Bloggerin zu Haftstrafe verurteilt

Die malaysische Bloggerin Vivian Lee May Ling ist wegen "Aufwiegelung" zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Grundlage ist ein Facebook-Beitrag, den sie im Juli 2013 gepostet hatte. Sollte ihr Rechtsmittel abgewiesen werden, muss sie ihre Haftstrafe antreten.

Appell an

MINISTERPRÄSIDENT
Datuk Seri Najib Tun Razak
Prime Minister's Office of Malaysia, Main Block, Perdana Putra Building, Federal Government Administrative Centre
62502, Putrajaya, MALAYSIA
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 60) 3 8888 3444
E-Mail: ppm@pmo.gov.my

GENERALSTAATSANWALT
Tan Sri Mohamed Apandi Ali
Attorney General's Office, No. 45, Persisaran Perdana, Precint 4, 62100 Putrajaya, W.P Putrajaya, MALAYSIA
(Anrede: Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 60) 3 8891 5670
E-Mail: pro@agc.gov.my

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Tan Sri Hasmy Agam
11th Floor, Menara TH Perdana
Jalan Sultan Ismail, 50250
Kuala Lumpur
MALAYSIA
Fax: (00 60) 3 2612 5260
E-Mail: humanrights@suhakam.org.my

BOTSCHAFT VON MALAYSIA
S. E. Herrn Zulkifli Bin Adnan
Klingelhöferstr. 6
10785 Berlin
Fax: 030-88 57 49 50 oder
030-88 57 49 55
E-Mail: mwberlin@malemb.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. Juli 2016 keine Appelle mehr zu verschicken. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Heben Sie das Urteil gegen Vivian Lee May Ling umgehend auf, da sie lediglich deshalb verurteilt wurde, weil sie im Internet friedlich ihre Ansichten geäußert hat.

  • Ich fordere Sie höflich auf, dringend das scharfe Vorgehen gegen die Nutzer sozialer Medien einzustellen, selbst wenn diese Ansichten äußern, die von manchen als beleidigend angesehen werden könnten.

  • Bitte heben Sie das Gesetz gegen staatsgefährdende Aktivitäten (Sedition Act) sofort auf und prüfen bzw. ändern Sie alle Gesetze, die das Recht auf Meinungsfreiheit einschränken, um sie an internationale Menschenrechtsnormen und -standards anzupassen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Malaysian authorities to quash the conviction of Vivian Lee, as she has been convicted solely for peacefully expressing her views online.

  • Calling on the Malaysian authorities to end the crackdown on social media users for their peaceful expression of their views even if some might find them offensive.

  • Urging the Malaysian government to immediately repeal the Sedition Act and review and amend all other laws which restrict the right to freedom of expression to ensure that they comply with international human rights law and standa

Sachlage

Am 27. Mai wurde Vivian Lee May Ling der Aufwiegelung für schuldig befunden und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Grundlage ist ein Beitrag, den sie 2013 im Fastenmonat Ramadan in den sozialen Medien gepostet hatte und der Muslime scherzhaft dazu aufforderte, ihr Fasten mit einem Schweinefleischgericht zu brechen.

Das Gericht gewährte ihr eine Freilassung gegen Kaution, solange ihr Rechtsmittel vor dem Hohen Gericht von Kuala Lumpur noch anhängig ist. Sie befindet sich derzeit nach einer Zahlung von 20.000 Malaysischen Ringgit (gut 4.000 Euro) auf freiem Fuß. Vivian Lee May Ling plädierte auf nicht schuldig bezüglich aller Anklagen, die mit dem Facebook-Beitrag zusammenhängen, welchen sie im Juli 2013 gemeinsam mit Alvin Tan auf Facebook eingestellt hatte. Alvin Tan ist ein Blogger, der derzeit in den USA um Asyl nachsucht. Vivian Lee May Ling wurde unter Paragraf 4(1)(c) des Gesetzes gegen staatsgefährdende Aktivitäten von 1948 (Sedition Act) angeklagt. Darüber hinaus wurde ihr vorgeworfen, "Feindschaft zwischen verschiedenen religiösen oder ethnischen Gruppen" geschürt und damit gegen Paragraf 298A(1)(a) des Strafgesetzbuchs verstoßen zu haben. Im April 2016 wurde sie in letzterem Anklagepunkt freigesprochen, da das Gericht entschied, die Bestimmung gelte nur für Muslime. Sie wurde jedoch am 27. Mai der Aufwiegelung für schuldig befunden.

Amnesty International betrachtet diesen Fall mit großer Sorge, da möglicherweise ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen wird, nach dem Nutzer_innen von sozialen Medien wegen Facebook-Beiträgen inhaftiert werden können, weil diese Postings von bestimmten Gruppen als "beleidigend" angesehen werden könnten. Das Gesetz gegen staatsgefährdende Aktivitäten ist sehr weit gefasst und damit willkürlich auslegbar. Die malaysische Regierung nutzt das Gesetz regelmäßig dazu, um Kritiker_innen zu schikanieren, festzunehmen, anzuklagen, zu inhaftieren und letztlich mundtot zu machen.

Auch werden im Namen dieses Gesetzes zahlreiche Handlungen, Äußerungen und Veröffentlichungen kriminalisiert. Gemäß dem Völkerrecht und internationalen Standards darf das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht nur auf Ansichten beschränkt werden, die weithin als akzeptabel und vertretbar eingestuft werden. Vielmehr müssen Staaten auch das Recht auf Äußerung von Minderheitenmeinungen bzw. Ansichten, die möglicherweise als beleidigend angesehen werden, respektieren und schützen. Amnesty International ist der Ansicht, dass Vivian Lee May Ling lediglich wegen der rechtmäßigen Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung angeklagt und verurteilt wurde, weshalb das Urteil gegen sie umgehend und bedingungslos aufgehoben werden sollte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 11. Juli 2015 wurde ein Bild von Vivian Lee May Ling und Alvin Tan auf Facebook hochgeladen, das mit der Bildunterschrift "Frohes Fastenbrechen" und "mit BakKutTeh [einem Schweinefleischgericht]" versehen war. Das Gericht war zudem mit einem Logo versehen, das es als "halal" (nach islamischem Recht zulässig) auswies. Beide wurden am 18. Juli 2015 angeklagt, doch Alvin Tan floh ins Ausland und sucht derzeit in den USA um Asyl nach. Auf Grundlage des Gesetzes gegen staatsgefährdende Aktivitäten und des Strafgesetzbuchs hätten Vivian Lee May Ling drei Jahre Gefängnis und/oder eine Geldstrafe von bis zu 5.000 Malaysischen Ringgit (etwa 1.000 Euro) drohen können.

Seit den Wahlen im Jahr 2013 gehen die malaysischen Behörden scharf gegen die freie Meinungsäußerung vor. Das 1948 eingeführte Gesetz gegen staatsgefährdende Aktivitäten (Sedition Act) wird von den malaysischen Behörden angewandt, um friedliche Menschenrechtsverteidiger_innen, Oppositionspolitiker_innen, Journalist_innen, Akademiker_innen und Blogger_innen zu schikanieren, anzuklagen und zu inhaftieren. In den vergangenen Jahren haben die Behörden den Gesetzeskatalog, auf den sie zu diesem Zweck zurückgreifen, noch um das Versammlungsgesetz von 2012, das Kommunikations- und Multimedia-Gesetz von 1998 sowie einige strafgesetzliche Bestimmungen erweitert.

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung sind sowohl in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte als auch in der malaysischen Verfassung verankert. Darunter fallen unter anderem folgende Rechte: das Recht jeder Person, friedlich ihre Ansichten zu bestimmten Themen zu äußern, das Recht auf Ideenaustausch, das Recht auf friedlichen Protest sowie das Recht, Informationen und Gedankengut ohne Furcht vor Repressalien zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Amnesty International appelliert an die malaysischen Behörden, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um repressive Gesetze aufzuheben bzw. abzuändern, um sie an internationale Menschenrechtsnormen und -standards anzupassen. Hierzu zählen z. B. das Gesetz gegen staatsgefährdende Aktivitäten von 1948, das Versammlungsgesetz von 2012 sowie das Kommunikations- und Multimedia-Gesetz von 1998.