15-Jähriger weiterhin in Haft

Ägypten - Streetart

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Das Verfahren gegen den 15-jährigen Aser Mohamed wurde auf den 16. November vertagt. Er ist wegen einer Reihe von Straftaten angeklagt, unter anderem wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in der verbotenen Muslimbruderschaft und wegen eines mutmaßlichen Anschlags auf ein Hotel. Die Anklagen basieren auf "Geständnissen", die laut Aser Mohamed während seiner 34-tägigen rechtswidrigen Haft unter Folter erzwungen wurden. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Gefängnis.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT
Nabil Sadek
Office of the Public Prosecutor
Madinat al-Rehab
New Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)

INNENMINISTER
Magdy Abdel Ghaffar
Ministry of Interior
Fifth Settlement
New Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2794 5529
E-Mail: center@moi.gov.eg oder
E.HumanRightsSector@moi.gov.eg
Twitter: @moiegy

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Laila Bahaa El Din
Deputy Assistant Minister of Foreign Affairs for Human Rights and NGO Affairs
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 971 3
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Dezember 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Aser Mohamed sofort frei, da seine Inhaftierung rechtswidrig ist.

  • Gewähren Sie Aser Mohamed bitte bis zu seiner Freilassung umfassenden Zugang zu seinem Rechtsbeistand, medizinischer Versorgung und seiner Familie.

  • Beenden Sie bitte jegliche Misshandlung von Aser Mohamed und leiten Sie eine unparteiische und wirksame Untersuchung seines Verschwindenlassens und der Folter- und Misshandlungsvorwürfe ein. Stellen Sie die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht.

Sachlage

Der damals 14-jährige Aser Mohamed wurde am 12. Januar 2016 von Angehörigen des ägyptischen Geheimdienstes festgenommen und war daraufhin 34 Tage lang "verschwunden". Seinen Angaben zufolge wurde er während dieser Zeit gefoltert, um Straftaten zu "gestehen", die er nicht begangen habe. Im August begann das Verfahren gegen Aser Mohamed. Der erste Gerichttermin fand am 6. August statt. Die Anhörung wurde jedoch zunächst auf den 15. August und dann auf den 8. Oktober verschoben. Bei der Anhörung vor dem Kairoer Berufungsgericht am 8. Oktober stellte die Verteidigung die Unparteilichkeit des Richters infrage und berief sich dabei auf Bemerkungen, in denen der Richter seinen Hass auf die Muslimbruderschaft ausgedrückt und die Gruppe als "terroristische Organisation" bezeichnet haben soll. Der Fall, in dem Aser Mohamed und 25 weitere Personen beschuldigt werden, am 7. Januar 2016 einen Anschlag auf ein Hotel in Gizeh verübt zu haben, ist vor Ort als "Three Pyramids"-Fall bekannt, nach dem Namen des Hotels.

Nachdem seine Familie Aser Mohamed in Haft besucht hatte, sagte sie am 27. September gegenüber Amnesty International, dass die fortdauernde Haft ihm psychisch schwer zu schaffen mache. Ihren Angaben zufolge sei er deprimiert, da er die Schule und seine Freunde vermisse. Seine Familie besucht ihn wöchentlich, allerdings jeweils nur für 10-15 Minuten. Seinen Angaben zufolge wurde er unter anderem mit Elektroschocks und durch langes Aufhängen an den Gliedmaßen gefoltert. Seine Familienangehörigen gaben an, dass Aser Mohamed bei ihrem ersten Besuch neun Tage nach Ende seines Verschwindenlassens mit weißen Punkten und Spuren von Elektroschocks übersät gewesen sei. Zudem seien seine Schultern ausgekugelt gewesen. Sein Rechtsbeistand hat einen Antrag auf eine gerichtsmedizinische Untersuchung gestellt, der jedoch bisher nicht gewährt wurde. Aser Mohamed wird derzeit in einem Lager der Zentralen Sicherheitskräfte namens "10,5 Kilo" festgehalten. Laut Angaben seiner Familie vom 4. Oktober wurden Ende September etwa 100 Häftlinge von dieser Hafteinrichtung in eine andere Haftanstalt verlegt. Es besteht daher Grund zu der Annahme, dass auch Aser Mohamed verlegt werden könnte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am frühen Morgen des 12. Januar durchsuchten Polizist_innen in Zivil und Beamt_innen des ägyptischen Geheimdiensts das Haus der Familie von Aser Mohamed und nahmen ihn fest. Sie zeigten weder einen Haft- noch einen Durchsuchungsbefehl. Die Beamt_innen weigerten sich, den Eltern von Aser Mohamed mitzuteilen, wohin er gebracht werde, sagten aber, sie würden ihn in ungefähr zwei Stunden zurückbringen.

Dies taten sie jedoch nicht und seine Familie wusste während der nächsten 34 Tage nicht, wo Aser Mohamed sich aufhielt. Sie hatte keinen Kontakt zu ihm. Aser Mohameds Familie versuchte verzweifelt, seinen Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Sie suchten in den Polizeiwachen von Bulaq al-Dakrour, Omraneya, Talbeya, Haram und Gizeh. In jeder Polizeiwache wurde abgestritten, dass Aser Mohamed sich dort in Gewahrsam befinde. Die Familie schickte Telegramme an die Staatsanwaltschaft, das Ministerium für Inneres und die Generalstaatsanwaltschaft. Sie erhielten jedoch keinerlei Antwort oder Informationen.

Aser Mohamed ist wegen einer Reihe von Straftaten angeklagt. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, der verbotenen Muslimbruderschaft anzugehören und einen Anschlag auf ein Hotel verübt zu haben. Die Anklagen basieren auf "Geständnissen", die laut Aser Mohamed während seiner 34-tägigen rechtswidrigen Haft unter Folter durch den Geheimdienst erzwungen wurden.

Aser Mohamed erschien am 15. Februar vor der Staatsanwaltschaft und der Geheimdienst legte einen offiziellen Ermittlungsbericht vor. In dem Bericht wurde angegeben, dass Aser Mohamed erst am 15. Februar festgenommen worden war. Der Bericht enthält keine Angaben zu den 34 Tagen, die Aser Mohamed zuvor ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft verbracht hatte. Die Staatsanwaltschaft klagte Aser Mohamed wegen Mitgliedschaft in der verbotenen Muslimbruderschaft und der Beteiligung an einem Anschlag auf ein Hotel am 7. Januar an. Aser Mohamed wies die Vorwürfe von sich und sagte der Staatsanwaltschaft, dass man ihn unter anderem Elektroschocks ausgesetzt und stundenlang an seinen Gliedmaßen aufgehängt habe, um ihn zu zwingen, die ihm vorgeworfenen Straftaten zu "gestehen". Dennoch leitete die Staatsanwaltschaft keine Untersuchung zu den Vorwürfen der Folter und des Verschwindenlassens ein. Aser Mohamed gibt an, dass der Staatsanwalt ihm stattdessen drohte, ihn zurück zum Geheimdienst zu schicken, wo er erneut gefoltert werden würde, sollte er seine "Geständnisse" zurückziehen. Anschließend erließ der Staatsanwalt eine Untersuchungshaftanordnung, was einen Verstoß gegen ägyptisches Recht darstellt, das Untersuchungshaft für Kinder unter 15 Jahren verbietet.

Aser Mohamed war zum Zeitpunkt seiner Festnahme erst 14 Jahre alt und hätte dementsprechend innerhalb von 24 Stunden nach seiner Festnahme der Staatsanwaltschaft übergeben werden sollen. Sein 15. Geburtstag war am 2. Februar 2016, als er bereits rechtswidrig und ohne Kontakt zur Außenwelt vom Geheimdienst festgehalten wurde.

Amnesty International hat zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen der Geheimdienst des Innenministeriums für das Verschwindenlassen von Personen verantwortlich war, um Andersdenkende abzuschrecken und friedlichen Dissens zu unterdrücken. Laut ägyptischen NGOs "verschwinden" in Ägypten jeden Tag mindestens drei oder vier Menschen. Die Zunahme der Fälle des Verschwindenlassens fällt mit der Ernennung des Innenministers Magdy Abdel-Ghaffar zusammen. Er war lange Angehöriger des Ermittlungsdiensts für Staatssicherheit, der Geheimpolizei unter Mubarak, die für Entführungen, Folter, Verschwindenlassen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich war. Weitere Informationen finden Sie in einem englischsprachigen Bericht von Amnesty International zu Ägypten, in dem auch Aser Mohameds Fall behandelt wird. Der Bericht wurde am 13. Juli unter dem Titel "Hundreds disappeared and tortured amid wave of brutal repression" veröffentlicht und ist verfügbar unter: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2016/07/egypt-hundreds-disappeared-and-tortured-amid-wave-of-brutal-repression/