

  • Acknowledging that governments have a responsibility to bring to justice those suspected of criminal offences, but stressing that trials should be conducted in proceedings that meet international standards of fairness.

Sachlage

Der als Verfahren gegen die "Abdali-Zelle" bekannte Prozess gegen 26 Männer endete am 12. Januar mit einem Urteil des kuwaitischen Strafgerichts. Den Angeklagten wurden unter anderem "Spionagetätigkeiten für den Iran und die Hisbollah mit dem Ziel, Angriffe gegen den Staat Kuwait durchzuführen" vorgeworfen. Sie sollen Sprengstoff sowie Schusswaffen und Munition nach Kuwait geschmuggelt und dort zusammengebaut haben. Der kuwaitische Staatsbürger Hassan Abdulhadi Ali al-Hajiya wurde zum Tode verurteilt, ebenso wie der Iraner Abdulredha Haydar Dahqani, der in Abwesenheit verurteilt wurde. 19 Männer wurden zu Haftstrafen zwischen 5 und 15 Jahren verurteilt, ein weiterer erhielt eine lebenslange Gefängnisstrafe. Drei Angeklagte wurden freigesprochen, ein weiterer Mann wurde zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt. Die Angeklagten haben die Möglichkeit, Urteil und Strafmaß anzufechten.

Am 13. August 2015 beschlagnahmten die kuwaitischen Behörden auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Abdali nahe der Grenze zum Irak Schusswaffen, Munition und Sprengstoff. 23 Männer wurden in Verbindung mit dem Waffenfund festgenommen. Die Staatsanwaltschaft erhob am 1. September Anklage gegen insgesamt 26 Personen – drei Personen wurden in Abwesenheit angeklagt. Das Verfahren gegen die "Abdali-Zelle" wurde am 15. September eröffnet. Die anwesenden Angeklagten wiesen vor Gericht sämtliche Vorwürfe zurück und gaben an, unter Folter zu "Geständnissen" gezwungen worden zu sein. Das Gericht ordnete an, dass die Männer von einem unabhängigen medizinischen Ausschuss auf Spuren von Folterungen untersucht werden. Berichten zufolge wurden die Untersuchungen nicht gründlich genug und erst einige Zeit später durchgeführt, als die Folterspuren schon nicht mehr zu sehen waren. Als der gerichtsmedizinische Bericht in der zweiten Anhörung am 29. September vorgelegt wurde, hieß es darin, dass die Männer nicht gefoltert worden seien.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die medizinische Untersuchung der 23 Angeklagten wurde gegen Ende September 2015 vorgenommen. Berichten zufolge wurden den Männern die Augen verbunden und Handschellen angelegt und ihnen nicht mitgeteilt, wohin sie gebracht werden. Die Untersuchung wurde von einem einzigen Arzt in Anwesenheit eines Angehörigen der Sicherheitskräfte durchgeführt. In dem Raum gab es weder klinische noch medizinische Geräte. Die oberflächlich vorgenommenen Untersuchungen dauerten pro Person etwa fünf Minuten. Innerhalb von zwei Stunden waren alle Männer wieder zurück in ihren Zellen. Als der gerichtsmedizinische Bericht in der zweiten Anhörung am 29. September vorgelegt wurde, hieß es darin, dass die Männer nicht gefoltert worden seien.

Mohammad al-Hussaini ist Religionslehrer und Imam in der al-Hussain-Moschee. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Sein Bruder Abdullah, Vater von zwei Kindern, zog 2011 Jahren nach Jordanien, um dort Sport zu studieren mit dem Ziel, Sportlehrer zu werden. Nachdem er sich bei einem Unfall an der Hand verletzt hatte, musste er sein Studium abbrechen und kehrte nach Kuwait zurück.

Mohammad al-Hussaini gab gegenüber seiner Familie an, in Haft gefoltert worden zu sein. Zudem habe man seine Familie und Religion beleidigt und seinen schwarzen Turban (ein Zeichen dafür, dass er ein Nachkomme des Propheten ist) weggenommen und darauf uriniert. Danach wurde Mohammad al-Hussaini gezwungen, den Turban wieder aufzusetzen. Er erzählte Familienmitgliedern, dass sein Bruder Abdullah al-Hussaini während seines Verhörs vor seinen Augen gefoltert wurde. Dabei traten ihm Verhörbeamt_innen im Stehen und Liegen in den Rücken. Seitdem leidet Abdullah an starken Rücken- und Blasenbeschwerden. Der Zugang zum Gefängnisarzt wurde ihm jedoch verwehrt. Als Angehörige die Brüder besuchten, stellten sie fest, dass Abdullah al-Hussaini nicht aufstehen konnte.

Am 12. Januar 2016 wurde Mohammad al-Hussaini wegen "Beschaffung und Besitz von Sprengstoffen vor Erhalt einer Lizenz" und "Beschaffung und Besitz von drahtlosen Kommunikationsapparaten vor Erhalt einer Lizenz" zu fünf Jahren Haft verurteilt. Sein Bruder Abdullah al-Hussaini wurde zu einer Geldstrafe von 5.000 Kuwait-Dinar (etwa 15.000 Euro) verurteilt.

Der schiitische Imam Mohammad al-Hussaini wurde am 13. August 2015 bei einer Razzia von Angehörigen der Staatssicherheit im Haus seiner Familie in West-Mishref im Gouvernement Hawalli festgenommen. Sein Bruder Abdullah al-Hussaini wurde dort am 16. August festgenommen. Die Festnahmen der anderen Männer erfolgten unter ähnlichen Umständen. Die Sicherheitskräfte legten weder Haftbefehle vor noch begründeten sie die Festnahmen. Sie beschlagnahmten Computer, Handys und weitere elektronische Geräte. Während der Verhöre der Männer durften keine Rechtsbeistände anwesend sein. Erst nachdem die Staatsanwaltschaft den Fall am 1. September an ein Strafgericht verwiesen hatte, durften Angehörige und Rechtsbeistände die Männer im Gefängnis besuchen. Während dieser Besuche gaben die Männer an, gefoltert worden zu sein. Zu den Foltermethoden zählten laut Angaben der Inhaftierten unter anderem Schläge, das Aufhängen an einem oder beiden Armen oder Beinen sowie Elektroschocks. Viele von ihnen berichteten, die Verhörbeamt_innen hätten ihnen zudem damit gedroht, weibliche Familienangehörige ins Gefängnis zu bringen und diesen Schaden zuzufügen, sollten sie kein "Geständnis" ablegen. Manche erklärten auch, sie seien gezwungen worden, vorformulierte "Geständnisse" vor laufender Kamera vorzulesen.