Anklage aufrechterhalten

Die Anklage gegen den Journalisten Andrzej Poczobut wegen "Verleumdung des Staatspräsidenten" ist nicht fallengelassen worden. Ihm droht noch immer eine Freiheitsstrafe von mehr als sieben Jahren. Er ist nur deshalb zum Ziel der Behörden geworden, weil er sich journalistisch betätigt und sein Recht auf freie Meinungsäußerung in legitimer Weise wahrgenommen hat.

Appell an

STAATSPRÄSIDENT
Alyaksandr Lukashenka
Administratsia Prezidenta Respubliki Belarus
ul. Karla Marksa, 38
220016 Minsk
BELARUS
(Anrede: Dear President Lukashenka / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 375) 17 226 06 10 oder (00375) 17 222 38 72
E-Mail: contact@president.gov.by

GENERALSTAATSANWALT
Alyaksandr Koniuk
Internatsionalnaya str. 22
220050 Minsk
BELARUS
(Anrede: Dear General Prosecutor / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 375) 17 226 42 52
E-Mail: info@prokuratura.gov.by

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK BELARUS
S. E. Herrn Andrei Giro
Am Treptower Park 32
12435 Berlin
Fax: 030-5363 5923
E-Mail: germany@mfa.gov.by
berlin@belembassy.org
info@belarus-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Belarussisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Dezember 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.

Sachlage

Der Untersuchungsausschuss der Republik Belarus hat diese Woche entschieden, die Ermittlungen im Fall gegen Andrzej Poczobut bis zum 21. November fortzusetzen. Andrzej Poczobut ist Korrespondent der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza und ein bekannter Aktivist der polnischen Minderheit in Belarus. Er war am 21. Juni in seinem Apartment in Grodno im Westen von Belarus festgenommen worden. Am 30. Juni wurde er dann gegen Kaution und unter Auflagen freigelassen. Er darf Grodno, wo er mit seiner Familie lebt, nicht verlassen und muss sich Befragungen stellen, wenn dies von den Ermittlungsbehörden verlangt wird. Außerdem muss er sich dreimal im Monat bei der Polizei melden. Er ist seit seiner Freilassung nicht zu Befragungen geladen worden. Seine Auflagen bleiben bestehen.

Gegen ihn ist nach Paragraph 367 (2) des belarussischen Strafgesetzbuchs offiziell Anklage wegen "Verleumdung des Staatspräsidenten" erhoben worden. Die Anklage stützt sich auf zwölf von ihm geschriebene Artikel, die in den unabhängigen Medien von Belarus veröffentlicht worden waren. Er hat in diesen Artikeln über gewaltlose politische Gefangene in Belarus geschrieben und die Reaktion der Behörden auf eine Welle von "stillen Protesten", die von Juni bis August 2011 im Land stattfanden, kritisiert. Dabei versammelten sich Gruppen von Demonstrierenden ohne zu sprechen, um so ihren Widerstand gegen die Regierungspolitik zu zeigen. Er kritisierte zudem das Strafverfahren und das Urteil im Fall von Uladzislau Kavalyou und Dzmitry Kanavalau, die beide im März 2012 im Zusammenhang mit einer Serie von Bombenanschlägen hingerichtet worden waren. Andrzej Poczobut sieht in seiner Festnahme den Versuch, ihn einzuschüchtern und von seiner journalistischen Tätigkeit abzuhalten.

Am 5. Juli 2011 wurde Andrzej Poczobut im Zusammenhang mit Artikeln, die er für eine andere Zeitung verfasst hatte, ebenfalls wegen "Beleidigung des Staatspräsidenten" und "Verleumdung des Staatspräsidenten" zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Sollte man ihn in den neuen Anklagepunkten für schuldig befinden, müsste er beide Strafen nacheinander ableisten. Ihm könnten dann mehr als sieben Jahre Haft drohen.

[SCHREIBEN SIE BITTE ]

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie nachdrücklich, unverzüglich die strafrechtliche Verfolgung von Andrzej Poczobut zu beenden und die gegen ihn erhobenen Anklagen fallenzulassen.
  • Ich darf Sie an Ihre Verpflichtungen aus internationalen Menschenrechtsabkommen wie etwa Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte erinnern, in denen das Recht auf freie Meinungs-äußerung garantiert ist.

[APPELLE AN]

STAATSPRÄSIDENT
Alyaksandr Lukashenka
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220016 Minsk
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Fax: (00 375) 17 226 06 10 oder (00375) 17 222 38 72
E-Mail: contact@president.gov.by

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Internatsionalnaya str. 22
220050 Minsk
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Fax: (00 375) 17 226 42 52
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KOPIEN AN
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Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International geht davon aus, dass die Festnahme von Andrzej Poczobut Teil eines seit langem zu beobachtenden Musters staatlicher Repression gegenüber zivilgesellschaftlich engagierten BürgerInnen und JournalistInnen darstellt. Nach den Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2010 hat sich die Menschenrechtssituation im Land drastisch verschlechtert. Führende Oppositionelle wurden inhaftiert, misshandelt und in unfairen Gerichtsverfahren abgeurteilt. Bis heute sehen sich regierungskritische NGOs, zivilgesellschaftlich engagierte AktivistInnen und JournalistInnen anhaltenden Schikanen ausgesetzt.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in Artikel 33 der Verfassung von Belarus wie auch in internationalen Abkommen, die das Land ratifiziert hat, garantiert. Die Einhaltung dieses Rechts ist somit gesetzlich vorgeschrieben. Einschränkungen bei der legitimen Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäußerung unter Berufung auf das Strafgesetzbuch verstoßen nach Überzeugung von Amnesty International gegen die internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen von Belarus, insbesondere gegen Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Amnesty International ist es durchaus bewusst, dass nach Artikel 19 die Ausübung der verbrieften Rechte bestimmten Einschränkungen unterworfen werden kann, die für die Achtung der Rechte oder des Rufs anderer oder für den Schutz der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung erforderlich sind. Andererseits schützt der genannte Artikel auch das Recht auf harte Kritik an VertreterInnen der Regierung und anderer staatlicher Institutionen. Die Strafvorschriften eines Landes dürfen daher nicht herangezogen werden, um kritische Äußerungen über VertreterInnen der Staatsmacht, anderer staatlicher FunktionsträgerInnen oder über die von ihnen getroffenen Entscheidungen zu unterbinden. Ebenso wenig dürfen Strafgesetze zur Einschüchterung von Menschen missbraucht werden, die staatliches Handeln auf legitime Weise beanstanden.

Die Behörden in Belarus greifen aber zu eben diesem Zweck auf eine Reihe von innerstaatlichen Strafvorschriften zurück. Verleumdungsklagen können beispielsweise auf der Grundlage der Paragraphen 188 (Beleidigung), 189 (Beschimpfung), 367 (Verleumdung des Staatsoberhaupts), 368 (Beleidigung des Staatsoberhaupts) und 369 (Beleidigung eines Regierungsvertreters) erhoben werden. Verleumdung und Beleidigung in den Medien können auf Grundlage der Paragraphen 188 und 189 strafrechtlich verfolgt werden. Im Falle ihrer Verurteilung drohen den Angeklagten dann Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren. Bei der Verleumdung des Staatspräsidenten (Paragraph 367) sind sogar bis zu fünf Jahren Haft vorgesehen.