Jugendlicher zum Tode verurteilt

Für eine Welt ohne Todesstrafe

Für eine Welt ohne Todesstrafe

Ein Gericht in Saudi-Arabien hat einen schiitischen Aktivisten wegen Straftaten, die er im Alter von 17 Jahren begangen haben soll, zum Tode verurteilt. Laut eigenen Aussagen wurde er mit dem Ziel, ein "Geständnis" zu erlangen, gefoltert und anderweitig misshandelt. Seinen Foltervorwürfen ist jedoch nicht nachgegangen worden, und er hat keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand.

Appell an

KÖNIG UND PREMIERMINISTER
King Abdullah bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 11 403 3125 (über das Innenministerium)

INNENMINISTER
His Royal Highness Prince Mohammed bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior, P.O. Box 2933
Airport Road, Riyadh 11134
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 966) 11 403 3125

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER
His Excellency
Sheikh Mohammed bin Abdulkareem Al-Issa
Ministry of Justice
University Street, Riyadh 11137
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 11 401 1741 oder
(00 966) 11 402 0311

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S. E. Herrn
Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179 oder 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa oder saudi-embassy-berlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. Juli 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, den Schuldspruch und das Todesurteil gegen Ali Mohammed Baqir al-Nimr aufzuheben, da ernsthafte Zweifel an der Fairness seines Gerichtsverfahrens bestehen. Bitte stellen Sie sicher, dass er ein faires Gerichtsverfahren erhält, das dem Völkerrecht und internationalen Standards entspricht und die Todesstrafe ausschließt.

  • Ich möchte Sie bitten, eine unabhängige Untersuchung seiner Vorwürfe über Folter und anderweitige Misshandlungen einzuleiten.

  • Ich erinnere Sie hiermit an die Verpflichtungen Saudi-Arabiens als Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, das die Verhängung der Todesstrafe gegen Personen untersagt, die zum Tatzeitpunkt jünger sind als 18 Jahre.

  • Bitte verfügen Sie umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium, als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe in Saudi-Arabien.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities, given the serious concerns about the fairness of the trial of Ali Mohammed Baqir al-Nimr, to quash his conviction and death sentence and ensure that he receives a fair trial in line with international law and standards and without resort to the death penalty.

  • Calling on them to open an independent investigation into his allegation of torture and other ill-treatment.

  • Reminding them of Saudi Arabia’s obligations as a state party to the Convention on the Rights of the Child, which prohibits the use of the death penalty on anyone aged under 18 at the time of the crime.

  • Urging them to establish immediately an official moratorium on all executions with a view to abolishing the death penalty in Saudi Arabia.

Sachlage

Ali Mohammed Baqir al-Nimr ist am 27. Mai vom Sonderstrafgericht in Jeddah zum Tode verurteilt worden. Zu den ihm vorgeworfenen Straftaten zählen "Teilnahme an Demonstrationen gegen die Regierung", "Angriff auf die Sicherheitskräfte", "Besitz eines Maschinengewehrs" und "bewaffneter Raubüberfall". Das Urteil des Gerichts scheint sich auf schriftliche "Geständnisse" zu gründen, die laut Ali al-Nimr unter Folter und anderweitiger Misshandlung erlangt wurden. Das Gericht weigert sich jedoch, diese Vorwürfe zu untersuchen.

Ali al-Nimr wurde am 14. Februar 2012 im Alter von 17 Jahren festgenommen und in das Gefängnis des Allgemeinen Geheimdienstes in Dammam in der Ostprovinz Saudi-Arabiens gebracht. Der Zugang zu seinem Rechtsbeistand wurde ihm verweigert und er soll von Angehörigen des Geheimdienstes gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein, um ihn dazu zu zwingen, ein "Geständnis" zu unterzeichnen. Anschließend wurde er in ein Rehabilitationszentrum für Jugendliche, Dar al-Mulahaza, gebracht. Als er 18 Jahre alt wurde, verlegte man ihn zurück in das Gefängnis des Allgemeinen Geheimdienstes in Dammam.

Ali al-Nimr ist der Neffe von Scheich Nimr Baqir al-Nimr, einem schiitischen Geistlichen aus Qatif, der sich seit Juli 2012 in Haft befindet und gegen den derzeit unter anderem wegen Haraba (Banditentum) vor dem Sonderstrafgericht verhandelt wird. Auf Haraba steht in Saudi-Arabien die Todesstrafe.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Saudi-Arabien hat eine der höchsten Hinrichtungsraten weltweit: über 2000 Menschen wurden zwischen 1985 und 2013 exekutiert. Im Jahr 2013 wurden in Saudi-Arabien mindestens 79 Personen hingerichtet. Drei von ihnen waren zur Zeit der Begehung der Straftaten, wegen der sie hingerichtet wurden, minderjährig.

Gerichtsverfahren in Saudi-Arabien entsprechen bei Weitem nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren. Den Angeklagten wird nur selten eine rechtliche Vertretung zugestanden, und sie werden häufig nicht über den Stand des Verfahrens informiert. Verurteilungen auf der Basis von durch Zwang oder Täuschung erzielten "Geständnissen" werden zugelassen. Ausländischen Staatsangehörigen ohne Arabischkenntnisse – die Sprache der Untersuchungsverfahren und gerichtlichen Anhörungen – wird oft eine angemessene Verdolmetschung verweigert.

Die Spannungen zwischen saudischen Schiit_innen und den Behörden haben seit 2011 zugenommen, denn seit diesem Zeitpunkt fordern Schiit_innen in der von ihnen dominierten Ostprovinz des Königreichs Saudi-Arabien Reformen. Die Protestbewegungen im Nahen Osten und Nordafrika haben sie zum Teil dazu ermuntert. Seither werden Demonstrationen organisiert, um gegen die Festnahme, Inhaftierung und Schikanierung von Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft zu protestieren. Gebetstreffen, das Feiern schiitischer Feste und Verstöße gegen die Einschränkungen beim Bau schiitischer Moscheen und religiöser Schulen nehmen die Behörden zum Anlass für diese Repressalien.

Die saudischen Behörden reagieren ebenfalls mit repressiven Maßnahmen gegen diejenigen, die im Verdacht stehen, an den Protesten teilzunehmen, sie zu unterstützen oder sich kritisch gegenüber dem Staat zu äußern. Protestierende werden ohne Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt tage- oder wochenlang in Haft gehalten und manche werden Berichten zufolge gefoltert oder in anderer Weise misshandelt. Seit 2011 sind beinah 20 Menschen in Verbindung mit den Protesten in der Ostprovinz getötet und Hunderte inhaftiert worden. Wenn Fälle an die Gerichte übergeben werden, legt man den Beschuldigten vielfach lediglich die Teilnahme an Demonstrationen zur Last.

Unter den von den saudischen Behörden Inhaftierten befinden sich zwei schiitische Geistliche, Scheich Tawfiq Jaber Ibrahim al-'Amr und Scheich Nimr Baqir al-Nimr, die im August 2011 bzw. Juli 2012 festgenommen wurden. Gegen beide Männer wird aufgrund ähnlicher Anklagen verhandelt. Weitere Informationen zu Scheich Nimr Baqir al-Nimr finden Sie in dem englischsprachigen Artikel "Saudi Arabia must charge or release detained dissident cleric" unter http://www.amnesty.org/en/news/saudi-arabia-must-charge-or-release-detained-dissident-cleric-2012-08-09. Weitere Informationen zu Scheich Tawfiq Jaber Ibrahim al-'Amr finden Sie in der UA-058/2011 sowie in der UA-242/2011.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.